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Salz der Hoffnung

Titel: Salz der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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wo sie ohnehin schon unterbesetzt waren. Um den Gestank des Gemetzels loszuwerden, war er zu seinem Quartier zurückgekehrt und hatte sich ein Bad bereiten lassen. Er erschauderte. All die Bücher und Bilder von heroischen Taten und Soldaten, die tapfer und glorreich in der Schlacht fielen, verschwiegen pfleglich den Geruch von Blut und Exkrementen, die grauenvollen Schreie der Sterbenden. Manchmal fragte er sich, ob die Männer, die sich freiwillig zum Waffendienst meldeten, eigentlich wußten, worauf sie sich einließen.
            Sergeant Passman wartete im Vorzimmer auf ihn. »Major, da ist eine Dame am Tor, die den Kommandanten sprechen möchte.«
            »Eine Dame? Wer ist sie? Was will sie von mir?«
            »Das wollte sie nicht sagen, Sir. Nur, daß sie Sie zu sprechen wünscht.«
            »Kenne ich Sie?«
            »Ich denke nicht, Sir. Sie hat nicht namentlich nach Ihnen gefragt, sondern nach dem Kommandanten.«
            Er betrat sein Dienstzimmer und nahm an seinem Schreibtisch in dem Ledersessel Platz, den er sich eigens in London hatte anfertigen lassen. Er war sehr bequem, und Reynolds fühlte sich gleich viel besser. »Bringen Sie mir Tee, Sergeant, ein bißchen Käse und Salzgebäck. Ist sie allein, diese Frau?«
            »Ja. Das heißt, mehr oder weniger. Eine zweite Frau sitzt vorn in der Kutsche, sieht wie eine Dienerin aus. Es ist eine von diesen Mietkutschen, die die feinen Leute hier auf der Insel benutzen.«
            »Vermutlich ist sie eine der rührigen Damen vom Wohlfahrtsverein, die der Pastor schickt. Er will unbedingt, daß ich hier eine Kapelle einrichte. Dabei ist nicht einmal ausreichend Platz für unsere Offiziere …«
            »Verzeihen Sie, Sir«, unterbrach der Sergeant. »Aber ich bin mir ziemlich sicher, diese Frau schickt nicht der Pastor. Dafür sieht sie viel zu gut aus und trägt zu feine Kleider.«
            »Dann schicken Sie sie herein, und ich werde meinen Tee trinken, wenn ich sie losgeworden bin.«
            Der Sergeant hatte recht. Diese elegante Dame in ihrem weiten, schwarzen Umhang und einem üppig mit Federn geschmückten Hut war ganz sicher kein Mitglied des örtlichen Wohlfahrtsvereins. Der Hut beschattete ein schönes Gesicht mit milchweißer Haut und großen braunen Augen. Sie lächelte ihn an, und dieses Lächeln ließ den Schwung ihrer samtweichen Lippen noch schöner erscheinen. »Danke, daß Sie mich empfangen, das ist sehr freundlich von Ihnen.«
            Er eilte herbei, um ihr einen Stuhl anzubieten. »Es ist mir ein Vergnügen, Madam. Was kann ich für Sie tun?«
            »Ich bin gekommen, um mich nach dem Verbleib eines Gefangenen zu erkundigen. Wir nehmen an, daß er sich hier aufhält. Und wenn nicht, dann können Sie uns vielleicht bei unseren weiteren Nachforschungen behilflich sein?«
            »Selbstverständlich.«
            Zögernd ging er auf seine Seite des Schreibtisches zurück. Ihr Parfüm, ein süßer Rosenduft, war exquisit. »Das muß mein Glückstag sein. Es passiert nicht gerade oft, daß schöne Damen an mein Tor klopfen. Ich bin Major Reynolds, Madam, Kommandant dieser Einrichtung.« Er schlug die Hacken zusammen und verneigte sich knapp.
            »Und Sie sind …«
            »Mrs. Howth«, erwiderte sie und schob ein kleines, blondes Löckchen zurück unter den Hut.
            »Ich bin entzückt. Leben Sie hier auf der Insel?«
            »Wir haben ein Feriendomizil in Ryde, und da ich auf dieser Seite der Insel einen Besuch zu machen hatte, dachte ich, es sei einen Versuch wert, Sie aufzusuchen. Es war einfach eine spontane Eingebung.«
            Ihre Stimme faszinierte ihn, alles an ihr war attraktiv. »Höre ich da einen schwachen irischen Akzent heraus?« fragte er.
            Sie lächelte. »Das denken viele, doch ich bin keine Irin, sondern stamme aus Boston in Amerika.«
            »Ah, das erklärt es. Ich hoffe, Sie verzeihen meinen Irrtum. Ich hatte bislang nicht das Vergnügen, einem Amerikaner zu begegnen. Und ist Mr. Howth auch ein Yankee?«
            Sie lachte fröhlich. »Oh nein. Du meine Güte, Charles ist so britisch, wie man nur sein kann. Wir leben in London.«
            Er nickte und zwang sich zu einem Lächeln. Er hatte gehofft, es gäbe keinen Mr. Howth mehr, daß sie eine Witwe sei. Sie war wundervoll, er konnte den Blick nicht

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