Salz und Asche - Roman
verkniff sich das Lachen. »Ihr seid wie die Stare. Sitzt schon da und lauert, wenn die Kirschen kaum reif sind. Ihr müsst noch Geduld haben, es sind erst fünf.«
»Aber da ist so ein großer Stapel«, protestierte Liebhild.
Susanne antwortete, ohne den Blick vom heißen Waffeleisen zu lösen. »Ja. Aber die sind alle für mich.«
Ihre kleine Schwester stieß einen entrüsteten Schrei aus, der im Gelächter der Familie unterging.
Kurz darauf herrschte für eine Weile einträchtige Ruhe, als sie alle ihr Gebäck genossen. Liebhild brach das Schweigen als Erste. »Gibt es bei Lossius’ auch so was Gutes, wenn wir hingehen?«
Ihr Vater nickte. »Das könnte ich mir vorstellen. Immerhin wird auch der hohe Herr von Waldfels zu Gast sein. Da wird sich die Köchin schon anstrengen, damit sie etwas zu bieten hat, das an Suses Waffeln heranreicht.«
»Wer ist dieser von Waldfels? Ist er Händler, oder was für Geschäfte hat er in Lüneburg?«, fragte Till.
»Sein Vater hat im Krieg für den Kaiser einige Kompanien aufgestellt und angeführt. Er ist damit so reich geworden, dass dem Sohn heute ein ansehnlicher Teil von Brandenburg gehört. Soweit ich weiß, handelt er hier Holz gegen Salz, wie üblich.«
»Es heißt, die Gegend dort wäre vom Krieg verwüstet, und die Menschen wären alle vertrieben. Hat er dazu etwas gesagt? Wird sein Land beackert, oder fehlen ihm die Bauern?«
»Er ist dabei, alles wieder aufzubauen. Geradezu dankbar ist er dem Krieg, dass er nur wüstes Land hinterlassen hat. Nun könne man bessere Dörfer und Städte gründen, meint er. Als wäre es mit dem Gründen getan.«
»Ich könnte so eine bessere Stadt errichten. Man müsste mir nur die richtigen Menschen geben, die sie aufbauen und darin wohnen wollten.«
»Welche Stadt sollte besser sein als unsere, du großer Zungenheld? Woran hast du etwas auszusetzen?«
»Nun, zuerst einmal würde ich meine Häuser nicht auf lebendem Grund bauen, sodass mir jeder Kirchturm krumm gerät und mir meine guten Bürger womöglich mir nichts, dir nichts in einem Erdfall verschwinden. Dann würde ich dafür sorgen, dass frisches Wasser in jedes Haus fließt und alle Straßen ein Steinpflaster und Kanäle für das Dreckwasser haben. Alle Gassen und Plätze würden gefegt statt aufgeschüttet. Und im Dunkeln …«
»Ein Träumer bist du. So ein Aufwand muss bezahlt werden. Wir leben gut genug. Können froh sein, wenn es so bleibt. Lossius sagt, es wird mit dem Salzhandel bald wieder bergauf gehen.«
»Sagt das der alte oder junge Lossius?«
»Der alte Herr hat es gesagt, der junge wird es wohl auch glauben.«
Till lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Ich glaube nicht daran. Die goldene Zeit für das Lüneburger Salz ist vorbei. Du tust gut daran, wenn du dich beizeiten auf Bierfässer verlegst.«
»Wie kannst du so dummes Zeug daherreden, wenn wir gerade für ein ganzes Jahr Aufträge für Salztonnen von Lossius bekommen haben? Ich weiß nicht, an welchen Brunnen du das Geschwätz aufsammelst, aus dem du deine Ansichten machst, aber du solltest lieber auf die Männer hören, die etwas davon verstehen.«
Regine war immer unruhiger mit dem Finger auf dem Tisch herumgefahren, je schärfer der Ton ihres Vaters wurde. Nun stand sie mit fahrigen Bewegungen auf und ging zum Fenster. »Es regnet so. Ist Mutter noch draußen? Wird es Hochwasser geben? Können wir gehen und nachsehen? Suse, gehst du mit mir zum Fluss?«
Susanne stellte sich zu ihr und legte ihr einen Arm um die Taille. »Das gibt noch kein Hochwasser, Gine. Das ist nur ein bisschen Regen und kein Unwetter. Ich gehe mit dir bald wieder zum Fluss, aber nicht heute. Willst du nicht an deinem Schal weitersticken? Er wird so schön. Du kannst ihn beim Schützenfest tragen.«
Regine lächelte und sah sich suchend in der Küche um. Liebhild hob das Stickzeug hoch. »Hier, Gine.«
»Ich schieße dieses Jahr auch«, meldete Till sich wieder zu Wort. »Spornmaker hat eine neue Muskete, die er mir leihen wird. Das lange Rohr soll um ein Vielfaches besser treffen.«
»Was treibst du dich beim Spornmaker herum? Mit solchen
wendischen Gaunern sollst du dich nicht einlassen. Kauf von ihm, aber mach dich mit dem Dahergelaufenen nicht gemein.«
Till schüttelte den Kopf und konzentrierte seine Aufmerksamkeit scheinbar darauf, Liebhild mit einem ihrer Zöpfe im Ohr zu kitzeln. »Vater, wenn es nach dir geht, dann soll ich mich nur nach oben hin gemeinmachen. Und da muss
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