Salz der Hoffnung
Aufmerksamkeit der anderen am Tisch auf sich lenkte. »Miss Hayes hat keine Lust mehr zu wetten. Es scheint, Amerikaner sind schlechte Verlierer.«
Regal sah sie an und spürte, daß alle Blicke auf ihr ruhten. »Vermutlich sind wir das«, erwiderte sie gelassen. »Wir haben einfach nicht soviel Übung darin wie ihr Engländer.« Felicity blinzelte verwirrt, offenbar verstand sie die Anspielung nicht. Aber John Gleeson, der ihr gegenüber saß, lachte laut und applaudierte. »Touché, Miss Hayes!« Regal lehnte sich zurück und nippte an ihrem Champagner. Sie saßen nicht auf harten Picknickhockern, die Diener hatten bequeme Sessel für sie mitgebracht. Diese Menschen verstanden zu leben. Kaum zu glauben, daß sie den Krieg in Amerika verloren hatten und gerade in einen tödlichen Konflikt mit Napoleon verstrickt waren.
Das brachte ihre Gedanken auf Leonard. Geld durch Kreditbriefe von Amerika nach England zu transferieren gestaltete sich nämlich nicht so problemlos, wie sie ursprünglich angenommen hatte. Die First Bank of the United States war nicht gewillt, große Summen außer Landes zu lassen, jetzt, da sie eine unabhängige Währung aufzubauen versuchten. Also plante Leonard, für Regal eine Gesellschaft mit Sitz in London zu gründen. Das würde das Problem lösen.
Sie lächelte bei der Erinnerung an Felicitys kleinen Seitenhieb, die Unterstellung, sie könne es sich nicht leisten zu wetten. Niemand würde sie dazu provozieren, sich zu diesem Thema zu äußern.
Als die Zeit für das letzte Rennen des Tages heranrückte, waren Charles und viele seiner Freunde nicht mehr ganz nüchtern. Einige von ihnen gerieten außer Rand und Band, stürmten aus dem Zelt und wieder herein, warfen dabei gar die großen Topfpflanzen um, aber das schien niemanden besonders zu stören. Der nie versiegende Champagnerstrom hatte Charles in eine romantische Stimmung versetzt. Er bestand darauf, ihre Hand zu halten, und flüsterte ihr Zärtlichkeiten ins Ohr, was sie ermüdend fand.
Um ihn auf andere Gedanken zu bringen, schlug sie vor, einen Spaziergang zu machen.
»Nicht jetzt«, brummte er. »Es ist furchtbar voll dort draußen.«
Das stimmte. Der Bereich um das Zelt war mit einem Zaun abgesperrt, doch jenseits davon tummelten sich die Menschen dichtgedrängt auf den Wiesen. Nur mit Mühe konnte man sich hindurchzwängen, um zu dem eingezäunten Bereich zu gelangen, von wo aus die feinen Herrschaften die Rennen beobachten konnten, in sicherer Entfernung vom gemeinen Pöbel.
»Ich will nur ein wenig Luft schnappen«, sagte Regal.
»Ich kann auch allein gehen.«
»Nein, nein, ich begleite dich.« Er kam wankend auf die Füße. »Aber wir sollten nicht zu weit weggehen. Ich werde mich über diese Arrangements beschweren. Das Zelt steht viel zu weit vom privaten Clubbereich entfernt, so daß man jedesmal gezwungen ist, sich durch dieses Pack zu drängen …«
Als sie aus dem Zelt traten, beklagte er sich immer noch. Ein paar Schritte entfernt stand ein großer, blonder, sehr eleganter Mann und unterhielt sich mit einigen Bekannten. Als er Regal erblickte, brach er mitten im Satz ab und starrte sie an.
Regel lächelte in sich hinein. Sie wußte durchaus, daß sie heute sehr hübsch aussah. Die Herren hatten lauter schmeichelhafte Dinge zu ihr gesagt. Ihr grünes Samtkostüm war genau richtig für den Anlaß, wie ein elegantes Reitkostüm geschnitten mit beiger Spitze an Kragen und Ärmeln. Das freche Hütchen aus dem gleichen Samt machte das Bild vollkommen. Edwina hatte darauf bestanden, ihr ihre Smaragdbrosche an den beigen Spitzenausschnitt zu heften, und Regal mußte gestehen, daß sie das Tüpfelchen auf dem i war. Ein großer Stein in einer goldenen Fassung, einfach überwältigend. Sie bemerkte, daß der gutgebaute Gentleman seinen linken Arm verloren hatte. Wie traurig, dachte sie.
Charles hörte plötzlich auf, vor sich hin zu brummeln, und erwachte zu Leben. »Augenblick mal. Wen haben wir denn da! Ich wollte schon lange, daß du meinen Partner kennenlernst. Basil!« rief er. »Basil, hier herüber!«
Er faßte Regals Arm und zog sie hinüber.
Partner oder nicht, der Mann schien nicht besonders begeistert, Charles zu treffen. Er machte Anstalten sich abzuwenden, doch es war zu spät.
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