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Salz der Hoffnung

Titel: Salz der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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            Er wählte die Weine persönlich aus, darunter einen französischen Rotwein – in diesen Tagen eine Seltenheit –, und machte ihr Komplimente.
            »Das ist ein wundervolles Kleid, meine Liebe, so ein warmer, hübscher Farbton. Wie würde man ihn nennen? Kirsch?«
            »Ich glaube ja. Warum hast du dich so herausgeputzt? Gehst du aus?«
            »Später vielleicht. Aber kann ich mich nicht auch einmal für meine Frau elegant kleiden?«
            »Ich schätze schon.«
            »Du meine Güte«, sagte er gut gelaunt, »ich habe keine Verführungsabsichten, du brauchst also nicht so reserviert zu sein. Ich hatte ein paar unschöne Szenen mit Basil und habe einfach nur ein wenig Aufmunterung nötig.« Er führte sie zu Tisch und plauderte, als mache nichts auf der Welt ihm Sorgen.
            Wie des öfteren in letzter Zeit, gewann er auch jetzt wieder den Eindruck, daß seine Frau einfach dankbar war, wenn man sich mit ihr unterhielt. Sie schien einsam zu sein. Wahrscheinlich hatte sie Heimweh. Aber auch das war ihre eigene Schuld – sie hatte sich entschlossen, hier zu leben, und nun lag es an ihr, sich seinen Freunden anzuschließen und nicht immer abseits zu stehen, selbst wenn sie sich ihnen unterlegen fühlte.
            Er erzählte ihr den neuesten Klatsch aus seinem Club und berichtete leutselig, daß Colonel Collins auf dem besten Wege war, sich einen Namen zu machen für seine Verdienste in Van Diemens Land. Er wußte, daß es Regal ebenso verwunderte wie ihn, daß Maria Collins sich nach wie vor weigerte, ihrem Mann dorthin zu folgen und ihre Aufgaben an seiner Seite wahrzunehmen. Sie sprachen über die Vorzüge seines neuen Schneiders und die neueste Kriegswendung, Napoleons Sieg über die Preußen bei Jena. Und schließlich kam er auf Northern Star zu sprechen. Er wußte, Regal haßte Basil, und das mit gutem Grund: Basil hatte sie niemals auch nur zur Kenntnis genommen, und das war wirklich kein Benehmen. Doch Charles hatte erkannt, daß dieser Umstand ihm Gelegenheit gab, die beiden gegeneinander auszuspielen. Denn auch wenn sie Basil nicht ausstehen konnte, verleitete pure weibliche Neugier sie dazu, immer mehr über die Reederei erfahren zu wollen. Diese Widersprüchlichkeit war typisch für sie und konnte ihm jetzt vielleicht von Nutzen sein. »Regal, ich fühle mich in letzter Zeit ständig von Basil geschurigelt. Er kann so unangenehm werden. Ich bin nicht ganz sicher, was ich tun soll.«
            »In bezug worauf?«
            »In bezug auf den Umstand, daß ich kein Einkommen aus der Reederei mehr beziehe. Und seit wir die Scottish Prince verloren haben, verlangt er zudem, daß ich ihm helfe, die Gesellschaft zu stützen, sprich, daß ich mehr Geld investiere.«
            »Warum solltest du das tun?«
            »Weil, wie Basil sagt, der Krieg bald vorbei sein wird. Er ist davon überzeugt, Napoleon habe sich übernommen und über kurz oder lang werde seine Herrschaft zusammenbrechen.«
            Sie ergriff ihr Glas und sah ihn unverwandt an. Charles wurde unbehaglich zumute. Regal hatte irgend etwas an sich, das ihn beunruhigte. Sie war eine extrem kluge Frau, das war die höflichste Umschreibung, die er dafür finden konnte. Ihre scharfen Augen fokussierten wie ein Fernrohr, wenn ein Thema sie interessierte, suchten nach Schwachstellen in einer Argumentation, legten Fehler bloß, und ihre warme Stimme mit dem weichen amerikanischen Akzent nahm einen scharfen Ton größter Wachsamkeit an, der nicht besonders anziehend klang, in Gesellschaft sogar regelrecht peinlich werden konnte.
            »Er täuscht sich«, sagt sie. »Dieser gottverdammte Krieg wird noch Jahre dauern.«
            Charles verzichtete heute abend lieber darauf, sie zurechtzuweisen, obwohl er ihre Ausdrucksweise als reichlich unpassend empfand. Er seufzte. Sie sah wirklich hinreißend aus; dieser üppige Mund war so unwiderstehlich, die Lippen dunkelrot und exakt nachgezeichnet, so daß sie wirkten, als habe ein Künstler sie gemalt. Ihr Mund hatte ihn immer schon fasziniert. Er liebte die fließenden Bewegungen ihrer Lippen und die ebenmäßigen Zähne. Zähne, für die die Hälfte aller Frauen in London einen Mord begehen würden. Und sie war seine Frau. Er, Charles Howth, hatte eine der schönsten Frauen Londons geheiratet, doch er hätte ebensogut mit einer Vogelscheuche verheiratet sein

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