Salz und Asche - Roman
Fürst derzeit zwischen Schweden und Polen steht, nicht wahr? Seine Armee ist eine prachtvolle Macht, dem die
Besten aller Handwerke dienen. Du solltest dir das Angebot des Herrn Oberst gut überlegen.«
Liebhild wollte unbedingt dem Treiben auf den Schießbahnen zusehen und zog Susanne und Regine dorthin. Als Susanne sah, wer dort schoss, zwang sie ihre Schwestern, in einiger Entfernung stehenzubleiben und nicht näher heranzugehen.
»Aber das ist Till. Und Jan Niehus aus der Schmiede«, protestierte Liebhild.
Susanne hielt ihre Hand umso fester. »Ja, genau. Und wir wollen sie auf keinen Fall ablenken. Sonst schießen sie daneben und sind dann böse auf uns. Du kannst auch von hier aus zusehen.«
Sie beobachtete, wie Till und Jan mit einem Fremden ein Stück die Bahnen hinuntergingen, um dann Pistolen anzulegen. Alle drei hatten ihr Wams ausgezogen und standen in Hemden da. Es war ihr gleichgültig, wie sie schossen. Allein Jan so aus der Ferne zu sehen machte ihre Knie schwach. Sie liebte seine Art, sich zu bewegen. Ruhig und sicher, voller Vertrauen in seine Fähigkeiten. Gerade deshalb hatte es sie umso tiefer berührt, ihn zitternd im Arm zu halten. Sie musste nur daran denken, und ein Widerhall des beglückenden Gefühls breitete sich in ihrem Bauch aus, ließ ihr Herz schneller schlagen.
Die Leute klatschten Beifall, als ein Junge von den Zielscheiben her die Treffer ausrief.
»Das kann gar nicht mit rechten Dingen zugehen«, sagte vor ihr ein Mann zu seinen Begleiterinnen. »Entweder sind sie in Wahrheit alle zu Scharfschützen ausgebildet, oder Rohre und Kugeln sind verhext. Diesem Wenden wäre es zuzutrauen, dass er vom Teufel erfahren hat, wie man Freikugeln
gießt. Man sieht doch von Weitem, dass es mit dem nicht geheuer ist.«
Während die erste junge Frau ihm mit großen Augen fasziniert lauschte, gluckste die zweite belustigt. »Kauf dir doch einfach selbst so eine Zauberbüchse von ihm. Vielleicht triffst du dann auch mal. Und wenn nicht, dann hat halt der Zauber versagt, und nicht du.« Sie lachte, und auch die erste Frau kicherte nun.
»Glaubst du, das stimmt?«, fragte Liebhild Susanne flüsternd.
Sie schüttelte den Kopf. »Ach was. Du weißt doch, wie geschickt Till ist. Warum sollte er nicht gut schießen können? Vater kann es schließlich auch.«
Jan hatte seine Waffe abgegeben und unterhielt sich mit zwei Herren. Till und der andere Schütze luden ihre Pistolen. Ihr Bruder legte bei den nötigen Handgriffen eine Geschmeidigkeit an den Tag, die Susanne entgegen ihren eigenen Worten staunen ließ. Wie viel Zeit hatte Till mit der Handhabung von Feuerwaffen verbracht? Er hatte doch nicht einmal Interesse daran gezeigt, wie Martin und ihr Vater in die Schützengesellschaft aufgenommen zu werden. Eine weitere Eigenwilligkeit von ihm, die ihren Vater ein ganzes Jahr lang geärgert hatte, bevor er seine Erwartung aufgab.
Ihr Bruder zielte und traf abermals, ebenso wie der Mann neben ihm. Sie schienen nicht aufhören zu wollen. Jan dagegen verabschiedete sich. Kurz verlor Susanne ihn zwischen den Grüppchen von Zuschauern aus den Augen, bevor sie merkte, dass er auf sie zukam. Ihr Herzschlag stolperte. Er musste sie gesehen haben. Doch er näherte sich nicht, sondern bahnte sich bloß zielstrebig seinen Weg in Richtung der Bierbuden.
Susanne brachte es nicht fertig, sich zu rühren. Endlich blickte er doch noch auf. Kaum merklich stockte sein Schritt, dann grüßte er mit einem Nicken, das nicht mehr war als höflich, und ging weiter. Kein Lächeln, keine warme Geste. Kein Erkennen über das Notwendigste hinaus. Was hatte sie erwartet? So war es doch vernünftig. Dennoch schmerzte es. Auf einmal hatte sie wieder den Wunsch, das Fest zu verlassen und nach Hause zu gehen.
»Wird Till auch auf den Papagoy schießen?«, fragte Liebhild.
»Ja. Er sagte, Herr Spornmaker leiht ihm dazu eine Büchse.«
»Da ist Lenhardt«, sagte Regine, lächelte froh und winkte.
Ebenfalls winkend kam Lenhardt heran. »Ich habe euch gesucht. Susanne, komm, die Musik fängt an. Wir tanzen einen kleinen Warmmacher, bevor das Papagoyenschießen eröffnet wird.«
Obwohl Susanne sich anfänglich nur mühsam zwingen konnte zu lächeln, verflog ihre Schwermut beim Tanz. Lenhardt war ein gewandter Tänzer und konnte ihre Unsicherheiten überspielen. Außerdem war seine gute Laune ansteckend. Nach einer Weile scherzte und lachte sie mit ihm, als wäre sie tatsächlich unbeschwert. Auch konnte sie sich nicht
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