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Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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war gegen den nassen Stein gepreßt. Seine Hände bluteten von einer Unmenge kleiner Schürfwunden. Er mußte sich zügeln. Zu viel hing von ihm ab, als daß er sich erlauben konnte, aus Torheit bei einem dreisten Abenteuer umzukommen.
    Gerne hätte er geflucht. Die Wunden an seinen Händen schmerzten, und Dreck und Wasser brannten darin. Sein Schuhwerk nahm seinen Füßen das Gefühl, und er spürte die kleinen Felsvorsprünge, auf denen er balancierte, kaum. Er rutschte immer wieder ab. Was für eine blöde Idee. Er hätte auf dem Pfad bleiben sollen. Er hätte sich zu Hardenburg gesellen und seine Neugier als Grund angeben sollen. Oder die Gefangenen ignorieren. Sie gingen ihn nichts an. Delacroix hätte an seiner Stelle moralische Skrupel verdrängt, um sich irgendwann an langweiligen Winterabenden damit zu beschäftigen.
    Oder auch nicht, und es war auch egal – Asko war nicht Delacroix. Er war ihm nicht ähnlich und wollte es nicht sein.
    Seine Finger hatten den Vorsprung erreicht, und er zog sich vorsichtig hoch, griff erst mit der einen, dann mit der anderen Hand nach der Kante. Dann schwang er sein linkes Bein nach oben – und rutschte. Die Bewegung war zu ausladend gewesen, der Schwung schlecht berechnet. Seine Finger schrammten über den nassen, scharfen Stein, und er zischte vor Schmerz. Der Großteil seines Körpers hing noch immer frei unterhalb des Vorsprungs. Er fiel.
    Er fiel nicht. Vielleicht waren es seine überbeanspruchten Sinne, seine Gefahrenreflexe, die ihn unwissentlich das Richtige tun ließen, oder er hatte einfach nur die Gefahr überschätzt. Plötzlich fand er sich sicher auf dem schmalen Sims liegend wieder. Einen Augenblick lang war es ihm vorgekommen, als habe der Berg selbst sich gestreckt, um ihn zu halten und vor dem Fall zu schützen. Ein beklemmendes Gefühl beschlich ihn, fast eine religiöse Erkenntnis. Ein Wunder.
    Danke, betete er und war nicht ganz sicher, an wen er diese Dankbarkeit richten sollte. Doch die Sicherheit stellte sich sofort ein. Er war Katholik. Das „Wer“ konnte keine Frage sein. „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, von welchen mir Hilfe kommet“, betete er still. „Meine Hilfe kommt vom Herren, der Himmel und Erde gemacht hat. Er wird dein Fuß nicht gleiten lassen, und der dich behütet, schläft nicht.“ Er würde eine Kerze stiften. Viele Kerzen. Dennoch hatte er für einen Moment nicht gewußt, woher die Hilfe gekommen war. Er schalt sich ob seines schwachen Glaubens. In einer solchen Lage waren Zweifel Gotteslästerung.
    Er hatte den Vorsprung erreicht und war zunächst sicher. Er richtete sich auf die Knie auf und schob alle Gedanken an spirituelle Mysterien beiseite. Vorsichtig kroch er in Richtung Zelle, ertastete den Weg mit den Händen, da kein Licht bis nach oben drang. Die Stimmen kamen näher.
    „Ich kann verstehen, Mr. Fairchild“, höre er die Stimme Hardenburgs, „daß Sie nach dem vermißten Jungen suchen, obwohl Sie selbst wohl wissen, daß das vier Wochen nach seinem Verschwinden aussichtslos ist. Was mich jedoch am Wahrheitsgehalt Ihrer Worte zweifeln läßt, ist die Tatsache, daß Sie Ihre Suche mitten in der Nacht, bewaffnet und mit einem Schutzamulett ausgestattet unternommen haben. Was um Himmels willen haben Sie denn erwartet?“
    Einen Augenblick war es still, dann erkannte Asko die tiefe Stimme seines ehemaligen Kampfgefährten.
    „Ich habe erwartet, den Jungen zu finden – wenn nicht lebend, dann seine Leiche. Seine Eltern müssen wissen, was ihm geschehen ist. Das Amulett trug ich auf Anraten der Einheimischen. Die Anwohner im Tal gaben mir zu verstehen, daß sie das Verschwinden zweier Menschen übernatürlichen Mächten anlasten. Wir waren nachts unterwegs, weil wir tagsüber keinen Erfolg hatten. Sowohl der Knabe als auch der Hauslehrer sind nachts verschwunden.“
    Eine weitere Stimme war zu hören.
    „Um Himmels Willen, lassen Sie uns doch gehen. Sie haben doch keinen Grund, uns hier festzuhalten. Ich bin Künstler, und ich versichere Ihnen, es gibt niemanden, der Ihnen für mich irgendein Lösegeld zahlt. Die Leute hier kenne ich überhaupt nicht. Ich habe sie gestern zum ersten Mal in meinem Leben gesehen, und obwohl ich ihnen wirklich dankbar bin, daß sie mich aus der Grube gerettet haben, in die ich gefallen war, kann ich nicht im Entferntesten begreifen, daß ihre Aktivitäten etwas mit mir zu tun haben sollen. Ich habe nichts damit zu schaffen. Also wollen Sie nicht bitte vernünftig sein? Ich

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