Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)
waren die Mädchen durch die Schwingtür in die Toilette gegangen, schaute Bobby seinen Freund an. »Sie hasst mich, Alter.«
Rory lachte. »Ja. Scheint so.«
Bobby lehnte sich gegen die Wand. »Das Komische ist, dass ich bisher nie Probleme hatte, mich mit ihr zu unterhalten. Das mochte ich auch so an ihr. Sie hat sich immer für alles interessiert, was ich gesagt habe. Nicht so wie die anderen Mädchen. Keine Spielchen.«
Rory zuckte mit den Achseln. »Na, heute bringst du nicht gerade die besten Seiten an ihr zum Vorschein.«
Bobby grinste schief. »Scheint so.«
Im Vorraum der Damentoilette wandte sich Nora zu ihrer Freundin. »Was ist denn in dich gefahren?«
Emily machte die Handtasche auf und zog die Fotos heraus. Sie reichte sie Nora. »Da. Das ist er. Der Junge aus der letzten Bank.«
Andere Mädchen gingen an ihnen vorbei und Emily merkte, wie ein paar von ihnen neugierig auf die Fotos schielten.
Nora starrte sie verwirrt an. »Ist er ein Model?«
Emily nahm ihr die Fotos wieder ab. »Wenn er ein Model wäre, was hätte er dann bei Superior Cuts zu suchen? Er hat sich dort die Haare schneiden lassen. Die machen für ihre Werbung doch immer solche Vorher-nachher-Fotos.«
Nora ging nicht darauf ein. »Aber er sieht aus wie ein Model.« Der Tonfall, in dem sie das sagte, machte klar, dass sie das für eine sehr schlechte Sache hielt. Dann fuhr sie fort: »Du bist hier mit Bobby, Emily, nicht mit irgend so einem Typen, den du gar nicht kennst und der Werbung für einen Friseursalon macht und –«
Emily fiel ihr ins Wort: »Ich glaub nicht, dass sie was dafür bezahlen, wenn man –«
Nora war noch nicht fertig: »Krieg dich wieder ein, und zwar am besten sofort. Du verdirbst uns noch den ganzen Abend.«
Emily starrte ihre Freundin an. Nora zitterte fast. Emily blickte noch einmal auf die Fotos. Sie kam sich plötzlich kindisch vor.
»Ich glaub, ich steh noch unter Schock«, sagte sie. »Ich hab die Fotos entdeckt und dann habt ihr gleich geklingelt. Ich wusste nicht mal seinen Namen. Und jetzt…«
Sie redete nicht weiter. Noras Stimme klang immer noch streng. »Du weißt überhaupt nichts von ihm. Deshalb vergiss die Geschichte.«
Sorgfältig steckte Emily die Fotos wieder in ihre Handtasche. »Tut mir leid.«
Nora war schon an der Tür. »Entschuldige dich lieber bei Bobby.«
***
Als sie im Kinosaal nebeneinandersaßen, entschuldigte sich Emily bei Bobby. Sie lächelte ihn während der Werbung dreimal an und bemühte sich krampfhaft, sich zu entspannen.
Der Film handelte von einem irren Killer, der mal ein Clowns- und mal ein Nonnen-Kostüm trug, und bei den Szenen, die unbeschreiblich gewalttätig und blutrünstig waren, schrie sie mehrmals unwillkürlich auf. Einmal drehte sie sogar den Kopf weg und irgendwie landete sie mit dem Gesicht in Bobby Ellis’ Armbeuge. Ihm schien das zu gefallen.
Als der Film zu Ende war, fühlte sich Emily viel zu erschöpft, um weiter angespannt zu sein. Als sie zu Bobby Ellis’ neuem SUV gingen, schlug Rory vor, noch zusammen Pancakes zu essen.
Die IHOP-Filiale lag auf der anderen Seite der Stadt an der River Road, in der Nähe des Freeway und weit weg von der Universität. In der Nachbarschaft von Autowerkstätten und Discountern für Badfliesen und Teppiche. Wenn Emily an die River Road dachte, fiel ihr immer sofort das Schild mit der Aufschrift Billige Feuerbestattung ein, das an einem Betongebäude ganz in der Nähe des Tierheims hing, aus dem sie damals ihren Hund geholt hatten.
Sie wollte nur noch nach Hause, aber sie bemühte sich, begeistert zu klingen, und sagte, Pancakes, das klinge wirklich gut. Was machte es da, dass sie bis zum IHOP noch eine weitere Viertelstunde fahren mussten?
Sie fanden einen freien Tisch im vorderen Teil des Raums direkt am Fenster. Nora war wieder nett zu Emily und Bobby Ellis gab eine Erzählung über irgendjemanden zum Besten, der Krähen mit Knallfröschen beworfen hatte.
Emily war froh, dass er auf der Seite der Krähen zu sein schien, aber sie hörte nur mit halbem Ohr zu, was er sagte. Sie starrte durch die dunkle Scheibe nach draußen und fragte sich insgeheim, ob die Kellnerin ihr wohl die Crepes mit Preiselbeerbutter und die Rechnung gleichzeitig bringen konnte.
Und dann gingen drüben an der Straße auf einmal zwei Jungen vorbei.
Der eine war klein und hatte einen kahl rasierten Kopf. Er trug etwas in der Hand, das sie irgendwie an ein Telefonbuch erinnerte. Der andere Junge war groß. Selbst durch
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