Salz und Asche - Roman
Auseinandersetzung mit Till geendet hatte. Er stürzte sich in die Aufgaben, die seine großen Pläne für die Böttcherei mit sich brachten, und schwärmte von der prachtvollen Doppelhochzeit, die man bald feiern würde. Susanne sah ihn nur noch zu den Mahlzeiten, denn er verbrachte viele Stunden auf den Werkhöfen in der Böttcherstraße, die in Zukunft zu »Büttner und Lossius« gehören sollten.
Besonders an den Abenden bemerkte sie, wie sehr ihn sein großes Unternehmen bereits erschöpfte. Er wirkte so wenig gesund wie Regine. Martin dagegen war guter Dinge. Er verbrachte die Abende oft bei Marquarts und ärgerte Susanne beim nächsten Frühstück unbeabsichtigt damit, dass er weit zu oft Dorotheas Ansichten zitierte. Ansichten, von denen sie zunehmend bemerkte, dass sie sie nicht teilen konnte. So musste sie nicht einmal viel Zeit mit ihrer zukünftigen Schwägerin verbringen, um erleichtert zu sein, dass sie nicht mit ihr zusammen leben und wirtschaften würde. Wenn Dorothea einzog, würden ihre eigenen beiden Truhen bereits in Lossius’ Haus geschafft worden sein. Besonders gut gefüllt waren sie nicht. Seit dem Tod ihrer Mutter hatte niemand ihrer Aussteuer etwas hinzugefügt. Regines und ihre eigene Hochzeitstruhe waren gerade einmal halb mit Hanf, Leinen, Wollstoff und etwas Spitze gefüllt. Die liebevoll gefertigten und verzierten Festtagshauben, Schmucktücher und Taufkleidchen, die andere Mädchen
darin hüteten, fehlten ganz. Weder Susanne noch ihre Mutter hatten je die Muße gehabt, solche Dinge auf Vorrat herzustellen. Großmütter oder Tanten, die dabei hätten helfen können, hatten sie nicht gekannt, denn bis auf Lenes Mutter waren sie alle an der Pest gestorben. Und Lenes Mutter war nur angeheiratet und hatte mit ihrem eigenen Leben zu tun.
Susanne nahm an, dass es in dem reichen Haus, in das sie einziehen würde, keinen großen Unterschied ergab. Ein Taufkleidchen, das sie zusammen mit ihrer Mutter bestickt hätte, wäre womöglich für die Familie Lossius nicht prachtvoll genug gewesen. Außerdem hatte es ihr den Atem verschlagen, als ihr Vater zum ersten Mal die Höhe ihrer Mitgift genannt hatte. Sie hatte nicht glauben können, dass er eine solche Summe ohne Schwierigkeiten aufbrachte, obwohl doch auch der Ausbau der Böttcherei vorerst hohe Kosten verursachte. Er hatte eingestanden, dass er alles knapp kalkuliert hatte. Andererseits war er überzeugt, auf seinen guten Namen jederzeit Geld leihen zu können, wenn es einmal vorübergehend zu eng werden sollte. Schließlich würden sich auch die Herren Lossius bei dem gemeinsamen Geschäft nicht lumpen lassen und gewiss einspringen.
Die Aussicht, Lenhardts Frau zu werden, machte Susanne bei alldem am wenigsten Sorgen. Er war ein vollendeter Freier. Nie erschien er ohne eine Gabe, und nie vergaß er, auch Regine und Liebhild zu beschenken. Er war unterhaltsam, hatte stets etwas Neues zu erzählen und einen Vorschlag zur Hand, wie man den nächsten Sonntag besonders vergnüglich verbringen konnte.
Lenhardt war es auch, der ihnen Nachricht vom brandenburgischen Heer zutrug. Der schwedische König Karl
Gustav, der Warschau und Krakau besetzt hielt, bat Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg als seinen Verbündeten um Unterstützung gegen den polnischen König Johann Kasimir. Man hielt es für gewiss, dass der Kurfürst sein Heer aufbieten würde, denn er war den Schweden verpflichtet.
Susanne hatte das ungute Gefühl, dass ihr Bruder auf dem Weg in den Strudel dieses Krieges war, auch wenn er nicht offenbart hatte, wohin er wollte. Sie drehte abends in ihrer Kammer die Musketenkugel zwischen den Fingern und wünschte ihm Glück.
Eine ebenso erschreckende Nachricht war die Flucht des Roten Berthold aus dem Turm. In der Hoffnung, ihn rasch wieder einzufangen, hatte der Rat diese Schande zuerst verschwiegen. Erst als deutlich wurde, dass man seiner nicht wieder habhaft werden konnte, wurde die Warnung vor dem Entflohenen an den Bekanntmachungstafeln angeschlagen und ausgerufen.
Die Vorstellung, dass der brutale Verbrecher sich in den dunklen Winkeln der Stadt herumdrückte und auf Rache sann, raubte Susanne mehr als nur eine Stunde Schlaf. Es kam ihr nicht unwahrscheinlich vor, dass Berthold sie mit seiner Verhaftung in Verbindung brachte. Wer wusste schon, wie viel Gisel oder ihre Tochter ihm von ihrem Gespräch berichtet hatten. Da sie allerdings auf Geheiß ihres Vaters ohnehin abends nicht mehr ausgehen durfte, und auch tagsüber
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