Salz der Hoffnung
was wir mit ihnen unternehmen. Ist unsere Miss Hayes nicht eine wahre Augenweide? Was sagst du?«
»Mir erscheint sie ein bißchen flatterhaft. Die andere ist hübscher und intelligenter.«
»Was hat Intelligenz damit zu tun?«
»Ich mag intelligente Frauen. Außerdem, hast du nicht bemerkt, daß Miss Hayes einen Verlobungsring trägt?«
»Natürlich. Na und? Ich rede doch nicht vom Heiraten. Herrgott noch mal, Collins, ich habe ein Recht auf ein bißchen Vergnügen.«
Maria war verliebt, und Polly steckte in der Klemme. »Sag mir doch, was ich tun soll, Maria. Du weißt, wie sehr ich Jack liebe, aber Basil ist einfach göttlich, das mußt du zugeben. Wie grausam, daß er seinen Arm verlieren mußte.«
»Polly, du bringst mich in eine furchtbare Situation. Du bist mit meinem Bruder verlobt. Du solltest Basil nicht mehr besuchen.«
»Aber wenn ich nicht mitkomme, kannst du David nicht wiedersehen.«
»Ich weiß. Ich habe das Gefühl, als würde ich Jack in den Rücken fallen. Meine Eltern wären furchtbar wütend, wenn sie es wüßten. Und deine erst …« Maria erschauderte. Jasper Hayes war ein sehr strenger Mann, und Pollys Mutter Ettie war noch schlimmer. Verglichen mit ihnen waren ihre eigenen Eltern sehr sanftmütige Menschen. Auf die Frage nach dem Grund für ihre häufigen Besuche im Lazarett hatte Polly erklärt, sie und Maria hätten sich den Damen angeschlossen, die sich regelmäßig trafen, um Binden zu rollen. In Wirklichkeit taten sie nichts dergleichen, ihr Engagement beschränkte sich darauf, die Vorratskammern ihrer Eltern zu plündern, um die beiden Leutnants mit Leckerbissen zu versorgen. Auch von anderer Seite war Ärger zu befürchten. Beide Mädchen wußten, daß eine steigende Anzahl von Patrioten es nicht gern sah, wenn die Frauen der Stadt im britischen Lazarett aushalfen. Sie nannten sie Verräterinnen.
Maria war froh, als Polly ging und sie ihren Träumereien überließ. In ihrem Leben würde es niemals einen anderen Mann als David Collins geben. Er war groß, über einsachtzig, sein Haar war gewellt und seine Augen blau, sein Kopf glich dem eines griechischen Heros. Hinzu kam noch diese wundervolle, stets tadellose Uniform, der rote Rock, die weißen Hosen und all die Goldschnüre. Sie bekam weiche Knie, wenn sie nur an ihn dachte.
Doch das wundervollste war, daß er genauso für sie empfand. Auch wenn er es nie gesagt hatte, wußten sie doch beide, daß ihre Liebe gefestigt war. Nichts konnte sie je wieder auseinanderbringen, dessen war Maria sicher, obwohl erst vier Wochen und vier Tage vergangen waren, seit sie sich zum erstenmal begegneten. Es konnte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis er sich erklärte.
Ein paar sparsame Bemerkungen von David hatten sie beruhigt, daß sie sich um Polly nicht zu sorgen brauchte. David schien zu glauben, daß sie und Basil nur flirteten und zwischen ihnen nichts Ernstes sei. Polly liebte es, die Dinge zu dramatisieren. Maria dachte manchmal, daß sie schlicht verliebt in die Liebe war. Und sie begann sich zu fragen, ob Polly ihrem Bruder überhaupt eine gute Frau sein könnte.
Als die ersten Vorboten der Revolution auftraten, hatte ihr Vater Jack nach Halifax geschickt, um dort eine Handelsniederlassung der Proctor-Handelskompanie zu eröffnen, und Jack machte seine Sache sehr gut. Unter anderem exportierte er Pelze und Felle, und Proctor senior war sehr zufrieden mit ihm.
»Was auch immer passiert, wir werden den Krieg gut überstehen«, hatte Alex Proctor seiner Familie gesagt. Trotzdem war er erschüttert über die Feindseligkeiten, die jetzt sein Land zerrissen. Er war der festen Überzeugung, mit Verhandlungen hätte man die Unabhängigkeit ohne Blutvergießen erreichen können. Sich selbst bezeichnete er als neutral, was allgemein als englandtreu gewertet wurde. Er fand sich herber Kritik ausgesetzt, zumal Jack die Zweigniederlassung auf britischem Territorium gegründet hatte – man warf ihm vor, er wolle es sich mit keinem der beiden Lager verderben. Und das stimmte vermutlich auch, dachte Maria. Verschiedene ihrer Freunde hatten ihr gegenüber bissige Bemerkungen gemacht, die samt und sonders Jack als Feigling brandmarkten, weil er davongelaufen sei, statt für sein Land zu kämpfen. Es war für jedermann eine
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