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Salzburger Totentanz

Salzburger Totentanz

Titel: Salzburger Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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seit Monaten zwischen ihnen gestanden. »Paps hat ja zuletzt von nichts anderem mehr gesprochen. Findest du es heute Abend nicht sehr drückend?«
    »Ja, sicher. Und?« Hans versuchte, sich aufzusetzen.
    »Was und? Ach so. Du wirst verstehen, dass ich nicht sonderlich begeistert von seiner Idee war.«
    »Nicht?«
    »Natürlich nicht!« Michaela warf den Brief mit Schwung zu den anderen auf den Tisch. »Sinn und Zweck dieser Stiftung war … lass mich nachdenken … genau: die Förderung von Nachwuchskünstlern. Als wenn es nicht schon genug von diesen malenden Spinnern gäbe.«
    Hans schluckte.
    »Aber nun ist ja zum Glück nichts draus geworden«, fuhr Michaela fort und versuchte, nicht allzu erleichtert zu wirken. Sie konnte sich aber nicht verkneifen, hinzuzusetzen: »Jetzt bin ich die Alleinerbin. So steht es im Gesetz. Und weißt du, wen das besonders ärgern wird?«
    Hans rieb sich das verletzte Bein. »Nein. Wen denn?«
    »Diesen Wüsthofen.«
    »Wen?«
    »Na, den Kerl mit der Stiftung.«
    »Ach so.«
    »Konsul Heinrich Wüsthofen.«
    »Konsul?«
    »Nicht, was du denkst! Der gute Mann ist nur Honorarkonsul.« Michaela grinste. Nichts charakterisierte diesen Möchtegern besser als so ein Schmalspurtitel. »Und den kennst du nicht? Heinrich Wüsthofen, diesen, äh, deutschen Bauunternehmer. Der steht doch ständig in der Zeitung.«
    »Ich lese den Wirtschaftsteil eigentlich nie.«
    »Nix Wirtschaft – Klatschseite! Bei jedem angesagten gesellschaftlichen Ereignis und bei jedem größeren Baugeschäft ist er dabei. Und seine zweite Frau steht sowieso mit beiden Beinen fest im Gesellschaftsleben.« Dieser Typ Frau war Michaela so zuwider.
    Hans schob sich an der Sofalehne hoch und verlagerte vorsichtig das Gewicht von seinem Bein. Er nahm die Brille ab und drückte mit Daumen und Zeigefinger auf seine geschlossenen Augenlider. »Und der war ein Freund deines Vaters?«, fragte er leise.
    »Ja, leider. Eine Stiftung macht erst ab einer bestimmten Summe Sinn. Und so groß war das Vermögen von Paps dann auch nicht. Also hat er einen Kapitalgeber gebraucht.« Sie erinnerte sich noch gut an das Mittagessen, zu dem Wüsthofens verspätet erschienen waren, um dann ausführlich über irgendwelche Ausstellungen in London und New York zu reden. Paps hatte bald nicht mehr zugehört. Nur Matteo Tappeiner hatte immer genickt. Schließlich war die Kunststiftung zur Sprache gekommen.
    Hans räusperte sich. »Und dieser Wüsthofen – der war so ein Kapitalgeber?«
    » Der Kapitalgeber«, berichtigte sie ihn.
    »Warum wollte sich Wüsthofen überhaupt an so einer Stiftung beteiligen?«
    Die Frage hatte sich Michaela noch gar nicht gestellt. »Nur aus Geltungssucht, nehme ich an«, meinte sie leichthin. »Ich habe Wüsthofen nur ein einziges Mal hier bei uns gesehen. Er war mit seiner Frau zum Mittagessen da. Eine total ungebildete Person, wenn du mich fragst. Auch wenn ihr Gatte den großen Kunstkenner und Mäzen spielt. Sie haben ewig über die neue Kunststiftung geredet.« Michaela fiel auf, dass Hans in den letzten Minuten blasser geworden war. »Es war ziemlich langweilig. Meiner Meinung nach ist dieser Wüsthofen sowieso nur ein … stimmt was nicht?« Mit Sorge sah sie, dass sein Gesicht jede Farbe verloren hatte. »Du meine Güte, du bist ja ganz weiß! Geht’s dir nicht gut? Soll ich einen Arzt rufen?«
    Hans schüttelte den Kopf. »Geht schon.«
    Der Meinung war Michaela nun nicht. Die späte Stunde, der Hundebiss, ihr Gespräch … So wie Hans aussah, war ihm das alles zu viel geworden. Und offensichtlich bereitete ihm auch sein Bein Schmerzen.
    Er stützte sich mit einer Hand auf die Armlehne des Sofas und stand auf. »Ich muss nach Hause«, ächzte er. »Kannst du mir bitte ein Taxi rufen?«
    »Ja, natürlich. Wenn du meinst.«
    Schweigend warteten sie im Flur auf den Wagen. Michaela lehnte in der Eingangstür und hielt Ausschau. Bosch stand auf eine Biedermeierkommode gestützt und betrachtete das kleinformatige Ölbild, das darüberhing.
    »Holländischer Ursprung?«, fragte er.
    Michaela drehte sich um. »Keine Ahnung.« Sie mochte das düstere Bild nicht. »Woran sieht man das?«
    »An der Malweise und der Darstellungsart.« Hans ging mit dem Gesicht noch näher an die Leinwand. »Ziemlich wertvoll.«
    »Ach ja?« Michaelas Interesse war geweckt. »Wirklich?«
    Es war ein herbstliches Stillleben. Ein ockerfarbener Weidenkorb spiegelte sich in der schimmernden Tischplatte, auf der er nachlässig abgestellt worden

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