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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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„Großer Gott! Wie furchtbar!“
    Sophie nahm ihr Handgelenk und fühlte den Puls. Die Besorgtheit verschwand von ihrem Gesicht.
    „Corrisande!“ rief sie und tätschelte ihre Wange. „Corrisande!“
    Ein Beben ging durch den jungen Leib, und Corrisande erwachte mit einem Schreckenslaut und einem Keuchen.
    „Oh“, sagte sie. „Oh, nein!“
    Die anderen beiden Damen halfen ihr, und sie setzte sich auf. Sie atmete tief durch und seufzte dann.
    „Mit welcher Vision hat man Sie erfreut?“ fragte Cérise spöttisch. „Hatten Sie Spaß?“
    Corrisande biß sich auf die Lippen.
    „Philip. Ich habe versucht, ihn davon abzuhalten, ins Gebirge zu reisen. Ich habe ihm gesagt, daß ich ein Kind erwarte. Umsonst. Er ist dennoch gegangen. Für einen Augenblick war ich glücklich. Dann war er fort.“
    „Das sieht ihm ähnlich, Sie alleinzulassen, wenn Sie ihn brauchen“, schalt Cérise.
    „Oh, nein. Wenn ich ihn gebraucht hätte, wäre er geblieben. Aber ich habe ihn nicht gebraucht. Es ging mir gut genug, daß er mich ein paar Tage alleinlassen konnte. Er hätte sein Wort brechen müssen. Das wollte ich nicht.“
    „Sie sind ihm gegenüber zu sanft. Delacroix braucht eine feste Hand.“
    „Er ist kein Kleinkind. Er ist ein energischer Mann, doch er achtet meine Meinung. Wenn ich nicht seiner Meinung bin, kann er damit umgehen, und er hört sich stets an, was ich zu sagen habe.“
    „Dann haben Sie Glück mit der Wahl Ihres Gatten“, bemerkte Sophie.
    „Streiten Sie denn nie?“ fragte Cérise.
    „Selten. Wir sind fast immer einer Meinung.“
    „Tatsächlich? Wir waren selten einer Meinung. Ich erinnere mich da an Szenen …“ Cérise lächelte. „Unwichtig. Welche Vision hat Sie heimgesucht, Frau Treynstern?“
    „Mein Sohn. Ich habe mich mit meinem Sohn darüber gestritten, daß ich ihm nie gesagt habe, wer sein Vater ist.“
    „Wollen Sie damit sagen, er glaubt, er sei der Sohn Ihres Gatten, ein ganz normaler Mensch?“ fragte Cérise.
    „Er weiß nichts. Ich habe es niemandem gesagt.“
    „Uns auch nicht“, bemerkte Cérise trocken.
    „Warum sollte ich? Es ist wohl kaum etwas, worüber man spricht. Jede Erwähnung von Thorolfs Erbe kann ihn in Gefahr bringen. Viele Menschen hassen die Sí. Das Faktum, daß er überwiegend ein Mensch ist, würde für sie keinen Unterschied machen.“
    Corrisande nickte.
    „Trotzdem müssen Sie es ihm sagen. Sie dürfen ihn nicht in Unkenntnis lassen. Er muß über die Gefahren Bescheid wissen, denen er möglicherweise begegnet. Es allein und durch Zufall herauszufinden ist keine Freude. Sie müssen es ihm sagen.“
    Die sonst so sichere Matrone sah plötzlich sehr unsicher aus.
    „Er wäre viel glücklicher, wenn er es nie erfährt.“
    „Sie sind es, die dann glücklicher ist“, korrigierte Cérise mit schmerzender Offenheit. „Sie haben kein Recht, ihm die Wahrheit vorzuenthalten.“
    Frau Treynstern antwortete nicht.
    „Ist er ein sehr tugendhafter Mensch?“ erkundigte sich Corrisande.
    „Er ist ungeduldig und überschäumend vor Energie. Ein Künstlertemperament, und er steckt immer in irgendeiner Klemme. Er ist freizügig, besonders, wenn es um die Auslegung der Benimm- und Verhaltensregeln der guten Gesellschaft geht. Doch er wird wohl kaum erwarten, daß ausgerechnet seine Mutter diese Regeln am meisten gebrochen hat.“
    Die drei Frauen schwiegen eine Weile. Dann begann Corrisande wieder zu sprechen: „Trotzdem. Sie müssen es ihm sagen. Er muß wissen, daß er die Bruderschaft meiden muß. Er muß wissen, daß er Meistern des Arkanen aus dem Weg gehen sollte, weil sie wahrscheinlich sein Erbe ermessen können. Meines spüren sie – und mein Erbe ist viel weniger direkt. Er hat vielleicht Begabungen, von denen er nichts weiß. Sie müssen es ihm sagen.“
    Sophie seufzte.
    „Ich weiß“, sagte sie, „und habe es immer gewußt. Doch es schien mir noch soviel Zeit zu sein. Ich wollte Arpad dazu noch einmal sprechen. Schließlich …“
    „Schließlich ist er sein Papa“, sagte Cérise mit einer undefinierbaren Stimme.
    Peinliches Schweigen legte sich über die Versammlung.
    „Nun denn. Sehen wir uns einmal um“, lenkte Corrisande nach einer Weile ab. „Es sieht aus wie eine Eishöhle, aber es ist warm. Das kann doch nicht richtig sein.“
    „Ich sehe überdies keinen Ausgang“, bemerkte Cérise. „Wo das Licht herkommt, ist mir unerklärlich.“
    „Sehr unheimlich“, pflichtete Sophie bei. „Auf alle Fälle beängstigend. Doch immerhin

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