Salz der Hoffnung
mich so rastlos. Als würde ich auf irgend etwas warten. Mein ganzes Leben scheine ich auf etwas gewartet zu haben, aber ich weiß nicht, worauf.«
»Auf den Tag deiner Eheschließung natürlich«, erwiderte Edwina strahlend. »Das ist der Tag, an dem dein Leben wirklich beginnt. Wir müssen uns nach einem guten Mann für dich umsehen, und dann wird alles ganz wunderbar sein.«
Regal verzichtete darauf, Edwina daran zu erinnern, daß die Ehe sich für zwei Frauen in diesem Haushalt mitnichten als so wunderbar erwiesen hatte.
4. Kapitel
Regal übte das Laufen in ihren neuen Schuhen. Sie waren sehr elegant, aber sie hatten eigenartig schmale, hohe Absätze, und Regal stakste noch unsicher darauf umher. Doch sie entsprachen der neuesten Mode, also war Regal entschlossen, sie heute auf dem Picknick beim Pferderennen in Newmarket zu tragen.
Seit dem Ball, mit dem sie offiziell in die Gesellschaft eingeführt worden war, wurde sie mit persönlich zugestellten Einladungen überschüttet, und ein nie versiegender Strom junger Herren belagerte ihre Tür.
Der Ball war ein wundervolles Fest gewesen, und sie hatte es genossen, im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. Es kam ihr vor, als habe sie einen Krieg gewonnen. Sie war am Ziel! Ihr Name hatte gar in den Gesellschaftsspalten der Zeitung Erwähnung gefunden. Edwina hatte wenigstens ein Dutzend Exemplare gekauft und heim nach Boston geschickt. Regal war froh darüber. So konnte sie selbst sich die Mühe sparen, und außerdem war es wirkungsvoller, wenn es von Edwina kam.
Sie saß auf der Bettkante. Die merkwürdigen Absätze waren wie Garnrollen geformt, in der Mitte verjüngt. Durch den steilen Neigungswinkel rutschte ihr Fuß im Schuh nach vorne, und ihre Zehen scheuerten sich am Leder. Vielleicht sollte sie sie lieber nicht anziehen. Aber das Olivgrün war exakt die Farbe ihres neuen Ensembles. Sie mußte über sich selbst lachen, erstaunt darüber, daß Nebensächlichkeiten wie die passende Farbe von Kleid und Schuhen eine so große Rolle in ihrem Alltag eingenommen hatten. Sie hörte Edwina rufen, aber sie antwortete nicht. Edwina konnte einen niemals in Ruhe lassen.
»Was machst du denn? Hast du mich nicht rufen gehört?« Edwina rauschte herein, kichernd Maria hinter sich her ziehend. »Ich muß dir etwas sagen, Regal. Himmel, ich bin ja so aufgeregt. Sag du es ihr, Maria.«
»Nein, es ist deine Neuigkeit. Na los.«
»Also gut. Regal … ich werde heiraten.«
»Du meine Güte! Wen denn?«
Edwina zog einen Schmollmund. »Wen? Ja, was glaubst du denn? Cameron Spencer, natürlich. Er ist doch seit wenigstens einem Monat nicht von meiner Seite gewichen, Liebes. Was bist du doch für ein Dummchen.«
»Natürlich. Cameron. Wie nett.« Sie legte die Arme um Edwina und küßte sie. »Herzlichen Glückwunsch. Das ist eine wunderbare Neuigkeit.«
»Findest du wirklich?«
»Sicher. Er ist ein sehr netter Mann.« Und so aufgeblasen, fügte sie im stillen hinzu. Man mußte sehr vorsichtig sein im Umgang mit Cameron. Er war furchtbar empfindlich, stolz darauf, geschäftlich so erfolgreich zu sein, dabei aber in ständiger Sorge, daß man sich hinter seinem Rücken über ihn mokieren könnte.
»Er ist eine gute Partie, nicht wahr«, sagte sie, um Edwina eine Freude zu machen, und tatsächlich leuchteten ihre Augen auf.
Und warum auch nicht, dachte Regal. Sie wird glücklich mit ihm werden. Cameron war ein reicher Mann. Er besaß profitable Spinnereien in Manchester und mehrere Geschäfte in London. Cameron verstand sich wirklich darauf, Geld zu machen. Und das war auch gut so, denn ebensogut verstand Edwina sich aufs Geldausgeben. Für sie war der tägliche Einkaufsbummel ein großes Abenteuer, während Regal dies eher langweilig fand.
»Bitte halte dir den morgigen Tag frei, Regal«, sagte Maria. »Ich habe einen ganz reizenden jungen Mann zum Tee eingeladen und möchte, daß du ihn kennenlernst.«
»Wer ist es?«
»Major William Sorell. Ich habe ihn seit Ewigkeiten nicht gesehen und freue mich sehr auf ihn. Er wird dir gefallen. Derzeit dient er unter General Sir John Moore und bildet eine Reiterbrigade aus.« Sie wandte sich an Edwina. »Zu schade, aber jetzt ist es zu
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