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Salzburger Totentanz

Salzburger Totentanz

Titel: Salzburger Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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sagte Hans und verschränkte die Arme.
    Michaela konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Ich rede natürlich nur von Hunden.«
    »Das will ich hoffen. Und du sagst, es fehlt nichts?«
    »Ganz genau weiß ich es natürlich nicht. Das Arbeitszimmer meines Vaters war total durchwühlt, aber auf den ersten Blick hat nichts gefehlt. Zumindest keine Wertsachen.« Sie knüllte die Serviette zusammen und warf sie auf den Tisch. »Könnte natürlich sein, dass da irgendwo unter dem ganzen Papierkram kostbare Handschriften waren oder alte Urkunden. Mein Vater hat mit mir ja nur wenig über seine Arbeit gesprochen. Wahrscheinlich hat er gemerkt, dass mich das nicht interessiert.« Michaela fuhr sich mit der Hand über die Augen. Der Gedanke an ihren Vater tat weh. Sie hatten immer zu wenig miteinander gesprochen.
    Ein nächtlicher Luftzug wehte aus dem Garten durch die Terrassentür, blähte die Vorhänge und brachte einen Hauch von Rosenduft mit.
    Hans räusperte sich. »Weil du es gerade erwähnst. Du hast nicht zufällig eine … äh, Zeichenmappe bei den Unterlagen deines Vaters gefunden? Vor dem Einbruch, meine ich?«
    »Eine Zeichenmappe?« Michaela versuchte, sich zu erinnern. Sie kannte nur die wertvollen Ölgemälde, die ihr Vater gesammelt und in dicken Goldrahmen im ganzen Haus ausgestellt hatte. »Du glaubst, Paps hatte irgendwelche wertvollen Zeichnungen?«
    Verblüfft sah sie, wie Hans errötete. Tiefergehende Gefühle kannte sie nicht von ihm. Für sie war er immer nur das Faktotum ihres Vaters, den sie seit Kindertagen kannte, der sie seit dieser Zeit »Michi« nennen durfte und der so nützlich und dabei so unaufdringlich war wie ein altvertrautes Möbelstück.
    »Das wollte ich damit natürlich nicht sagen.« Hans schien sich innerlich zu winden. »Die … die Zeichnungen, äh, nun ja … sie sind von mir. Dein Vater wollte einen Blick darauf werfen und …« Er brach ab.
    »Ja?«
    »Also, die Blätter sind in einer blauen Mappe mit roten Bändern, und wenn du sie zufällig finden solltest, wäre ich dir dankbar, wenn ich sie zurückhaben könnte.«
    Michaela lächelte über seine wohlgesetzte Rede. »Ich wusste gar nicht, dass du zeichnest.«
    »Eigentlich sind es nur Skizzen. Für ein Triptychon in Öl.«
    »Aha. Dann malst du also?« Michaela streichelte den Hund.
    »Ich … also, zurzeit arbeite ich zu Hause an einem ›Sensenmann‹. Ein Ölbild. Eine Allegorie auf …« Er verstummte.
    »Ist ja toll …«
    Hans brummelte ein paar Worte, die sie nicht verstand, aber ein Blick in sein rotes Gesicht genügte, und ihr war klar, dass er dieses Thema nicht weiter vertiefen wollte. Der Assistent ihres Vaters konnte verschlossen wie eine Auster sein und war ihr schon immer ein wenig merkwürdig vorgekommen. Aber vielleicht war es auch nur seine Schüchternheit. Michaela holte tief Luft und schlug sich mit den Händen auf die Knie.
    »Sollte ich mir nicht die Post ansehen?«, sagte sie. »Wenn du schon so nett warst und dir extra den Weg gemacht hast.« Sie griff nach dem ersten Brief, der neben dem Meißner Teller lag. Rot und schwarz stach ihr das Maskenlogo des Festspielbüros ins Auge. Warum hatte sich ihr Vater der Bestellprozedur ausgesetzt und im Januar Karten für August bestellt? Er war öfter zu Vorstellungen eingeladen gewesen, als ihm lieb war. Michaela fischte zwei Karten aus dem Umschlag.
    »›La Traviata‹«, murmelte sie. »Ach so.« Die Oper war mindestens fünffach überbucht. Aber der Herr Professor hatte natürlich Karten bekommen. Für wen wohl die zweite Karte gedacht war? Seit Ewigkeiten hatte sie mit ihrem Vater keine Festspielaufführung mehr besucht. Sie schaute zu Hans hinüber, der ziemlich schief auf dem Sofa hing und das verletzte Bein von sich streckte. »Willst du vielleicht die Opernkarten? Die Vorstellung ist sicher seit Monaten ausverkauft.«
    Hans schüttelte schnell den Kopf.
    »Dann eben nicht. Das hier ist vom Magistrat.« Der Umschlag war dünn, weiß und mit dem Stadtwappen versehen. Sie warf das Kuvert ungeöffnet zurück auf den Tisch und griff nach dem sachlich aussehenden Brief, der noch auf dem Tisch lag. »Und der hier ist von Dr. Monk. War das alles?«
    »Zumindest alles, was mir wichtig schien«, sagte Bosch. Er deutete auf das Anwaltsschreiben in Michaelas Händen. »Dein Vater hatte vor, sein Vermögen in eine Stiftung einzubringen. Wusstest du davon?«
    »Von der Stiftung? Ja, klar.« Michaela fächelte sich mit dem Umschlag Luft zu. Das Thema hatte

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