Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
Vom Netzwerk:
ihr Geheimnis preiszugeben, „Mrs. Fairchild ist vor einem halben Jahr fast ertrunken. Delacroix hat sie gerettet. Doch sie hat sich außerordentlich schnell davon erholt, nicht wahr, Corrisande?“
    Cérises Lächeln war voller geheimer Andeutungen und süßer Bosheit. Corrisande wußte, worauf sie anspielte. Im Morgengrauen hatte Philip sie mehr tot als lebendig in ihr Zimmer getragen. Sie war in seinen Armen wieder zum Leben erwacht, und noch ehe die Sonne ganz aufgegangen war – und bevor ein Priester ihren Eheschwur gesegnet hatte –, hatte sie sich ihm gegeben, ganz und gar und ohne einen Zweifel.
    Cérise wußte zuviel, und Marie-Jeannette auch, denn sie grinste ebenso anzüglich in sich hinein, dankenswerterweise ohne etwas zur Unterhaltung beizusteuern.
    „Im Traum habe ich ihn verloren“, fuhr Corrisande fort und lenkte das Gespräch zurück auf den Alptraum. „Zum zweiten Mal, und ich habe seinen ganzen Schmerz gefühlt, als er mich verlor.“ Hastig wischte sie sich eine neue Träne aus den Augen. „So viel Schmerz.“
    Sie war dankbar, daß ihr die ältere Reisegefährtin die Hand streichelte.
    „Versuchen Sie, sich nicht aufzuregen. Wenn man in anderen Umständen ist, träumt und fühlt man manches schon mal besonders intensiv. Als ich mein Kind erwartete, war ich empfindlich und sehr besorgt.“
    Cérise blickte die Frau überrascht an.
    „Sie haben ein ...“
    „Ich habe einen Sohn, Thorolf Maximilian. Er ist Anfang zwanzig. Derzeit studiert er Jus in Wien. Ich fürchte indes, daß er nicht in die Fußstapfen seines Vaters treten wird. Mein Mann war Jurist. Beamter. Unser Sohn ist eher ein Künstler. Er findet das Alltagsleben im Moment sehr langweilig.“ Frau Treynstern lächelte. „Ich hätte ihn strenger erziehen müssen. Doch es ist schwierig, einen Jungen ohne Vater aufzuziehen. Herr Treynstern ist leider viel zu früh verstorben.“
    „Das tut mir leid“, erwiderte Corrisande und merkte, daß Cérise plötzlich sehr unruhig war. Sie fragte sich, warum die Familiengeschichte ihrer Freundin die Sängerin so berührt hatte.
    Doch es war egal, und es gab keine Zeit mehr, darüber nachzugrübeln. Die Kutsche hielt.
    Corrisande sah aus dem Fenster. Im schwindenden Abendlicht konnte sie die gewundene Hauptstraße eines kleinen, doch keineswegs ärmlichen Ortes erkennen. Das Städtchen hatte nicht ganz die Eleganz Bad Ischls. Dennoch atmete es einen gewissen Wohlstand. Es war nett hier. Doch sie waren hier nicht richtig. Ian McMullens Brief war aus dem nächsten Tal gekommen.
    „Fahren Sie weiter nach Grundlsee!“ befahl Corrisande durchs Kutschenfenster. „Es ist noch nicht dunkel. Meinen Sie, wir schaffen das noch?“
    Der Mann brummte etwas. Es klang weder nett noch zustimmend. Doch die Kutsche wackelte und fuhr los.
    „Sind Sie sicher, daß wir das Richtige tun?“ fragte Cérise.
    „Nein“, entgegnete Corrisande. „Keineswegs.“

Kapitel 10
    Der Mond war noch nicht voll, und obwohl nur wenige Wolken das Sternenlicht verdeckten, war es doch bemerkenswert dunkel. Philip Fairchild, dessen Nachtsicht aus Gründen, über die er lieber nicht nachdachte, ungewöhnlich gut war, konnte noch die dunklen Bäume und die helleren Kalksteinfelsen ausmachen. Das winzige Gewässer hieß Kammersee und war der dritte See, den sie in ebenso vielen Tagen untersuchten. Das Wasser spiegelte den Nachthimmel wie eine blanke Silberplatte. Nur wo ein Wasserfall aus dem Fels brach und in den See stürzte, war die schimmernde Oberfläche bewegt.
    Es war erst Ende September, doch die Nacht war kalt. Er dachte sehnsüchtig an sein warmes Bett, an irgendein warmes Bett, das seine Frau zum Inhalt hätte, sehnte sich danach, sie in die Arme zu nehmen, ihren weichen, zarten Körper an seinem zu spüren. Er vermißte sie.
    Die dunkle Gestalt seines Freundes war gleich neben ihm, wie er verborgen im Unterholz hinter den hellgrauen Felsen. Sie warteten seit Sonnenuntergang, wohlversteckt zwar, aber vielleicht doch nicht zu übersehen. Sich hinter Büschen zu verstecken mochte sinnlos sein in einem Tal, das nur mit Booten zu erreichen war. Um hierher zu gelangen, hatten sie von den ansässigen Fischern Boote mieten müssen. Auf einem See konnte man ein Boot nicht verstecken.
    Es hatte keinen ganzen Tag erfordert, von Ischl ins Ausseer Land zu reiten. Die Landschaft war imposant. Hohe Berge säumten eine ganze Ansammlung tiefer, glitzernder Seen, deren Farben je nach Wetter und Tageszeit unterschiedlich wirkten,

Weitere Kostenlose Bücher