Salz der Hoffnung
zurückgekehrt war, schwer erschüttert über den Zusammenstoß mit den Rebellen und seinen Unfall, war Regal aufsässig. Kaum ein mitfühlendes Wort hatte sie für ihn übrig, als sei ein gebrochener Arm nur eine Lappalie und die Umstände, unter denen er beinah ums Leben gekommen wäre, eine langweilige Geschichte, die man seinen Freunden eigentlich nicht zumuten sollte, jedenfalls nicht in ihrer Gegenwart.
Und als er sich ausreichend erholt gefühlt hatte, um sein normales Leben wieder aufzunehmen, hatte sie ihn abgewiesen und war dazu übergegangen, ihre Schlafzimmertür abzuschließen.
»An dieser Form ehelichen Zusammenlebens habe ich keinerlei Interesse mehr«, hatte sie ihm seelenruhig eröffnet. Man hatte ihm versichert, daß viele Frauen so wurden, und auch wenn er sich hatte überzeugen lassen, daß das bei einer Dame durchaus verständlich sei, war es ihm dennoch unangenehm.
»Ich könnte darauf bestehen, das weißt du«, sagte er.
»Tu das lieber nicht«, erwiderte sie. »Es besteht kein Grund, warum wir nicht Freunde bleiben könnten, wenn du mich zufriedenläßt.« Und sie hielt Wort, war eine unverändert angenehme Gefährtin und kam mit der ihr eigenen Effizienz ihren Pflichten im Haushalt nach. Man hatte ihm einflüstern wollen, sie habe möglicherweise einen Liebhaber, doch das war ausgeschlossen. Sie verließ kaum je das Haus, es sei denn, um einzukaufen oder zur Bank zu gehen, und dies tat sie stets in Begleitung ihrer Zofe, die Charles’ Leibdiener versichert hatte, Mrs. Howth trödele niemals in der Stadt herum. Und zu gesellschaftlichen Anlässen begleitete er sie ja persönlich oder vergewisserte sich, daß sie mit Freunden der Familie zusammen war. Nein, sie hatte einfach kein Interesse mehr an Sex, und somit hatte sie es sich selbst zuzuschreiben, daß Charles sich an Frauen wandte, die nichts dagegen hatten, einem Mann für einen gewissen Preis seine Wünsche zu erfüllen. Davon gab es schließlich genug.
In letzter Zeit hatte er allerdings festgestellt, daß eine gewisse Mrs. Conroy seine Gesellschaft besonders zu schätzen wußte. Sie war verwitwet, eine attraktive Frau, die zwar ein paar Jahre älter war als er, aber weitaus bessere Gesellschaft als Regal. Mrs. Conroy freute sich auf seine Besuche, und sie waren beide hocherfreut, als sie feststellten, daß ihr Haus in der Gray’s Inn Road auf der anderen Seite von Coram’s Field lag, einem gepflegten Park, der an den Woburn Place grenzte. Ihr Haus war von seinem also nur einen angenehmen Spaziergang entfernt.
Tatsächlich verstanden sie einander so prächtig, daß Mrs. Conroy in letzter Zeit gewisse Andeutungen bezüglich einer Heirat fallen ließ, und die Idee gefiel ihm durchaus. Doch er mußte vorsichtig sein. Die Anwälte, die immer noch vergeblich auf die Kooperation dieses Juden in Boston hofften, hatten immerhin eines herausgefunden: Regals Gesellschaften stellten einen weitaus höheren Wert dar, als sie je für möglich gehalten hätten. Und als sie Charles gegenüber durchblicken ließen, daß Regal vermutlich über eine halbe Million Pfund wert war, war er fast vom Stuhl gefallen. Und war es nicht wieder einmal typisch für sein Glück, daß er eine Frau geheiratet hatte, die sich nicht nur weigerte, ihr Vermögen herauszurücken, sondern obendrein auch noch ein Geizkragen war? Gott, wenn er nur dieses Geld in die Finger bekäme, er könnte leben wie ein König. Oder, verbesserte er sich selbst grinsend, wie der Prince of Wales. Doch abgesehen von einer Vorliebe für hochklassige Schneider und Hutmacher, wußte Regal offensichtlich nichts mit all ihrem Geld anzufangen. Sogar ihr Schmuck war eher unscheinbar.
An diesem Abend kleidete Charles sich mit großer Sorgfalt an. Seine Frau und er aßen heute abend allein, und das könnte der richtige Zeitpunkt sein, um zu versuchen, sie zur Räson zu bringen. Doch sie war schlau, er durfte sie nicht unterschätzen. Er mußte an ihre Großzügigkeit appellieren. Er ließ seine Perücke auf ihrem Gestell, denn er wußte, wie sehr sie Männer in Perücken verabscheute, ganz gleich wie elegant sie sein mochten, und säuberte sogar seine Fingernägel. Diese amerikanischen Frauen waren von Reinlichkeit ja geradezu besessen. Vor allem Edwina. Vielleicht wäre es eine gute Idee, ein Dinner für Edwina und ihren Pfeffersack von Ehemann anzuregen, das würde Regal sicher
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