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Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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vielleicht würde sie ihn öffnen können.
    Sie nahm ihre Lampe und eine Schere und lief hinüber ins Ankleidezimmer. Sie wußte, an welcher Stelle die Tür verborgen war und fuhr mit der spitzen Schere daran entlang. Die Tapete zerriß mit einem trockenen Geräusch. Rauf, rüber, runter. Sie kratzte mit den Nägeln an der Tür, suchte nach den Konturen. Sie spürte, wo die Scharniere saßen, doch es gab keinen Griff, nur ein Loch im Holz. Ihre Finger hakten sich ein und zogen, aber die Tür war verschlossen, hatte sich jahrelang keinen Millimeter bewegt, nicht seit den Tagen ihres Großvaters, der das Schlößchen nach seinen Vorstellungen hatte umbauen lassen. Sie tastete am Holz entlang und spürte Nagelköpfe. Sie brauchte Werkzeug.
    Sie sah sich fieberhaft im Zimmer um und ergriff schließlich die Ofenzange aus Messing. Dazu nahm sie auch noch die kleine Schaufel von hinter dem Ofen. Sie setzte beide gegeneinander und versuchte, eine Art Hebelwirkung zu erzeugen. Weder das eine noch das andere Werkzeug war dazu geeignet. Sie rutschten immer wieder ab, und ein Fingernagel nach dem anderen brach und riß ein. Zweimal riß sie sich die Hand auf, und wieder hatte sie Blut an den Händen, diesmal ihr eigenes. Die Erinnerung an sein Blut auf ihrer Haut ließ sie nur umso verbissener an der Tür zerren.
    Sie stöhnte vor Ungeduld, zitterte vor Erschöpfung. Sie war keine schwache Frau, doch diese Arbeit lag außerhalb ihres Erfahrungshorizontes.
    Dann löste sich die Tür plötzlich ein Stück, sie klemmte ihre Finger zwischen Tür und Rahmen und lehnte sich rückwärts, wobei sie ihre Füße gegen die Wand stemmte und ihr eigenes Gewicht als Zugkraft zu Hilfe nahm. Beinahe fiel sie, als die Tür plötzlich knarrend aufschwang. Sie stand außer Atem vor der dunklen Türöffnung. Es roch modrig und nach Staub.
    Was nun? Sie wirbelte herum, zurück zum Waschtisch, säuberte ihre Hände. Sie zog eine Decke von ihrem Bett und Leinen aus ihrem Aussteuerschrank. Schnell war es für einen Verband in Streifen gerissen. Sie warf alles in ihr Körbchen. Dazu ein Fläschchen Wasser. Es war einmal Hustensaft darin gewesen, doch es war das einzige Gefäß, das sie finden konnte. Eine Schere noch, für den Verband und vielleicht auch als Waffe. Der Gedanke, jemanden mit einer Schere anzugreifen, war ihr unangenehm, und so versuchte sie, die Gefahr, gefaßt zu werden, ganz aus ihrem Geist zu verbannen.
    Sie nahm nur eine einzelne Kerze im Kerzenhalter sowie ein paar Streichhölzer mit und betete leise, die Kellertür möge nicht auch vernagelt und verschlossen sein. Wissen konnte sie es nicht. Sie mußte es versuchen.
    Im letzten Augenblick nahm sie noch die Kohlenschaufel, wickelte sie in ein Handtuch und legte sie auf den Korb. Dann begann sie ihren Abstieg.
    Die Treppe war viele Jahre lang nicht benutzt worden und war verstaubt und voller Spinnweben, die ihr ins Gesicht griffen oder in der Kerzenflamme kurz aufflammten und verbrannten. Sie hatte Angst, die offene Flamme könnte ein Feuer entfachen, doch die Flammen verschwanden immer nach wenigen Sekunden und halfen nicht einmal dabei, sich im Dunkeln zurechtzufinden.
    Ihr Herz blieb beinahe stehen, als sie an der Küche vorbeikam, die sich unterhalb des Ankleidezimmers befand. Die alte Tür war auch hier fest verschlossen, doch Charly vernahm Männerstimmen, nah und deutlich, und sie war sich sicher, daß die Geräusche, die sie machte, nicht minder klar vernehmlich waren.
    Kurz überlegte sie, ob sie lauschen sollte, doch sie entschied sich dagegen. Es war von größerer Dringlichkeit, dem Feyon zu helfen. Graf Arpad. Wenn sie ihm überhaupt helfen konnte. Wenn er noch lebte und sie zu ihm vordringen konnte, ohne daran gehindert zu werden. Sie huschte weiter.
    Auf den letzten Stufen stolperte sie fast, denn sie sah nicht, daß jemand dort Kisten gestapelt hatte. Sie raffte ihre Röcke mit einer Hand, während sie mit der anderen die Kerze hielt und versuchte, behutsam durch das Hindernis zu balancieren. Wenn man den Treppenaufgang in Kellerhöhe als Abstellplatz nutzte, lag es nahe, daß die Tür hier nicht vernagelt sein würde.
    Sie behielt recht. Vorsichtig öffnete sie die Tür und zuckte zusammen, als sie in den Scharnieren quietschte. Das Geräusch schien durch das ganze Haus zu gellen. Sie trat schnell ein und schloß die Tür hinter sich. Nun befand sie sich im Hauptgang des Kellers. Mehrere Türen führten in verschiedene Kelleräume und Abstellplätze. Sie hörte

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