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Salzburger Totentanz

Salzburger Totentanz

Titel: Salzburger Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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Nachricht schicken?«, fragte Bosch. »Und vor allem – wer?«
    »Woher soll ich das denn wissen?« Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Wenn es keine Besprechung im Wirtshaus war, dann sicher einer dieser blöden Studentenstreiche. Da steht’s ja: ein Freund ! Das sagt doch alles! Am Faschingsdienstag hat mal jemand als Fliegenpilz verkleidet vor unserem Haus Spottlieder gesungen. Paps war stinksauer.«
    Bosch faltete den Prospekt zusammen. »Das ist kein Studentenstreich«, sagte er.
    Michaela hob die Brauen. »Sondern?«
    »Ich glaube, dein Vater ist erpresst worden.«
    »Spinnst du jetzt komplett?« Sie wollte nach dem Prospekt greifen, doch Bosch steckte ihn schnell in seine Jackentasche. »Los, gib her«, sagte sie laut.
    »Den brauch ich noch«, sagte er. »Andere Frage …«
    Michaela verdrehte die Augen. »Hoffentlich.«
    »Dein Vater war doch ein Freund von Konsul Wüsthofen.«
    »Na ja, Geschäftspartner würde ich sagen.«
    »Wurde in irgendeinem Zusammenhang mal eine Madonna erwähnt? Ein ganz seltenes Stück. Vielleicht sogar von Michael Pacher.«
    »Von Michael Pacher?«, rief Michaela. »Sag mal, Hans, was soll denn dieser ganze Schwachsinn von wegen Pacher und einer Madonna und diesem blöden Werbeprospekt?«
    »Erpresserbrief«, sagte Bosch. Auch wenn Michaela nicht hören wollte, dass ihr Vater Opfer eines Erpressers gewesen sein könnte, je mehr er selbst darüber nachdachte, umso überzeugter war er. Er seufzte. »Ich hatte gehofft, du könntest mir mehr dazu sagen.«
    »Nein, kann ich nicht«, sagte Michaela schroff und stand auf. »Ein für allemal – die Arbeit meines Vaters hat mich nie interessiert.« Sie schob die Hände in die Hosentaschen ihrer verblichenen Jeans und deutete mit dem Kopf auf den Prospekt. »Es steht ja nicht mal ein vollständiges Datum drauf. Also, entweder ist er zu diesem Treffen gegangen oder nicht. In jedem Fall kann es nicht so wichtig gewesen sein, sonst hätte er mir ja davon erzählt, oder?«
    »Glaubst du?« Bosch bemerkte ein Flackern in Michaelas Blick.
    Rasch sagte sie: »Jetzt muss ich aber wirklich los. Achilles sitzt schon den ganzen Morgen zu Hause und muss sicher dringend raus. Vielleicht sieht man sich ja mal …« Sie hob die Hand zu einem flüchtigen Abschiedsgruß, drehte sich um und war auch schon zwischen den Grabkreuzen verschwunden.
    Nachdenklich schaute Bosch ihr hinterher. Warum wehrte Michi jedes Gespräch über ihren Vater ab? Wollte sie einfach mit der Vergangenheit nichts mehr zu tun haben? Oder versuchte sie, etwas zu verbergen? Auf der Beerdigung hatte sie mit einem schwarzen Schleier über dem Haar in der Hitze ausgeharrt und den Zug der Trauergäste mit unbewegter Miene an sich vorüberziehen lassen. Viele hatten sie für ihre Disziplin bewundert. Und als die ersten Erdbrocken auf den Sarg im Grab gepoltert waren, da hatte Bosch mit den Tränen gekämpft und sie um ihre Fassung beneidet. Jetzt überlegte er, ob es vielleicht einen anderen Grund für ihre beherrschte Haltung gab.
    An der Beisetzung von Matteo Tappeiner auf dem Kommunalfriedhof hatte Bosch natürlich nicht teilgenommen. Aber er hatte ein Bild in der Zeitung gesehen. In der ersten Reihe der Trauergäste stand Franz Schwarzenberger, mit schmerzerfüllter Miene und einer langstieligen weißen Rose in der Künstlerhand. Für ein gutes Pressefoto tat Franz einfach alles, aber das war selbst für seine Verhältnisse dick aufgetragen. Bosch hatte sich eigentlich darüber gewundert.
    Er breitete die Arme über die Rückenlehne der Bank, legte den Kopf in den Nacken und schaute in das wolkenlose Blau. »Der Himmel lächelt still herab«, deklamierte er die zweite Strophe von Trakls Gedicht über den St.-Peter-Friedhof. »In diesem traumverschlossenen Garten, wo stille Pilger seiner warten, es wacht das Kreuz auf jedem Grab.«
    Ein Tippen auf der Schulter riss ihn aus seinen Gedanken. Fünf lächelnde Japaner standen vor ihm, und einer hielt ihm seine Kamera entgegen. Bosch zwinkerte mit den Augen und griff danach. Die Touristen auf dem Friedhof waren weniger geworden. Die ersten Festspielaufführungen begannen in knapp zwei Stunden. Bosch machte schnell ein Foto und gab die Kamera ihrem Eigentümer zurück. Er achtete nicht auf die Dankesworte der Japaner, sondern klemmte sich seine Zeichenmappe unter den Arm und ging in Richtung Ausgang. Wenn der Abend kam, dann kehrten die Lebenden in ihre Welt zurück und der Friedhof gehörte wieder den Toten unter ihren

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