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Salz der Hoffnung

Titel: Salz der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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nur ein gutes Haar an Napoleon gelassen hätte, aber wenn man so darüber nachdachte, waren seine Erfolge wirklich unglaublich.
            »Ich muß dich jetzt verlassen«, sagte er. »Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich dich in einer Droschke heimschicke?«
            »Ja, das würde es allerdings. Wo gehst du hin? Ich komme mit.«
            Er nahm ihre Hand. »Das ist unmöglich. Und du solltest nicht so Hals über Kopf einfach in den Sturm hinaussegeln. Nimm dir Zeit und denk über alles nach. Schließlich kennst du mich erst seit etwa einem Tag. Ich will, daß du dir deiner Sache wirklich sicher ist, so daß du später nichts bereust.«
            »Wann sehe ich dich wieder?«
            »Bald.«
            Genauer wollte er sich nicht festlegen, und die nächsten Tage verbrachte sie in der Sorge, er sei einfach fortgegangen, habe London ohne eine Nachricht an sie verlassen und sie werde ihn nie wiedersehen. Zu allem Überfluß kam auch noch Charles früher als erwartet heim, und sie fragte sich nervös, was passieren würde, wenn es Jorge wie beim letztenmal einfallen sollte, einfach unangemeldet zu erscheinen. Sie sagte sich, daß das alles keine Rolle mehr spielte, daß sie ihn empfangen würde, ganz gleich, was ihr Mann dazu zu sagen hätte, aber nichtsdestotrotz blieb sie beunruhigt.
             
            London erschien ihr heiterer als je zuvor, als hätte der sich lichtende Nebel eine lebendigere Stadt enthüllt, wo die Bäume ausschlugen und die Vögel zurückkehrten, um ihre Nester auf den Kaminen der Häuser zu bauen. Regal wagte kaum, das Haus zu verlassen, um Jorge ja nicht zu verpassen. Doch Charles hätte seinen Besuch vermutlich nicht einmal bemerkt, er und seine Freunde hielten sich meist nur kurz im Haus auf und verschwanden gleich wieder, vollauf mit ihren Vorbereitungen für die anstehenden Jährlingsauktionen beschäftigt. Er redete von nichts anderem mehr.
            Schließlich sandte Jorge eine Nachricht, sie solle ihn in Vauxhall Gardens treffen. Fast eine Stunde vor der verabredeten Zeit fand sie sich dort ein, sah den Kindern zu, die mit ihren Drachen über die Wiesen rannten, und beneidete sie, denn ihnen gehörte die Welt, sie konnten gehen, wohin sie wollten. Schon von weitem sah sie ihn kommen und erfreute sich an seinem leichten Schritt, verfolgte seinen Weg die Pfade entlang, bis er in einem kleinen Hain verschwand und kurz darauf endlich mit einem zufriedenen Nicken auf sie zutrat.
            Sie redeten vertraut miteinander, wie alte Freunde. Und er hatte sogar ein Geschenk für sie mitgebracht, ein Buch mit lyrischen Balladen von William Wordsworth und Samuel T. Coleridge. »Ich hoffe, sie gefallen dir. Mein Lieblingsgedicht ist natürlich das ›Lied vom alten Seemann‹. Man kann das Rauschen der See darin hören. Aber du wirst vielleicht ein anderes vorziehen. Ich habe gleich zwei Exemplare gekauft, damit ich mir vorstellen kann, daß wir es zusammen lesen.«
            »Danke, Jorge. Ich freue mich darauf, sie zu lesen. Aber was hat das zu bedeuten? Wo willst du hin? Das klingt, als sei dies ein Abschiedsgeschenk.«
            »Es ist kein Abschied. Ich werde noch ein Weilchen hierbleiben.«
            »Du willst wieder zur See fahren! Das darfst du nicht. Ich könnte es nicht ertragen, wenn du mich jetzt verläßt.«
            Er lächelte breit. »Ich bin Seemann, daß weißt du doch. Und ich muß mich nach einem Schiff umsehen, ich kann nicht in London bleiben.«
            »Aber Jorge, glaub mir, es ist nicht nötig, daß du dich wieder als Matrose verdingst …«
            »Das ist auch nicht meine Absicht«, unterbrach er sie.
            »Also mach dir keine Sorgen. Auf meinem nächsten Schiff werde ich der Kapitän sein. Ich muß nur noch einiges arrangieren und einige Leute treffen.«
            »Und wo segelst du hin?«
            »Das weiß ich noch nicht. Es kommt darauf an.«
            Sie fragte sich, ob Maria Collins so zu der ewig verlassenen Frau geworden war, weil sie ihren Mann genug liebte, um ihn gehen und seinen Träumen nachjagen zu lassen. Aber Regal wollte das auf keinen Fall.
            »Jorge, hör mir zu. Das ist nicht nötig. Ich habe Geld, wir können England verlassen und nach Amerika gehen, wenn du willst. Oder zu den wundervollen Orten in der Südsee, sogar nach Hobart, nur verlaß mich nicht.«
           

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