Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten
wie sie mir Komplimente machte.
»Dieser Kater Salomon, der ist was ganz Besonderes«, sagte Pam. Sie streichelte mich, während ich fraß. »Er ist die schönste und liebste Mieze, die mir je untergekommen ist. Er kümmert sich um dich, Ellen. Du musst ihn unbedingt behalten! Den hat dir der Himmel geschickt.«
Danach fühlte ich mich so gut, dass ich mit Ellen und John im Wohnwagen blieb. Joe tauchte an diesem Abend nicht wieder auf, und so hatten wir trotz des Sturms eine friedliche Nacht. Jessica schlüpfte durch das Loch in der Tür, und wir rollten uns beide auf dem bernsteingoldenen Samtkissen zusammen.
Irgendwie retteten wir uns durch den Winter. Joe kam und ging, rastete aus und entschuldigte sich. Danach benahm er sich ein paar Tage anständig. Aber dieser Zustand war nie von Dauer.
Als der Sommer kam, wurde das Leben einfacher. John wuchs schnell und rannte mit den anderen Kindern über den Campingplatz. Ellen hängte die Wäsche draußen in der Sonne auf. Sogar ein paar Töpfe mit Blumen gab es.
Joe blieb vormittags immer im Bett liegen, während Ellen putzte und John bei Laune hielt. Jessica und ich amüsierten uns damit, uns gegenseitig die Bäume hoch und runter zu jagen. Jessica ging auch gern zu Nicks Haus, um Paisley zu ärgern, indem sie sich oben auf den Torpfosten setzte. Der arme Hund bibberte und bebte, und sobald Jessica in seinen Garten sprang, verschwand er jaulend im Haus.
Ich zeigte Jessica alle meine Verstecke, auch die Dachshöhle. Wir schliefen spaßeshalber ein paarmal darin. Zu Karenzas Katzen wollte sie mich allerdings nie begleiten, also ging ich allein und verbrachte ein bisschen Zeit mit ihnen. Ich pflegte auch meine Freundschaft zu den Dachsen. Das war Teil meines Plans, ein dichtes Netz aus Freunden zu haben, die mir in Notzeiten vielleicht helfen konnten.
Eines Tages hatte ich nach einer wilden Jagd mit Jessica durch das Wäldchen einen Stachel in der Pfote. Ich leckte daran herum, aber er kam nicht heraus. Ein paar Tage später eiterte die Stelle. Meine Pfote schwoll an und tat furchtbar weh. Mir ging es schlecht, und so kroch ich in den Schatten unter dem Wohnwagen. Fressen oder Spielen interessierte mich nicht mehr.
Ellen nahm mich immer wieder hoch und hielt meine Pfote in eine Schüssel mit heißem, salzigem Wasser. Das tat gut, aber bald war ich so krank, dass ich noch weiter unter den Wohnwagen kroch und zitterte.
»Wir müssen mit dir zum Tierarzt, Salomon.« Ellen kroch auf dem Bauch unter den Wohnwagen, um mich herauszuholen. Ich lag ganz schlaff in ihren Armen.
»Hol mir den Katzenkäfig, Joe«, sagte sie. »Ich bringe Salomon sofort hin. Er ist sehr krank.«
»Aber wir können uns die Gebühren nicht leisten, Ellen.«
»Das ist mir egal. Ich bringe ihn dahin.«
»Und wer wird das bezahlen?«
Ellen antwortete nicht. Sie setzte mich ab und zerrte den Katzenkäfig unter der Sitzbank hervor. Sofort begann Joe, mit ihr zu streiten. Ich lag einfach da und hatte Kopfschmerzen.
»Ich lasse Salomon nicht einfach sterben, nur weil du ein selbstsüchtiger Egoist bist«, sagte Ellen ärgerlich. »Was ist bloß mir dir los, Joe?«
Sie setzte mich in den Käfig. Ich fühlte mich so schlecht, dass es mir ziemlich egal war, ob ich die ganze Aktion überleben würde. Sterben fühlte sich für mich okay an. Dann konnte ich zurück in die unsichtbare Welt, in das wunderschöne Tal mit den Graskissen. Es war ganz einfach. Aber dann würde Ellen allein mit ihren Problemen zurückbleiben, und ich hätte meine Arbeit nicht erledigt. Also lag ich da und versuchte, am Leben zu bleiben – trotz meiner heißen und schmerzenden Pfote.
Ellen kämpfte um die Autoschlüssel, die Joe ihr aus der Hand nehmen wollte. John klammerte sich an Ellen.
»Nimm mich bitte mit, Mami. Ich will nicht bei Papi bleiben.« Er fing an zu schreien. »Mami, bitte!«
»Halt’s Maul!« Joe schubste John, sodass er rückwärts aus dem Wohnwagen fiel.
John stand langsam wieder auf, rieb sich den Ellbogen und heulte.
»Tut mir leid, Sohnemann. Ich wollte nicht, dass du hinfällst.«
Auf einmal war Joe wieder ganz ruhig und sein Kopf rot vor Scham. Aber die Wut lauerte noch im Hintergrund.
Ich beobachtete alles aus halb geschlossenen Augen, fühlte mich kraftlos und krank. Als ich das Maul öffnete, kam ein lautes Miauen heraus, das eher wie ein Schrei klang. Obwohl er verletzt war, kam der kleine John zu mir und drückte sein Gesicht gegen das Gitter des Katzenkäfigs.
»Armer Salomon«, heulte
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