SALVA (Sturmflut) (German Edition)
eine der Straßen, links von mir. Ich wusste nicht, ob ich im Kern der Stadt
war oder irgendwo weiter außerhalb, auf jeden Fall wollte ich weg von diesem
großen Platz. Die beiden Menschen waren aus der anderen Richtung gekommen,
genauso wie die Schüsse, die sie letztlich töteten. Deshalb schien mir links
die richtige Wahl zu sein. Ich folgte der Straße, mit dem Körper immer nah an
einer Hauswand. Nach ungefähr einem Kilometer hatte sich das Stadtbild nicht
wesentlich verändert. Überall alte und verfallene Häuser. Soweit ich es in der
Dunkelheit erkennen konnte, gab es insgesamt nur wenig Grün. Die meisten Bäume
am Straßenrand waren gefällt worden. Ich wunderte mich noch, welchem Zweck das
dienen sollte, da wurde ich durch eine Explosion aus meinen Gedanken geholt.
Sie war so heftig, dass ich zu Boden gerissen wurde und die Vibration des
Bodens unter mir spürte. Ich schütze meinen Kopf mit den Händen und wartete ein
paar Sekunden. Was war das? Taumelnd kam ich wieder auf die Beine und sah mich
um. Die Explosion hatte ein Haus am Ende der Straße völlig in Stücke gesprengt.
Die Reste brannten lichterloh. Ich presste meinen Körper wieder an die
Hauswand, als mir klar wurde, dass ich völlig ohne Deckung war und durch das
Licht des Brandes auch für jeden gut zu erkennen. Was ging hier nur vor? Diese
Explosion hatte genug Kraft, um mehrere hundert Menschen in den Tod zu reißen.
Wäre ich nur ein paar Sekunden schneller gewesen, hätte sie auch mich in Stücke
gerissen. Ich war benommen und hörte nichts außer einem Pfeifton. Sofort fasste
ich mir an die Ohren. Kein Blut, es konnte kein permanenter Schaden sein.
Erleichterung überkam mich. Trotzdem hatte ich Angst. Würde sich mir jetzt
jemand nähern, könnte ich ihn nicht hören und meine Situation war gerade
verhängnisvoller geworden. Es waren nicht nur die Soldaten, die eine Gefahr
darstellten, ich war wirklich in einem Kriegsszenario gelandet. Ich lief
einfach los, ohne einen Plan. Mir wurde nun bewusst, dass alle Vorsicht mir
nicht helfen würde zu überleben. Ich musste jetzt auf meine Instinkte vertrauen
und schnell sein, etwas anderes war nicht wichtig. Wieder waren Schüsse zu
hören und auch wenn ich sie nur sehr dumpf wahrnehmen konnte, war diesmal klar:
Man schoss auf mich. Ich wusste nicht woher sie kamen oder wohin ich mich
retten sollte, ich durfte nur nicht stehen bleiben. Jede Sekunde rechnete ich
damit getroffen zu werden, aber es passierte nicht. Vor mir sah ich einen
Treppenabgang. Es sah aus wie der Eingang zu einer U-Bahn Station. Ohne darüber
nachzudenken, ob es eine gute Idee war, stürzte ich die Treppen runter.
Schlagartig war ich in totaler Finsternis, ich konnte nicht einmal mehr die
Hand vor Augen sehen, doch ich lief weiter. Im Lauf traf mich etwas Hartes an
der Schulter und ich verlor das Gleichgewicht. Ich musste gegen einen Pfeiler
oder etwas Ähnliches gelaufen sein, doch anstatt einfach zu Boden zu stürzen,
fiel ich tief in eine Art Grube und Schlug mit dem Kopf auf etwas metallischem
auf. Ich rollte mich zusammen und unterdrückte einen Schmerzensschrei. Ich war
davon überzeugt, in eine Falle getappt zu sein. Es konnte nicht anders sein.
Ich wollte aufstehen, versuchen mich zu befreien, doch ich konnte nicht. Die
Schmerzen lähmten mich. Das war es nun, hier würde ich sterben. Ich hörte durch
das Pfeifen in meinen Ohren dumpfe Stimmen und hielt ganz still, meine Augen
fest geschlossen. Ich würde sie nicht ansehen, ihnen nichts geben, damit sie es
genießen konnten, mich zu töten. Ich würde nicht um mein Leben flehen.
Schlagartig packte ich den Griff des Messers und machte mich bereit es zu
ziehen. Wenn ich wenigstens einen mitnehmen konnte, wäre es schon genug, so
unwahrscheinlich es auch war, aber ich würde es versuchen. Es herrschte
absolute Dunkelheit hier unten, vielleicht käme einer nah genug. Mein Herz
schlug so schnell, dass mein Kopf zu pulsieren begann. Die Schmerzen ließen
mich fast wahnsinnig werden. Ich hörte immer noch nicht richtig aber ich war
mir völlig sicher, dass die Stimmen leiser wurden. Sie entfernten sich. Was war
passiert? Was war los? Die Gedanken rasten durch meinen Kopf, doch ich verstand
nicht, was um mich herum passierte. Ich blieb liegen und konnte erst jetzt
spüren, dass mein ganzer Körper vor Angst zitterte. Noch eine ganze Weile
traute ich mich nicht aufzustehen. Ich wollte warten, bis die Scherzen nachließen,
doch es wurde nicht besser. Mein Kopf fühlte sich
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