Salz und Asche - Roman
Wortwechsel gedämpft, als hätte er noch die Wachswolle in den Ohren, die er manchmal verwendete, wenn er unter dem Lärm in der Schmiede litt. Seine ganze Aufmerksamkeit galt dem Nachladen der Muskete. Noch ein Mal, und er würde den Vorgang im Schlaf beherrschen. Lumpenwickel um die Kugel, Stopfen, Ladungspulver, Zündpulver auf die Pfanne, Muskete auf die Gabel, Atmen, Visieren, Abzug, Luft anhalten, Knall, Schwefelwolke, Treffer. Blatt, er wusste es sicher. Staunend stellte er das Schießrohr auf dem Boden ab und blickte zu den Zielscheiben, ohne sie zu sehen. Der Beifall und Schwalbachs Fluchen, als die Ergebnisse ausgerufen wurden, drangen nur wie aus der Ferne zu ihm. Blatt, Blatt, nichts, Blatt. Es musste an der Waffe liegen, dass ihm das Treffen so leichtfiel.
Till Büttner schien ähnlich zu denken. »Wie wäre es mit den Pistolen, Spornmaker? Lasst Ihr uns die auch probieren?«
»Sinnlos auf diese Entfernung«, sagte Kienzle.
»Dann gehen wir weiter vor. Auf die Hälfte.«
Jan sah sich nach Spornmaker um, der inzwischen in Gesellschaft eines Mannes dastand, dessen prachtvolle Kleidung ihn als hochgestellten auswärtigen Offizier auswies. »Nur zu, nur zu«, sagte der Waffenhändler und lud sie mit einem Winken ein, sich Pistolen auszuwählen.
Erneut zögerte Jan. Die meisten Männer meinten, es wäre unmöglich, mit einer Pistole gezielt zu treffen, und er hatte es noch nie versucht.
Kienzle ließ ihm keine Zeit, sich zu verabschieden.
»Nicht schwach werden. Ich erkläre dir, wie du es anstellen musst, und du bekommst einen Probeschuss, damit du weißt, was dir blüht. Es ist nicht wahr, dass man mit den kurzen Rohren nicht zielen kann. Nur haben die wenigsten die Nerven dafür. Unser Böttcher hier, der hat sie. Solange sein alter Herr nicht hinter ihm steht, heißt’s. Wollen sehen, ob du sie auch hast.«
»Es stört mich auch nicht, wenn mein alter Herr hinter mir steht. Es sei denn, er redet auf mich ein. Was er bei solchen Gelegenheiten für gewöhnlich tut«, sagte Till auffahrend.
Kienzle schnaubte spöttisch. »Wo ist er jetzt?«
»Wie alle wackeren Schützenbrüder lässt er hinten beim Tanzplatz den neuen König hochleben.«
»Ums Feiern scheint es den Lüneburgern Schützen mehr zu gehen als ums Schießen. Ich habe selten gesehen, dass Zielscheiben so geschont werden wie hier.«
»Sucht Ihr Streit, Kienzle?«, fragte Till, doch sein belustigter Tonfall verriet, dass er es ähnlich sah.
»Ach wo. Man sieht es ja den ehrwürdigen Hakenbüchsen und Donnerrohren an, dass damit das Treffen ein Hasardspiel ist. Wer behält da schon die Freude am Zielen?
Was, Niehus, mit den neuen Liebchen hier ist es was anderes. Dich hat die Leidenschaft fürs Scharfschützentum doch schon gepackt. Das sehe ich deinen Augen an.«
Jan zuckte mit den Schultern. »Es reizt mich mehr, als ich glaubte. Aber für mich wird es wohl bei dieser einen Probe bleiben. Ich bin Schmied, kein Waffenträger.«
»Ja, Spornmaker sagte so was. Aber weißt du, ich war auch einmal Schmied, bevor ich zur Büchsenmacherei gekommen bin. Glaube mir, ich habe den Schritt nicht bereut. Schwalbach und ich hatten immer Arbeit und gute Bezahlung. Und Freiheit noch dazu. Kannst du das von dir sagen?«
Till hielt seine Pistole mit dem ausgestreckten Arm in Richtung Scheiben und zielte probeweise. »Ja, Niehus - ist das nicht ein guter Einfall? Verschwinde aus der Stadt, und lass dich als Büchsenmacher anlernen«, murmelte er.
Bedachtsam schloss Jan das silberbeschlagene Pulverhorn, hängte es zurück an den Waffenständer und seufzte. »Wenn du keine Ruhe gibst, werde ich es wohl müssen.«
Zum ersten Mal seit Tills Erscheinen suchte er dessen Blick. Susannes Bruder betrachtete ihn mit Abscheu. »Geschähe dir mehr als recht.«
Kienzle legte ihnen beiden eine Hand auf den Arm. »Holla. Hätt ich gewusst, dass ihr zwei euch nicht grün seid, dann hätte ich die Sache nicht begonnen. Nun beruhigt euch mal.«
Jan beachtete ihn nicht. »Ich hatte nie die Absicht, der Ehre eures Hauses zu nahe zu treten. Es tut mir leid, falls es geschehen ist. Wenn du willst, werde ich dafür um Verzeihung bitten. Dich, deinen Bruder, deinen …«
»Was die Ehre betrifft, streite dich mit Vater darum, sobald
er darauf kommt, was du verbrochen hast. Aber dass du Susanne geschlagen hast, dafür stehst du mir gegenüber gerade.«
Jan blieb die Luft weg. »Was? Sie geschlagen? Hat sie das gesagt?«
»Das musste sie nicht. Ich habe die Spuren an
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