Salz der Hoffnung
»Amerika kommt nicht in Frage. Es gibt hier noch zuviel zu tun.«
Könnte sie doch nur heimfahren, die Scheidung regeln und nach wenigen Wochen zurückkehren, dann wäre alles in Ordnung. Aber Leonard hatte sie vorgewarnt, ein Scheidungsverfahren werde mindestens ein Jahr dauern. Zur Hölle mit Charles! Auch von ihm würde sie sich nicht unter Druck setzen lassen.
»Damit wären wir wieder bei meinem Problem«, sagte Jorge und ließ sie los. »Und ja, es geht um Geld.«
»Und jetzt bin an der Reihe zu sagen, es tut mir leid, Jorge. Es war häßlich von mir und dumm. Wenn es nach mir ginge, würden wir im Hotel Colchester wohnen, nicht hier, und das wäre sehr viel kostspieliger.«
»Das Colchester?« Er lachte, umfaßte ihre Taille und wirbelte sie herum. »Du hast doch wirklich die verrücktesten Ideen. Aber im Ernst, Liebling, ich brauche lediglich eine Bürgschaft. Alles läuft nach Plan, doch die Admiralität hat die Vertragsbedingungen geändert. Sie wollen eine Sicherheit auf das Schiff. Ich muß vierzehntausend Pfund in Form einer Bürgschaft hinterlegen, damit ich mit ihrem Schiff nicht auf und davon segle. Kannst du dir das vorstellen?«
»Ja, das kann ich mir sogar sehr gut vorstellen. Ich würde auch eine Bürgschaft verlangen und dir nicht einfach so ein Schiff anvertrauen. Du könntest damit ins karibische Meer davonsegeln und Pirat werden.«
»Ich bin sicher, das würde dir gefallen.«
»Es wäre wunderbar. Ich würde sicher eine gute Piratenbraut abgeben. Ich würde all meine Feinde gefangennehmen und am höchsten Mast aufhängen.«
Er küßte sie. »Wer sind deine Feinde? Du hast keine Feinde, Liebste.«
»Aber wieso kommt es mir immer so vor? Es macht mir angst, Jorge. Ich fühle diese furchtbare Gewißheit, daß sie mich eines Tages erwischen.«
Jorge sah sie nachdenklich an und streichelte ihr Gesicht. »Das wußte ich nicht … Warum hast du mir das nie erzählt? Heute abend werden wir darüber reden. Du darfst deine Sorgen nicht in dich hineinfressen. Und ich werde dir beibringen, wie man die Trolle verjagt.«
9. Kapitel
Der Ehrenwerte Basil Mulgrave betrat seinen Londoner Club auf der Suche nach Charles Howth. Seit Monaten hatte er ihn völlig ignoriert, doch jetzt war es an der Zeit, Charles ein wenig aufzurütteln.
»Guten Abend, Charles. Was wird gefeiert?«
Howth und seine geckenhaften Freunde amüsierten sich lautstark an der Bar, und es war unverkennbar, daß sein ehemaliger Partner nicht eben begeistert war, Basil zu sehen.
»Basil! Alter Freund, wie schön dich zu sehen!« log Charles, als er erkannte, daß es kein Entrinnen gab. »Ich habe heute Geburtstag, und wir wollten gerade zu einem Dinner nach Soho aufbrechen.«
»Ich bin sicher, deine Freunde werden gern ein paar Minuten auf dich warten«, sagte Basil, packte Charles am Arm und zog ihn fort. »Ich möchte mit dir reden.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, führte er Charles zu einem Tisch in einem stillen Winkel. Seine kräftige Hand krallte sich so fest in das weiche Fleisch, daß Charles zusammenfuhr. »Vorsicht, alter Freund, du tust mir weh.«
»Nicht weh genug«, sagte Basil. »Setz dich, und wir trinken ein Glas auf deinen Geburtstag.« Er schnipste mit den Fingern und bestellte zwei Brandys.
»Hör zu, Basil«, begann Charles. »Es hat keinen Sinn, ausfallend zu werden. Vermutlich hätte ich dir sagen sollen, daß ich meinen Anteil verkaufen wollte, aber ich dachte, es würde dich verärgern.«
»Du erbärmlicher Tropf! Warum sollte ich Einwände dagegen haben, dich loszuwerden? Du warst doch nie etwas anderes als ein Parasit. Du hast erwartet, daß die Schiffahrtslinie für deine Pferde, deine Sättel, deinen Schneider und all die anderen Dinge aufkam, deren Rechnungen du dir nicht die Mühe machtest zu begleichen.«
Charles schien ob dieser Vorwürfe nicht sonderlich zerknirscht. Er winkte einem Freund zu, der gerade angekommen war, und grinste Basil an. »Wenn du mich los sein wolltest, worüber regst du dich dann auf? Ich hörte hier und da in der Stadt, du hättest geschäumt vor Wut. Das klingt nicht so, als seist du überglücklich, mich los zu sein. Eigentlich ziemlich schmeichelhaft für
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