Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten
nahm ein gerahmtes Bild von John mit mir auf dem Arm von der Wand und warf es ebenfalls in die Tasche.
Als ich hörte, wie der Reißverschluss zugezogen wurde und der Motor des Autos ansprang, wurde mir mulmig. Ich rannte zu den Stufen am Eingang. Als das Auto anfuhr, warf mir Ellen einen letzten Blick zu.
Jessica kroch unter der Sitzbank hervor. Wir saßen beide auf dem Fensterbrett und beobachteten Pam, die den Wohnwagen sauber machte. Sie arbeitete energisch, stopfte Joes Bierdosen in einen Plastiksack, stapelte die Automagazine ordentlich, wusch das Geschirr ab und legte Kleidungsstücke zusammen. Dabei murmelte, grummelte und redete sie ununterbrochen.
»So ein fauler Kerl, dieser Joe. Er verdient so eine nette Frau wie Ellen und zwei schöne Katzen wie euch gar nicht. Ihr beiden müsst euch jetzt gut benehmen, hört ihr?« Pam drehte sich um und drohte uns mit dem Finger. »Ihr müsst still sein und ihm aus dem Weg gehen. Ich kann John mit zu mir nehmen, aber nicht euch beide – wegen dem Hund. Hast du das verstanden, Jessica?«
Jessicas gelbe Augen blitzen Pam an, als ob sie ein Geheimnis miteinander teilen würden.
»Und zerreiß bloß nicht seine geheiligten Autozeitschriften.« Pam deutete wieder mit dem Finger auf Jessica, die die Aufmerksamkeit genoss. »Und bring keine Mäuse mit herein. Das hasst er. Seid schön brav. Ich werde ein Auge auf euch haben, bis Ellen zurückkommt, das arme Ding. Sie ist im Krankenhaus, das ist so ähnlich wie beim Tierarzt. Keine spaßige Angelegenheit, aber sie werden ihr helfen, bis es ihr besser geht. Ihr werdet schon sehen.«
Pam klang zuversichtlich. Darüber war ich sehr froh. Sie kam mir wie eine Art irdischer Engel vor. Als sie wegging, um John abzuholen, legten Jessica und ich uns zu einem ausgiebigen Schläfchen in die Nachmittagssonne, die uns durch das Fenster auf den Pelz schien.
Bei Einbruch der Dunkelheit setzte ich mich auf die Stufen vor der Tür und wartete auf Ellens Rückkehr. Paisley trottete ganz allein an der Hecke entlang. Er blieb stehen, sah mich an und hob eine Pfote. Ich rührte mich nicht. Ich wusste, dass Jessica sofort aus dem Wohnwagen schießen würde, aufgeplustert wie ein Stachelschwein, wenn Paisley näher kam. Ich traute es mir immer noch nicht zu, es allein mit ihm aufzunehmen.
Ich hörte, wie die Dachse aus ihren Löchern kamen, und das Gekrächze der Elstern, die ihre Schlafplätze aufsuchten. Bei jedem Auto, das den Weg herunterkam, schreckte ich auf. Und endlich hörte ich den vertrauten Klang von Joes Klapperkiste und das Quietschen der Reifen, als er bremste und auf den Stellplatz fuhr. Paisleys Augen funkelten rot im Scheinwerferlicht.
»Papi, Papi!« John kam angerannt. »Ich habe bei Pam Abendessen bekommen. Und sie hat mir Kuchen für Mami mitgegeben.«
Er rannte mit dem Kuchen in der Hand zum Autofenster. Es war ein hübsches Fruchtteilchen mit einer Kirsche obendrauf.
Aber der Beifahrersitz war leer.
Keine Ellen.
Joe stemmte sich aus dem Auto und schloss ab. Er kniete sich hin und sprach mit John.
»Mami ist sehr krank«, sagte er. »Sie muss ganz lange im Krankenhaus bleiben.«
John starrte ihn an, sein Gesicht verzog sich. Dann zerquetschte er das Kuchenstück, das er in der Hand hielt, schleuderte es unter den Wohnwagen und rannte in die Dunkelheit.
»Komm sofort hierher«, brüllte Joe, doch John ignorierte ihn.
Ich hatte verstanden, was Joe über Ellen gesagt hatte, und war total schockiert. Wie sollten wir denn ohne Ellen überleben? Wie konnte ich ihre Katze bleiben, wenn sie nicht da war? Ich beschloss, mich auf die Suche nach ihr zu machen.
Jessica schlüpfte unter den Wohnwagen und schnappte sich den Kuchen. Sie zog sich damit rückwärts ins Dunkel zurück und knurrte. Dann begann sie, aus dem raschelnden Papier zu fressen.
»Diebisches Katzenvieh.« Joe trampelte in den Wohnwagen. Ich hörte, wie er den Kühlschrank öffnete und sich eine Bierdose herausnahm.
Ich rannte los, um John zu suchen. Genauso wie ich hatte auch er Rückzugsplätze, wo er sich verstecken konnte, wenn es notwendig war. Ich kannte die meisten davon.
Schließlich fand ich ihn auf einem Stapel Holzpaletten auf der Rückseite von Nicks Grundstück. Zu meiner Überraschung lehnte sich Paisley an John Beine und hatte sein großes Kinn auf dessen Knie gelegt. Er war sehr liebevoll und reichte John seine große Pranke. John sprach mit ihm.
Das veränderte mein Verhältnis zu Hunden. Offensichtlich hatte sich John mit Paisley
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