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Salz der Hoffnung

Titel: Salz der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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hinüber. Da ist ein Gefangener mit zwei Wachen.«
            Er brauchte ihr nicht zu sagen, wohin sie sehen sollte. Regal hatte ihn beim ersten Blick aus dem Fenster erkannt. Es war Jorge. Er stand hoch aufgerichtet neben den Wachen, doch er sah furchtbar aus. Er hatte jetzt einen dichten Bart, sein langes Haar war verfilzt und ungepflegt. Er trug zerlumpte Kleidung, und eine rauhe Wolldecke lag um seine Schultern. Ihr Herz hämmerte, sie hatte das Gefühl, schreien zu müssen, so groß war ihr Schock, ihn so zu sehen. Doch statt dessen berührte sie den Major leicht am Arm und sagte ruhig: »Ich glaube, das ist er.«
            »Möchten Sie mit ihm sprechen?«
            »Ich denke ja«, sagte sie zögernd, auf einmal nicht mehr sicher, daß sie ihr Spiel bis zum Ende durchhalten konnte. »Mrs. Collins wird erleichtert sein, daß er noch lebt.«
            »Dann folgen Sie mir.« Er führte sie die Kolonnade entlang, und alles in ihrem Innern rebellierte gegen den überheblichen, herablassenden Tonfall, in dem er Jorge anrief. »Ich bringe dir eine Besucherin, Jorgensen.«
            »Ja, das seh’ ich, Major«, sagte Jorge, sah ihm direkt in die Augen, und diese halbe Sekunde reichte, um Regals Argwohn gegenüber dem Major zu steigern. Es war offensichtlich, daß Jorge und er sich kannten. Der Kommandant hatte ihr etwas vorgemacht.
            »Mrs. Howth, nicht wahr?« Jorge sah sie fragend an, als sei er nicht ganz sicher, und er kam ihr auch keinen Schritt entgegen.
            »Ja.« Sie nickte. »Ich freue mich, Sie zu sehen, Mr. Jorgensen.«
            »Ich dachte schon, Sie hätten mich alle ganz vergessen«, sagte er mit einem erschöpften Lächeln.
            »O nein. Mrs. Collins war sehr in Sorge. Niemand wußte, wo wir nach Ihnen suchen sollten.«
            »Das ist verständlich. Man erlaubt mir nicht, Briefe zu schreiben, nicht wahr, Major?« Sie hörte die Herausforderung in seiner Stimme, als er den Kommandanten ansprach, und es ließ sie innerlich erbeben.
            »Wir fürchteten schon, weil doch Krieg war und so weiter … daß Ihnen etwas zugestoßen sein könnte«, stammelte sie, doch er grinste. »O nein. Ich habe mehr Leben als eine Katze und ich habe die Absicht, sie alle aufzubrauchen. Ich bedaure, daß ich Ihnen keinen Platz anbieten kann, Mrs. Howth, aber es gibt hier keine Stühle.« Er sah zum Major hinüber, der vorgab, ihn nicht gehört zu haben.
            »Das macht doch nichts. Gibt es irgend etwas, das ich für Sie tun kann?« fragte Regal.
            »Nein, vielen Dank. Es war sehr freundlich von Ihnen zu kommen. Bitte grüßen Sie Mrs. Collins und Edwina von mir, und natürlich auch Phillip und Mr. Howth. Ach, einen Augenblick noch … Sie könnten den Major hier darauf aufmerksam machen, daß ich als Offizier in diesem Gefängnis nichts zu suchen habe.«
            Reynolds trat zwischen sie. »Das reicht. Schafft ihn weg.« Als die Wachen herbeisprangen und ihn packten, nickte Jorge ihr zu, immer noch ohne das geringste Zeichen von Vertrautheit. »Leben Sie wohl, Mrs. Howth.«
            »Sie behaupten alle, Offiziere zu sein«, erklärte Reynolds ihr. »Das hören wir hier ständig.«
            »Wir waren davon ausgegangen, daß Mr. Jorgensen tatsächlich Offizier ist.«
            »Nun, das ist er nicht, seien Sie versichert.«
            Er begleitete sie bis zum Tor. »Ihre Pflicht erfüllt, Mrs. Howth?«
            »Ja, dank Ihrer Hilfe, Major.«
            »Es war mir ein Vergnügen. Ich werde heute abend übrigens im Gasthaus essen. Ich gehe öfter zum Dinner dorthin, um diesem deprimierenden Ort für ein Weilchen zu entfliehen. Würden Sie mir die Freude machen, mir dabei Gesellschaft zu leisten?«
            »Danke, aber das ist ausgeschlossen. Ich nehme meine Mahlzeiten auf meinem Zimmer ein.«
            Sie sah ihn rot anlaufen und erkannte, daß sie ihn beleidigt hatte, doch sie hatte ohnehin keine weitere Verwendung für ihn. Dieser Reynolds war kein Mann, dem man trauen konnte. Sie mußte nach London zurückkehren und sehen, was sie von dort aus tun konnte. Es lag jetzt an ihr, Jorge aus diesem entsetzlichen Gefängnis zu befreien. Die Mauern erhoben sich kalt und drohend über ihr, als sie in die Kutsche stieg.
            »Haben Sie den Mann gefunden, nach dem Sie gesucht haben, Madam?« fragte Bonnie.
           

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