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Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten

Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten

Titel: Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheila Jeffries
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paar gute Sitzplätze aus, die ich schnell erreichen konnte, sollte das einmal nötig sein. Dann übte ich eine anstrengende halbe Stunde lang, wie ich am schnellsten einen Baum hinauf- und wieder hinunterkommen konnte. Meine fliegenden Pfoten raschelten dabei im Platanenlaub wie verrückt.
    Da hörte ich etwas, spürte etwas, roch etwas. Aus sicherer Höhe beobachtete ich schwarz-weiße Kreaturen, die aus den Löchern krochen. Sie hatten ein spitzes Gesicht mit einem weißen Streifen, der im Mondlicht leuchtete. Sie verhielten sich sehr ruhig, schnupperten herum, hatten kluge schwarze Äuglein und einen wolligen Pelz. Dachse!
    Vorsichtig schlich ich mich von meinem Baum herunter. Ich wollte gern einem der Dachse begegnen und wissen, wie es in diesen großen Löchern aussah und ob eine Katze wie ich dort willkommen wäre, wenn sie einen Zufluchtsort brauchte.
    Zuerst benahmen sich die Dachse hochnäsig und aggressiv. Ich musste häufig auf Bäume flüchten, um ihnen zu entkommen. Wochenlang hing ich bei ihnen herum, schnurrte oder gab vor zu schlafen, bis ich mit einer Begrüßung durch den ältesten und weisesten Dachs gewürdigt wurde. In die Löcher durfte ich allerdings nicht.
    Doch eines Nachts führte mich der alte Dachs an der Steinmauer entlang zu einem Loch, das sie gegraben und verlassen hatten. Das perfekte Versteck! Mit Moos und trockenem Gras ausgepolstert, nach Süden ausgerichtet und groß genug für zwei Katzen zum Schlafen. In dieser Winternacht war ich sehr froh, dass ich endlich ein Versteck gefunden hatte.
    Doch als ich durch das Platanenwäldchen nach Hause lief, hörte ich schon von Weitem vertraute Klänge aus unserem Wohnwagen. Gebrüll und Geschrei.

6
    Besuch beim Tierarzt
    Die Wohnwagentür flog auf, und Jessica wurde hinausgeworfen. Ellen brüllte Joe an.
    »Tu Jessica nichts. Wenn du sie anrührst, dann …«
    »Was dann? Was?«
    Joe verdunkelte den Türrahmen wie eine dicke schwarze Gewitterwolke; die Autoschlüssel klapperten in seiner Hand.
    Jessica war mit einem Hähnchenschlegel im Maul in der Hecke verschwunden. Er hatte ihr einen Teller mit Erbsen und Kartoffeln hinterhergeschleudert, die jetzt ins Gras hüpften. Ich mochte Bratkartoffeln und merkte mir, wo sie hinkullerten. Doch zunächst blieb ich auf meinem sicheren Ast sitzen.
    Nachdem Joes Auto mit quietschenden Reifen den Stellplatz verlassen hatte, kam ich herunter. Ich lauschte und hörte Jessica, die sich über ihr gestohlenes Abendessen hermachte. Im Wohnwagen bemühte sich Ellen, John zu beruhigen. Teller klapperten.
    Ich machte mir wirklich Sorgen. Auf der einen Seite wollte ich hineingehen, für Heilsterne sorgen und schnurren. Auf der anderen Seite konnte ich es im Wohnwagen immer weniger aushalten. Er war so vollgestopft und stinkig, Johns Spielsachen lagen überall herum, und mein sonniges Fensterbrett wurde zum Wäschetrocknen benutzt, sodass für mich kein Platz mehr war.
    Es war schon fast dunkel, und der Himmel war von einem fahlgelben Schein überzogen. Ein Sturm zog auf. Ich hatte keine Lust, diesen in dem klapprigen Wohnwagen abzuwarten.
    Mein schlechtes Gewissen bedrückte mich. Es war meine Aufgabe, mich um Ellen zu kümmern – und das tat ich nicht. Nichts war mehr, wie es einmal gewesen war. Nichts war mehr einfach oder lustig wie in unserem wunderbaren alten Zuhause. Ich wollte furchtbar gern dorthin zurückkehren und betrachtete oft sehnsüchtig die Straße, die sich in der Ferne durch die Hügel wand. Die Straße, die nach Hause führte. Doch jedes Mal, wenn ich das machte, bedeutete mir mein Engel, dass mein Platz hier sei.
    Er erschien in einem Sternenschauer, als ich es mir gerade auf einem breiten moosigen Ast bequem gemacht hatte.
    »Warte, Salomon«, sagte er. »Geh noch nicht in den Wohnwagen.« Also blieb ich geduldig auf dem Baum sitzen und hörte, wie die ersten Windböen durch die trockenen Blätter stoben. Die Stimme meines Engels konnte ich gut verstehen, sie erklang wie Glockengeläut in meinem Kopf. Doch scharf sehen konnte ich ihn nicht. Er schien sich in einem leuchtenden Nebel zu verbergen. Meist spürte ich zuerst, wie seine Strahlkraft mein Fell zauste, bevor seine Stimme meinen Geist durchdrang. Das war aber auch ziemlich nötig, denn mein Verstand war getrübt durch mein Heimweh und meine Befürchtungen. Sogar ein bisschen Wut war dabei. Doch mein Engel fegte diese mit seinem Besen aus Sternenstaub einfach hinweg. Hinterher ging es mir besser.
    Im Dämmerlicht ging jemand in

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