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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Sänger.“
    „Ich bin sicher, du bist da der größte Fachmann.“
    Er lächelte reuig. Dann war er fort. Sie hatte ihm von ihrem Kind erzählt, und er war dennoch gegangen. Nun wußte sie wieder, warum er hätte bleiben müssen. Sie vergrub das Gesicht in den Händen. Sie hatte versucht, einen Unterschied zu machen, aber das Schicksal hatte trotzdem seinen Lauf genommen. Wie es das eben tat. Nichts hatte sie ausrichten können.
    Plötzlich lief Wasser von den Wänden, floß durch die Fenster, gurgelte vom Boden hoch. Sie wirbelte darin, wurde von Strudel zu Strudel getrieben, schutzlos in den kalten Fluten.
    Sie sah Philip, der in einem Boot saß und den Totenfluß überquerte, zusammen mit einem unangenehm bekannten Fährmann. Sie wollte ihrem Mann sagen, daß sie nur ihn liebte, doch er konnte ihre Gedanken nicht hören, und ihre Vision wurde dunkel, während sie sich noch nach seinem Herzen streckte.
    Eine Hand war neben ihr. Sie ergriff sie blind und drückte sie, wagte nicht, die Augen zu öffnen. Sie spürte harten Boden unter sich. Das Brausen des Wassers verebbte aus ihrer Wahrnehmung. Die Realität war irgendwo anders. Weit weg.
    Sophie Treynstern sah in graue Augen, die voller Anklage waren. Ihr Sohn stand vor ihr, gutaussehend, jung und sehr desillusioniert. Der starke, sinnliche Mund, den er von seinem Vater geerbt hatte, war zu einer skeptischen Miene verzogen.
    Wie konntest du? fragte er. Sag, daß es nicht wahr ist. Wie konntest du? Du hast mich zum Bastard gemacht. Ich trage einen Namen, auf den ich kein Anrecht habe. Ich weiß nicht einmal, wer ich bin. Was hast du dir dabei gedacht? Mußtest du zur Hure werden?
    Nein, entgegnete sie und weigerte sich, die Frage als Affront aufzufassen. Ich hatte eine Wahl. Ich habe frei gewählt und zu lange mit einem Feyon gelebt, um mich von irgendwelchen Visionen aufs Glatteis führen zu lassen. Visionen, die aus meinem eigenen Schuldbewußtsein stammen. Ahnfrau, nehmt Eure Klauen aus meinem Herzen. Ihr tut mir weh. Die Welt ist auch ohnedies schon voller Schmerzen und Unbill. Es ist nicht notwendig, noch mehr dazu zu erfinden.
    Farben wirbelten um sie herum, und ihr Liebster stand vor ihr, fixierte mit seinen geheimnisvollen Augen ihr Antlitz. Du bist alt geworden, sagte er. Sie seufzte. Ja. Du wußtest immer, daß ich altern würde, und hast mich doch geliebt. Ich liebe dich. Deshalb bin ich hier. Die meisten Falten in meinem Gesicht sind Lachfalten, denn du hast mich glücklich gemacht.
    Sein Bild verschwamm, und statt dessen stand die Alte vor ihr. Du bist ausdauernd, sagte sie. Glaubst du, du kommst gegen mich an?
    Nein. Ich würde es nicht mal versuchen. Doch warum solltet Ihr daran interessiert sein, mich traurig zu sehen? Ihr habt uns erwählt, eine Aufgabe zu erfüllen.
    Ein Lächeln glitt wie eine Schneewehe durch Sophies Herz. Wir werden sehen, ob ihr würdig seid, den Frieden zwischen den Welten wiederherzustellen, sagte die Alte. Ein Ameisenhügel hat der Welt den Krieg erklärt, und das Ameisengift ist stärker und gefährlicher, als eine einzelne Ameise wissen kann. Brüche im Aufbau der Sphärengeheimnisse können viele Aspekte dieser Welt betreffen. Eurer Welt.
    Danke für die Erklärung, erwiderte Sophie, obgleich sie damit nicht viel anfangen konnte.
    Stellt den Frieden wieder her! befahl die Alte. Fangt bei euch selbst an.
    Die Welt nahm um Sophie herum Gestalt an. Sie fand sich in einer Höhle wieder, die aussah, als wäre sie aus Glas. Es war warm, und das, obgleich das Glas sich bei näherem Hinsehen als blankes Eis entpuppte. Im Zentrum der Höhle lagen zwei bewegungslose Gestalten auf dem Boden, Corrisande und Cérise, Hand in Hand.
    Sie ging zu ihnen und kniete sich neben sie. Cérise wachte gerade auf, sah sie wirr an. Dann setzte sie sich auf, strich das knittrige Kleid glatt, überprüfte den Sitz ihrer Frisur mit den Händen.
    „Das war – je ne sais quoi . Herrlich und grauenhaft. “ Die schöne Frau sah an sich herab und tastete sich ab, als wolle sie ganz sicher sein, daß noch alles dran war. „Ich scheine unverletzt zu sein. Unbegreiflich. Ganz unbegreiflich. Das traurigste ist, daß ich eine solche Musik nie mehr hören werde, und ich werde immer vergleichen. Dem Vergleich wird nichts standhalten.“
    Beide beugten sich über Corrisandes leblosen Leib. Die feingliedrige Frau lag da wie eine gebrochene Blüte, ihr Gesicht so lilienweiß wie das Eis um sie herum.
    „Du lieber Himmel, sie ist tot!“ rief Cérise.

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