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Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Titel: Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Goldberg Sloan
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nennen wollte, begann, als er fünf Jahre alt war. Damals brachte ihm seine Großmutter die Grundakkorde auf einer vierseitigen Gitarre bei.
    Nachdem Clarence seinen Bruder und ihn aus dem Plastikplanschbecken im Hof geklaubt und in den Lkw befördert hatte, um niemals mehr zurückzukehren, verging ein Jahr, bis Sam wieder ein Instrument in Händen hielt. Aber als es dann endlich so weit war, wusste er, dass es seine Rettung war.
    In ihrem Appartementhaus in Spokane wohnte unter ihnen ein alter Mann, der Slide-Gitarre spielte. Er war blind und machte sich einen Namen mit seinem Instrument. Von der Sekunde an, in der Sam ihn spielen hörte, war er süchtig nach altem Akustikblues.
    Als Clarence seinen Lkw vier Monate später aus Spokane hinauslenkte, befand sich eine leicht ramponierte Gitarre im Besitz des achtjährigen Sam. Sie war ein Geschenk des blinden Blues-Spielers, der einzige Gegenstand, den Sam all die Jahre über aufbewahrte, und er spielte jeden Tag auf ihr. Stunden über Stunden. Und während andere Kids sich ihre Zeit damit vertrieben, Baseball oder Nintendo zu spielen, beherrschte Sam Border, der jetzt Sam Smith hieß, sein Instrument mit der Zeit so gut, dass er jedes Lied nachspielen konnte, das er im Radio oder in seinem Kopf hörte.
    Er verausgabte sich eben nicht beim Rumbolzen auf dem Schulhof, sondern beim Gitarrespielen.
    Und jetzt, im Souterrain des Hauses Bell, schloss er die Augen und überließ sich einfach der Musik.
    ***
    Als Sam zu spielen aufhörte – und er spielte neun Minuten lang – lehnte Debbie Bell reglos an der gegenüberliegenden Wand.
    Emily saß neben ihrem Vater, der sich verzweifelt bemühte, die Tränen zurückzuhalten, die ihm jeden Augenblick die Wangen hinunterzufließen drohten.
    Achtzehn Jahre lang unterrichtete Tim Bell nun schon am College Musik und gab seit einiger Zeit nur noch Kurse für Fortgeschrittene. Er war inzwischen vierundvierzig und Leiter des Musikdepartements.
    Doch noch nie hatte er einen Studenten gehabt, der so begabt war wie der Junge, der da vor ihm auf seinem Sofa saß.
    ***
    Tim Bell fuhr Sam nach Hause.
    Oder dorthin, wo er glaubte, dass sein Zuhause wäre.
    Sam log ihn nicht an, aber er bat Tim Bell, ihn vier Straßenecken vor dem Haus, in dem er mit seinem Vater und Riddle wohnte, abzusetzen.
    Tim Bell wollte Sam sein Mountainbike zur Verfügung stellen, das vergessen in der Garage stand und von ihm selbst nie benutzt wurde, aber Sam erklärte, Radfahren habe er nie gelernt. Was Jared für wichtiger hielt als Gitarre spielen zu können.
    Im Auto saß Sam neben Emily auf dem Rücksitz und Jared vorne neben seinem Vater. Tim zeigte Sam unterwegs die Strecke, die der Bus fuhr, und erklärte ihm, dass die Linie 4 geradewegs nach Hilyard führte und die Endhaltestelle nur zwei Querstraßen von ihnen entfernt lag.
    Emilys Eltern wollten nicht länger, dass er auf dem Hin- und Rückweg jeweils eine Stunde zu Fuß unterwegs war, nur um ihre Tochter zu sehen. Jetzt nicht mehr.
    Im Handschuhfach ihres Autos hatte Debbie Bell ein Notfallhandy liegen. Sie arbeitete im Krankenhaus, da wusste man sozusagen aus erster Hand, dass es die verrücktesten Notfälle geben konnte, in denen man ein solches Handy immer gut gebrauchen konnte. Bevor Tim den Jungen nach Hause fuhr, holte Debbie aus ihrem Auto das Handy und reichte es ihm.
    Die Vorstellung, dass Sam nicht erreichbar sein könnte, gefiel ihr nicht. Emily versuchte krampfhaft, ein Kichern zu unterdrücken, was ihr jedoch nicht gelang, und Debbie nahm es als Zeichen der Zustimmung.
    Als Sam in der Auffahrt Emilys Hand nahm, gab er ihr unauffällig ihr Handy zurück. Sie hatten beide das Gefühl, dass die Welt jetzt nicht mehr gegen sie war.
    ***
    Alles änderte sich, nachdem Sam auf der Gitarre ihres Vaters gespielt hatte.
    Ihre Mutter und ihr Vater wurden von Feinden zu Freunden. Am selben Abend noch, nachdem sie Sam an der Straßenecke abgesetzt hatten, stand Emily hinter der Küchentür und belauschte ein Gespräch, das ihre Eltern im Flur führten. Die Stimme ihres Vaters klang aufgeregt und überschlug sich fast beim Sprechen.
    »Er ist ein Naturtalent. Ein Genie. Er wird die Musik revolutionieren. Er spielt die Akkorde so schnell wie der junge Jimi Hendrix. Er hat dieselbe Bluestechnik drauf wie Ry Cooder. Der Knabe ist ein Wunderkind!«
    Emily konnte den Kopf ihrer Mutter geradezu rhythmisch auf und ab hüpfen sehen, während sie begeistert zustimmte. »Er ist ein echter Musiker…«
    Ihr Vater

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