Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
rasch loslassen, ehe wir hier auffallen. Können Sie ihn schlafen schicken?“
Der hypnotisierte Mann tat einen Schritt nach vorne auf die Gitter zu, und Delacroix schlug ihn mit seiner großen, knochigen Faust ans Kinn. Der andere brach vor der Tür zusammen und schlug hart mit dem Kopf auf.
„Brutal, aber effektiv“, kommentiere McMullen trocken und konzentrierte sich darauf, all die arkane Energie wieder in sich zu verschließen, damit sie nicht entdeckt würde. Dann blickte er den anderen reglos daliegenden Körper kritisch an. „Guter Wurf. Die Ehe hat Sie nichts von Ihrer Finesse vergessen lassen.“
Der Hüne grinste; seine gelben Augen funkelten in der Dunkelheit.
„Ich halte mich fit, und meine Frau auch. Können Sie den Bann vom Schloß nehmen?“
McMullen betrachtete es unschlüssig.
„Ich weiß nicht“, entgegnete er. „Den Bann zu brechen ist leicht. Es zu tun, ohne den hiesigen Meister zu alarmieren, ist eine andere Geschichte. Wir sollten uns zuerst im Klaren sein, wie wir weiter vorgehen, damit wir bereit sind loszulegen, sollte ich mit dem Bannen seines Spruches meinen unheimlichen Kollegen auf den Plan rufen. Ich gebe es ungern zu, aber seine Macht übersteigt meine um einiges. Es ist eine Sache, einen Mann, dessen Weltbild ohnehin nicht allzu realistisch zu sein scheint, für eine kurze Zeit zu mesmerisieren, doch es ist etwas ganz anderes, einen aktiven Bann innerhalb des Einflußbereiches des Meisters, der ihn gewoben hat, anzugehen. So eine Berührung wird er vermutlich bemerken.“
Leutnant von Görenczy war nun auch an die Tür getreten und hielt sein Stück Brot dabei noch in der Hand.
„Asko?“ fragte er ins Dunkel. „Bist du das?“
„Ja, ich bin‘s. Ich bin auf einem Felssims über euch. Ich habe keine Ahnung, wie ich von hier zu euch gelangen soll.“
„Was ein Glück, daß du in der Nähe warst.“
„Wo hast du denn Delacroix und McMullen aufgelesen und was um Himmels Willen tun sie hier? Das hier geht sie nichts an.“
Die Stimme aus dem Dunkel klang ungehalten.
„Ich weiß nicht. Sie haben mich aus einer Grube gezogen, in die ich gefallen war. Ohne sie wäre ich krepiert.“ Udolfs Stimme gab nichts von seiner Angst Preis und klang auch nicht mehr energielos. Er war kein Mann, der sich mit bereits Geschehenem lange aufhielt. In der Krise blickte er nach vorn, nicht zurück, und focht einfach weiter – der perfekte Krieger. Ob sein Talent als Geheimagent gleich hoch war, würde sich weisen.
„Sie sollten nicht hier sein.“
„Also weißt du, ich war ziemlich froh, daß sie gerade mal vorbeigekommen sind.“ Er biß noch einmal von seinem Brot ab und kaute sorgsam. Das ließ seine Aussprache etwas undeutlich werden und war zudem nicht besonders höflich. „In einer Höhle an Kälte und Hunger zu krepieren ist kein Spaß, das versichere ich dir. Kannst es gerne ausprobieren.“
Udolfs Schnurrbartenden bebten empört, und sein Freund in der Dunkelheit antwortete nicht gleich, als müßte er die letzte Aussage irgendwie verdauen.
„Ist das von Orven?“ fragte McMullen.
Udolf nickte.
„Was tut er hier?“ fragte Delacroix.
„Also …“ hub der Chevauleger-Offizier an und wußte dann offenbar nicht, was er sagen sollte.
„Sie sind auf einer geheimen Mission – augenscheinlich“, fuhr Delacroix fort. „Ich verstehe Ihre Zurückhaltung zwei Ausländern gegenüber. Aber wir sind nun schon einmal zusammen“, seine Stimme wurde leicht ungeduldig, „und es ist verdammt noch mal sinnvoller, uns zu vertrauen, als hier in dieser Zelle zu bleiben.“
Die Stimme Askos kam wieder von oben. Sie klang hart und ablehnend.
„Wir haben strikten Befehl, mit niemandem hierüber zu sprechen. Sie sollten das verstehen. Sie waren doch selbst in diesem Beruf. Oder sind es noch.“
„Ich bin es nicht mehr. Was wir sagten, ist wahr. McMullen sucht nach seinem Neffen Ian, der ihm einen wirren Brief voll unverständlichen Zeugs geschickt hat und dann auf Abenteuer ausgezogen ist und nie mehr zurückkam. Wissen Sie etwas über ihn? Oder seinen Hauslehrer? Der wird auch vermißt.“
Nach einer kleinen Pause konnte man von Orvens Stimme wieder vernehmen.
„Die Jäger haben einen jungen Mann aufgetan, der am Eingang der Höhle herumstrolchte. Das war vor einem Monat. Er ist ihnen entwischt und tiefer in die Höhlen entflohen. Sie haben ihn gejagt. Er ist in eine Kluft gestürzt, sehr tief. Sie haben ihn einfach liegen lassen. Er muß wohl gleich tot gewesen sein,
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