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Salzburger Totentanz

Salzburger Totentanz

Titel: Salzburger Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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Höllenvisionen?«
    Bosch spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. Die Zuschauer, die sich von ihm abgewandt hatten, um das Schaffen des Künstlers zu verfolgen, starrten ihn unverhohlen an. Bosch hätte sich verfluchen können, dass er nicht gleich nach dem Gespräch mit Morelli gegangen war.
    »Du malst?« , fragte Katharina.
    Warum musste Franz ihn hier so vorführen? Er hätte überhaupt nicht herkommen sollen. Bei dem Versuch, sich aus der peinlichen Situation zurückzuziehen, machte Bosch einen ungeschickten Schritt nach hinten und stieß gegen den Fuß eines jungen Mannes.
    »Hey, Sie«, zischte der. »Hier sind auch Kinder.« Er deutete auf die Prinzessin neben sich, die Bosch sofort die Zunge rausstreckte.
    Bosch stammelte eine ungeschickte Entschuldigung.
    Von seinem Podium herab verfolgte Schwarzenberger den missglückten Fluchtversuch mit einem nachsichtigen Lächeln. Er hob den Pinsel mit den in blutroter Farbe getränkten Borsten.
    »Warum besuchst du mich nicht mal auf meinem Berg?«, rief er Bosch gut gelaunt zu. »Dann können wir in Ruhe in alten Zeiten schwelgen. Würde mich freuen. Echt!«
    Ohne Boschs Antwort abzuwarten, nahm er die Arbeit an der Staffelei wieder auf. Bosch hatte das Gefühl, alle Augen im Saal wären nur noch auf ihn gerichtet. Er wagte nicht, sich zu rühren. Tödlich verlegen starrte er auf das Ölbild. Die von Künstlerhand geführten roten Linien verdichteten sich und krochen kreuz und quer über die Leinwand. Er meinte, nach und nach einen von Flammen umzüngelten Hundekopf zu erkennen, der die bis dahin kraftvolle Ausstrahlung in eine aggressive, unheilvolle Spannung verwandelte.

NEUN
    Zuerst tauchte die verschwommene Silhouette des Hauses hinter den Regenschleiern auf. Das ausladende Dach, das auf einer Seite noch von einem runden Turm überragt wurde, verlieh dem Anwesen ein beeindruckendes Aussehen. Auf dem Kopfsteinpflaster des Vorplatzes standen ein kleiner grüner Sportwagen, auf dessen Verdeck Wassertropfen perlten, und ein verbeulter Kombi älteren Baujahrs.
    Hans Bosch blieb stehen und lauschte dem Tropfen des Regens auf seinem Schirm, während er langsam wieder zu Atem kam. Der Postbusfahrer, der ihn an der letzten Haltestelle vor Alpbühel abgesetzt hatte, war der Meinung gewesen, es wären nur zehn Minuten Fußmarsch hinauf, wobei er aber Boschs Kondition ziemlich überschätzt hatte. Hätte er doch nur ein Taxi genommen. Vom Aufstieg erhitzt, fröstelte Bosch in der schon herbstlichen Kühle des Berglandes. Er hatte das Gefühl, als kröche der feuchte Nebel, der zwischen den Lärchen um ihn hing, unter seine Kleider.
    Bosch ließ seinen Blick von dem grünen Sportwagen über die Fassade des in alpenländischem Stil erbauten Hauses schweifen. Dabei musste er unwillkürlich an Tappeiners Villa in Anif denken. Beeindruckte diese durch klare Linien und Harmonie, überwältigte Konsul Wüsthofens Landhaus durch pure Größe und eine Unmenge architektonischer Details. Der Regen rann in Rinnsalen über das bleigefasste Glas der Fenster, tropfte von den schwarz-weiß gestreiften Fensterläden und den aufwendig geschnitzten Balkonen, in deren überbordenden Blumenkästen Hunderte bunter Geranien ihre wasserschweren Köpfe hängen ließen. Marmorstufen führten zu einer Eingangstür von der Größe eines Schlosstors hinauf. Kopfschüttelnd schaute Bosch hoch zu der Wetterfahne auf dem alles überragenden Turm, die vor dem Grau des Himmels golden schimmerte.
    Der Nieselregen sprühte ihm ins Gesicht, sodass er rasch die Augen zusammenkniff und den Kragen seines Regenmantels hochschlug. Dabei war ihm die Bewegung hinter einem der bleiverglasten Fenster im Erdgeschoss des Hauses nicht entgangen. Er war wieder einmal zu spät, aber sein Erscheinen in Alpbühel war ihm ohnehin unangenehm. Er konnte nur hoffen, dass Katharina wusste, was sie da tat.
    Bosch fasste seine Aktentasche fester und schritt auf die einschüchternde Eingangstür zu. Noch ehe er das Vordach erreicht hatte, wurde sie auch schon von einer stämmigen Frau geöffnet. Sie trug einen Wildlederrock und eine weiße Bluse mit Hirschhornknöpfen und musterte ihn aus wässrig blauen Augen.
    »Grüß Gott, mein Name ist Bosch, ich …«
    »Tach, Herr Doktor«, begrüßte ihn die Frau mit hanseatischem Akzent. »Da sind Sie ja endlich. Sie werden schon erwartet. So ein Schietwetter aber auch, was? Nu kommen Sie man rein und geben Ihren Mantel her. Die Herrschaften von der Zeitung sind schon ‘ne ganze

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