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SALVA (Sturmflut) (German Edition)

SALVA (Sturmflut) (German Edition)

Titel: SALVA (Sturmflut) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Suslik
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mich um und der Platz wirkte menschenleer. Das hatte nichts zu
bedeuten, das war mir klar und ich müsste meine Deckung komplett aufgeben um
zum Brunnen zu gelangen. Ich hatte keine Wahl, ich musste es versuchen. Noch
ein paar Stunden ohne Wasser und ich wäre sowieso dem Tode geweiht. Ich lief
zum Brunnen und sah hinein. Es war tatsächlich Wasser darin. Es war nicht klar,
der Brunnen aber auch nicht so verschmutzt, dass ich es nicht versuchen konnte.
Ich tauchte die Hände hinein und führte das Wasser zum Mund. Es war
geschmacklos und ich nahm noch ein paar Schlucke mehr. Endlich etwas zu trinken
tat so gut, dass ich fast vergaß in welcher Lage ich mich befand. Ich saß
mitten auf dem Präsentierteller. Hastig nahm ich noch ein paar Schlucke und
rannte zurück in die Gasse. Kaum dort angekommen, hörte ich Schüsse und
schreckte auf. Ich war schon bereit mich auf den Boden zu werfen, da wurde mir
klar, dass die Schüsse nicht aus meiner unmittelbaren Umgebung kamen. Sie
fielen irgendwo weiter weg. Mein Herzschlag beruhigte sich wieder. Es drohte
scheinbar gerade keine direkte Gefahr für mich, aber das Töten hatte begonnen.
Ich blieb für eine ganze Weile in der kleinen Seitenstraße, unsicher darüber,
ob das eine gute Idee war. Die Schüsse schienen nicht näher zu kommen, trotzdem
war ich an meinem jetzigen Standort alles andere als sicher. Vielleicht wäre es
das Beste auf die Nacht zu warten. Die Dunkelheit würde mir zwar die
Orientierung erschweren, aber vielleicht waren dann auch weniger Soldaten und
Schutztruppen unterwegs. Ich überlegte noch immer, wie sinnvoll es war nachts
nach Aljoscha zu suchen, da fielen Schüsse in meiner Nähe. Im nächsten Moment
sah ich zwei Menschen über den Platz laufen. Es waren ein Mann und eine Frau
und sie versuchten vor den Gewehrkugeln zu fliehen, ohne jede Chance. Erst
stürzte der Mann zu Boden, dann auch die Frau. Beide blieben regungslos liegen.
Wieder waren Menschen vor meinen Augen gestorben. Ich war wie erstarrt und
konnte nichts tun. Mein Blick war auf die beiden leblosen Körper fixiert und
das Blut, das sich langsam unter ihnen ausbreitete. Die Augen der Frau waren
noch geöffnet und sie schauten starr und leer in meine Richtung. Laute Rufe
rissen mich aus meiner Starre und ich lief zurück zu dem kleinen Hof, aus dem
ich gekommen war. Ich entschied durch das Fenster des gegenüberliegenden Hauses
zu klettern. Ich wollte nicht zurück zu der verwesenden Leiche und mich trieb
auch die Angst, die Rufe der Vögel könnten mich verraten. Kaum im Gebäude, ging
ich in Deckung und hielt die Luft an. Es war nichts zu hören, wieder einmal lag
eine tödliche Stille in der Luft. Erst jetzt merkte ich, dass mein ganzer
Körper zitterte. Die Angst machte mich fast verrückt und ich rollte mich auf
dem Boden unter dem Fenster zusammen. Das war verrückt, einfach verrückt. Ich
hatte in all meinen Überlegungen die tatsächliche Härte dieser Situation völlig
unterschätzt. Wie sollte ich überleben, wenn ich jetzt schon meine Angst kaum
noch unter Kontrolle hatte? Ich hatte mal gehört, dass der menschliche Verstand
in Situationen größten Stresses automatisch abstumpfte, um die Krise überstehen
zu können, doch wollte ich das? Ich konnte nur ahnen, was dieser Ort noch aus
mir machen würde.
    Wieder
vergingen mehrere Stunden, ohne dass ich mich rührte. Ich hatte kein gutes
Zeitgefühl, doch es mussten Stunden gewesen sein, denn mittlerweile war es
völlig dunkel. Ich wagte einen Blick nach draußen und kletterte dann vorsichtig
wieder hinaus. Zum Glück war meine Kleidung dunkel, so lief ich wenigstens
nicht Gefahr zu schnell gesehen zu werden. Meine größte Aufmerksamkeit galt
jetzt meinen Schritten. Ich versuchte so leise wie möglich zu sein, unhörbar.
Dabei achtete ich auf jedes noch so kleine Geräusch um mich herum. Ich kam
wieder an dem großen Platz an und sah erneut zum Brunnen beschloss, aber nicht
mehr daraus zu trinken. Mein Magen schmerzte bereits leicht. Scheinbar hatte er
in seinem jetzigen Zustand, völlig nüchtern, mit dem schmutzigen Regenwasser zu
kämpfen. Ich machte auch einen großen Bogen um die beiden Leichen. Hätten sie
Waffen bei sich gehabt, hätten sie das Feuer vermutlich erwidert und ich konnte
ihren Anblick auch nicht ertragen. Sie waren vor meinen Augen gestorben. Ich
wollte die Bilder nicht wieder vor meinem geistigen Auge haben. Allein bei dem
Gedanken kamen zu viele unschöne Erinnerungen wieder hoch. Ich entschied mich
für

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