Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
erkannt? Lassen Sie uns sofort durch!“
Der Mann stieg vom Pferd und salutierte neben dem Wagen.
„Durchlaucht“, sagte er – vorsichtigerweise. „Es tut mir sehr leid, daß ich Sie inkommodieren muß. Doch hier streicht ein Mörder in der Gegend herum, und man hat uns befohlen, jedes Gefährt zu überprüfen und die Reisenden zu warnen, daß er hier irgendwo sein mag – zusammen mit einer Frau zweifelhaften Charakters.“
Leutnant von Görenczy lehnte sich in die Schatten der Kutsche zurück, so weit er nur konnte. „Sie werden wohl kaum Frauen zweifelhaften Charakters oder Mörder auf der Flucht in der Kutsche Ihrer Majestät erwarten!“ schalt Gräfin Ferenczy.
„Selbstverständlich nicht, gnädige Frau. Doch Sie müssen immerhin wissen, daß solche Personen hier unterwegs sein mögen. Sie haben zwei Menschen getötet, und ein hoher Herr wird noch vermißt.“
„In der Tat“, gab die Gräfin herablassend zurück.
„In der Tat!“ wiederholte der junge Offizier in der Kutsche. „Und hier sind sie auch schon, genau mir gegenüber.“
Leutnant von Görenczy blickte in den Lauf einer geladenen Pistole. „Sehen Sie“, fuhr der junge Mann fort. „Mein Bruder hält es mit der Kaiserin. Aber ich denke, das Schicksal Österreichs hängt von seiner guten Bewaffnung ab, die unsere Feinde in Schach hält. Wir haben zu viele Schlachten verloren in letzter Zeit. Hände hoch!“
Kapitel 48
Die Gruppe hatte vor Gössl haltgemacht, und die Damen versteckten sich zusammen mit dem Jungen und dem blinden Vampir im lichten Wald. Dessen verschleiertes Gesicht hatte sich ganz plötzlich Asko zugewandt, als dieser an dem Wesen vorbeiging und noch bei sich dachte, wie allzu lächerlich der angeblich so großartige und wunderbare Feyon jetzt aussah. Sein Gang wirkte verkrampft, seinen Bewegungen fehlte die übliche katzenartige Grazie. Er bewegte sich wie jemand, der Schmerzen litt.
Asko freute sich nicht am Leiden seines Peinigers. Doch er verschwendete auch kein Mitleid an ihn. Schmerz war schlichtweg nichts, was er anderen lebenden Kreaturen wünschte, egal ob sie Menschen, Tiere oder Fey waren. Der Feyon litt. Pech für ihn. Er war ein Nachtjäger und hatte gewiß genug Menschen seinerseits leiden lassen, während er sie seinem Willen unterwarf, ihnen die Reißzähne ins Fleisch bohrte, ihr Blut trank und ihre Körper mißbrauchte.
Er hatte Asko angeboten, ihm den Schmerz zu nehmen, bevor er ihn gebissen hatte. Vermutlich tat er das meistens, sonst war es nicht vorstellbar, daß die skandalöse Diva seine Gegenwart gar so genießen würde, wie sie es augenscheinlich tat. Und das Mädchen hätte ihm sicherlich auch weit weniger Sympathie und Wertschätzung entgegengebracht. Doch Asko hatte sich geweigert, sich manipulieren zu lassen, und der Schmerz der spitzen Zähne in seinem Fleisch war noch frisch und scharf in seinem Gedächtnis. Todesangst hatte ihn überkommen. Nicht das einzige Gefühl, das ihn ankam, doch die anderen waren für ihn nicht minder erschreckend.
Er konnte nicht anders, als wieder und wieder an das unwillkommene Verlangen und die gänzlich unangebrachte Lust zu denken, die der Vampir gegen seinen Willen in ihm geweckt hatte. In dem Mädchen, das nicht durch ein Amulett geschützt war, mußte er in ungleich größerem Maße die gleiche Begierde geschürt haben.
Asko fühlte eine plötzliche Wut gegen sie, die so etwas zugelassen hatte. Gleich darauf schalt er sich selbst, daß es ihm nicht gelang, sie nur als das hilflose Opfer zu sehen, das sie vermutlich war.
Sie mochte den finsteren Unhold weit mehr, als in irgendeiner Weise angebracht war. Und mit dem gleichen verdorbenen Herzen wagte sie es, auch ihn zu lieben.
Sie hatte Delacroix’ Angriff auf ihn abgewehrt. Ihre Unverfrorenheit erzürnte ihn dabei ebenso wie seine eigene Unfähigkeit, sie vor den Händen Delacroix’ zu schützen. Er war nicht stark genug dazu gewesen, hatte einmal mehr versagt. Wäre der verdammte Blutsauger nicht dazwischengegangen, sie wäre nun tot. Scham und ein Gefühl unsäglicher Erniedrigung hatten ihn nicht verlassen, seit er begriffen hatte, daß Charlotte von Sandling ohne auch nur nachzudenken für ihn gestorben wäre. Für ihn genauso wie für den Vampir. In dieser Moritat gegenseitiger Fürsorge war ihm die Rolle des Hofnarren geblieben.
Scham und Erniedrigung hatten ihn zu Eis gefrieren lassen, als ihm klargeworden war, wie unendlich er sich nach dem Kampf vergessen hatte. Nie hätte er das
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