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Salzburger Totentanz

Salzburger Totentanz

Titel: Salzburger Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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Wüsthofen was?«
    Franz hob den Kopf. »Heinrich Wüsthofen?«, fragte er und schwieg dann abrupt. »Natürlich«, sagte er schließlich zögernd. »Das ist einer unserer besten Sammler. Zuletzt hat er meinen ›Gefallenen Engel‹ gekauft. Rot-blau auf gelbem Grund, Öl auf Leinwand, zwei mal drei Meter …«
    »Schön für dich«, unterbrach ihn Bosch.
    Franz verstummte.
    »Ich war vor ein paar Tagen bei ihm«, fuhr Bosch fort.
    »Du? Du warst bei Wüsthofen ?«
    Franz’ ungläubiger Tonfall machte Bosch angriffslustig. »In seinem Landhaus«, präzisierte er mit einer gewissen Genugtuung. »Zusammen mit Katharina Morstein.«
    »Was? Der Morstein.« Franz starrte ihn an. Seine Mundwinkel zuckten, doch das Lachen gelang ihm nicht richtig. »Ist das nicht die Klatschtante?«
    »Äh … ja«, antwortete Bosch. Er wusste, dass Franz viel für einen guten Artikel aus Katharinas Feder geben würde.
    »Wusste gar nicht, dass du solche Bekanntschaften pflegst«, sagte Franz ein wenig zu gleichgültig. »Und? War’s nett? Heini hat ja eine tolle Köchin in Alpbühel. Ich sage nur, Eierschwammerl mit Knödel.«
    »Ich war nicht zum Essen dort«, sagte Bosch. »Ich sollte mir Wüsthofens Kunstsammlung ansehen. Er hatte mich persönlich darum gebeten.« Er wunderte sich selbst, wie leicht ihm die Lüge über die Lippen kam, und schämte sich ein wenig dafür. Doch ein Blick in Franz verwirrtes Gesicht hob seine Stimmung.
    »Ach«, sagte Franz kühl. »Hat er das?«
    »Hat er.« Bosch nickte.
    »Hübsche Sammlung, was?« Franz spitzte die Lippen, als wollte er pfeifen.
    Wieder nickte Bosch.
    »Er hat einige meiner größeren Werke erstanden.«
    »Also, ich hab kein Bild von dir gesehen«, sagte Bosch. »Dafür aber eine Madonna, gotisch angeblich, ein Stück von Pacher.«
    Franz kniff die Augen zusammen.
    »Sie ist eine Fälschung«, fuhr Bosch fort.
    Franz schaute ihn aufmerksam an. Dann sagte er ruhig: »Unsinn. Wüsthofen ist ein alter Hase. Der kauft keinen Ramsch.«
    »Von Ramsch habe ich nichts gesagt«, meinte Bosch. »Die Statue ist erstaunlich gut gemacht. Ein richtiges Kunstwerk. Nur eben kein altes.«
    Franz starrte ihn weiter an. Dann lachte er. »Das ist ja ein Ding. Wie hat Heini die ›gute Nachricht‹ denn aufgenommen?«
    Bosch zögerte einen Moment. »Er weiß es nicht«, sagte er dann.
    Franz schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Sehr gescheit, Hieronimo. In solche Sachen sollte man sich möglichst nicht einmischen.«
    »Glaubst du?«, fragte Bosch. »Auch wenn … na ja, wenn jemand Bekanntes darin verwickelt ist?«
    »Wie meinst du das?«, fragte Franz schroff.
    Bosch schluckte. »Wüsthofen hat die Madonna von Tappeiner. Ausgewiesen als gotisches Original.«
    »Quatsch«, sagte Franz mit unbewegter Miene. »Woher willst du das wissen?«
    »Na, von Wüsthofen«, antwortete Bosch. »Er hat es mir selbst gesagt.«
    Franz schaute in den Abendhimmel, dessen lavendelblaue Farbe langsam einem fahlen Grau wich, vor dem sich die Silhouette der Festung auf dem Mönchsberg abhob. Die Sekunden dehnten sich zu Minuten. Bosch hätte das Schweigen beinahe gebrochen, da wandte sich Franz ihm wieder zu. Sein Gesicht war im schwindenden Licht kaum noch zu erkennen.
    »Wenn Matteo von der Fälschung wusste«, sagte er langsam. »Dann habe möglicherweise auch ich ein Problem.«
    »Du?« Bosch schaute ihn fragend an, und Franz nickte mehrmals.
    »Ich habe nämlich selbst einen alten Heiligen …«
    »Du?«, fragte Bosch noch einmal. »Auch von …?«
    »Von Matteo, ja.« Er wirkte ernst. »Komm, ich zeig ihn dir.«
    Der Heilige befand sich im Wohnzimmer auf einem Beistelltisch, direkt neben einer roten Marmorsäule, die das alte Kreuzgewölbe des Bauernhauses abstützte. Bosch erkannte schon auf den ersten Blick die eindrucksvolle Arbeit. Das letzte Mal hatte er ein vergleichbares Werk in einer kleinen Dorfkirche in der Nähe von Brixen gesehen. Diese Figur war knapp einen Meter hoch, saß auf einem Kissen und hielt in der einen Hand ein aufgeschlagenes Buch, in der anderen einen gekrümmten Bischofsstab. Ihr bräunliches Gesicht unter der Mitra wirkte fast archaisch in seiner Schlichtheit, aber ihr üppiges, ganz mit Blattgold gedecktes Gewand schimmerte matt im unzureichenden Licht der Lampe, die Franz eingeschaltet hatte.
    »Südtirol«, sagte Bosch.
    Franz zuckte die Schultern. »Keine Ahnung.«
    »Wer ist es? Nein, warte …« Bosch betrachtete die Figur von allen Seiten. »Ein Heiliger im bischöflichen

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