Salomon – Ein Engel auf Samtpfoten
hierbleiben, Salomon. Versprich mir das.«
Ich starrte sie an. Sie begann zu weinen und setzte mich ins Gras. Entschlossen zog sie die zwei Taschen unter dem Wohnwagen hervor und lud sie ins Auto.
»Wo willst du denn hin?« Joe stand im Türrahmen.
Ellen richtete sich auf und sah ihn an.
»Ich verlasse dich, Joe«, sagte sie fest. »Ich nehme John mit. Und ich werde nicht zurückkommen. Niemals!«
Der Motor lief, sie sprang ins Auto und fuhr davon.
Joe brüllte und wütete. Er rannte hinter dem Auto her und bewarf es mit Bierdosen. Ich flüchtete unter die Hecke und sah schreckerfüllt, wie er in den Wohnwagen zurückstampfte und fluchte. Es krachte ganz fürchterlich, als er mit Sachen herumwarf, das Geschirr zerschlug und an die Türen trat. Der ganze Wohnwagen bebte. Ich spürte, dass ich dort drinnen nicht mehr leben konnte – nie mehr.
Ellen war fort, und sie hatte mich hier zurückgelassen.
Ich war verzweifelt.
Jessica saß immer noch unter dem Wohnwagen und spielte mit dem verhängnisvollen Sandwich.
9
Allein und verlassen
Zum ersten Mal in meinem Leben als Heilerkatze war ich wirklich zornig. Ich hatte mein Bestes getan und war trotzdem verlassen worden. Ich war treu und freundlich gewesen. Als Kätzchen war ich losgezogen, um Ellen zu suchen. Tapfer hatte ich sie im Krankenhaus besucht. Und was war passiert? Sie hatte mich verlassen.
Ich war total aufgewühlt, konnte aber nicht herumsitzen und weinen, wie Menschen das tun. Es war einfacher, wütend zu sein.
Mein Engel versuchte, sich einzumischen.
»Es wird noch schlimmer kommen«, sagte er. »Du musst versuchen, am Leben zu bleiben, und auf Ellen warten.«
Aber ich wollte nichts davon wissen. Ärgerlich mit dem Schwanz schlagend, wandte ich dem leuchtenden Engel den Rücken zu und ging auf die Suche nach Jessica. Die würde mir schon beibringen, ein zorniger Kater zu sein und in der Wildnis zu überleben.
Wir saßen die ganze Nacht auf einem moosigen Ast und beobachteten den Wohnwagen. Joe tobte und wütete stundenlang. Dauernd flog die Tür auf, und er warf Dinge nach draußen. Zwischen den Regenschauern schien ein heller Mond, sodass wir Ellens Sachen im nassen Gras liegen sehen konnten: Kleider, Bücher, Zimmerpflanzen, CDs.
Nick kam mit Paisley an der Leine den Weg herunter. Paisley wollte nicht zum Wohnwagen, sodass Nick ihn hinter sich herzog. »Du nutzloses Kalb. Dumm wie Bohnenstroh.« Schließlich band Nick Paisley an einen Laternenpfahl. »Sitz!«
Er klopfte an die Tür, die Joe beinahe sofort aufriss. Im Lampenlicht konnte man seine roten Augen sehen. Er hatte eine Flasche in der Hand.
»Was ist los?«, fragte Nick. »Es gab Beschwerden. Und was macht das ganze Zeug da draußen auf dem Rasen?«
»Sie hat mich verlassen, das ist los. Und sie hat meinen Sohn mitgenommen.«
»Tja, kann ich ihr nicht verübeln, so wie du dich benimmst«, sagte Nick. Joe begann, ihn zu beschimpfen und zu fluchen. Er setzte sich auf die Stufen vor der Tür.
»Beruhige dich erst einmal«, sagte Nick ruhig. »Es ist schändlich, wie du dich benimmst, Joe. Du tust mir leid, aber das ist mein Campingplatz. Wenn du dich nicht sofort beruhigst und die Sauerei da draußen aufräumst, werden wir uns morgen früh ernsthaft darüber unterhalten müssen, ob du weiterhin hier bleiben kannst.«
Joe legte den Kopf in seine Hände und begann, zu schluchzen wie ein kleines Kind. Das Schluchzen erschütterte seinen ganzen riesigen Körper. Normalerweise wäre ich sofort zu ihm hingerannt, hätte ihn getröstet und mit meinem machtvollen Schnurren beruhigt. Aber ich war jetzt ein zorniger Kater.
»Komm, geh rein. Du bist ganz schön mitgenommen.« Nick sprach freundlich mit Joe, bugsierte ihn in den Wohnwagen und schloss die Tür. Paisley winselte und wickelte seine Leine um den Laternenpfahl, bis er sich fast erwürgt hatte.
Die Tür ging wieder auf, und Nick erschien.
»Schlaf dich erst mal aus, Joe. Wir reden morgen darüber«, sagte er und machte das Licht aus. Er befreite Paisley vom Laternenpfahl und trottete murmelnd und grummelnd davon in die Dunkelheit.
Jessica fror, also gingen wir in den Dachsbau, rollten uns zusammen und versuchten zu schlafen. Wir waren nass und hungrig, hatten aber zumindest ein trockenes Plätzchen, das uns Sicherheit bot.
Mein Engel versuchte noch einmal, mit mir zu sprechen, aber ich wollte ihm nicht zuhören. Ich machte die Schotten dicht und schlief ein.
Ich hatte einen wunderschönen Traum. Ich träumte von meinem
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