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Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Titel: Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Goldberg Sloan
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ihr die Uhr geschenkt, aber sie sei viel zu groß und auch in Zukunft würde sie sie niemals tragen können. Sie machte ein Gesicht dabei, als ob sie gleich in Tränen ausbrechen müsste. Es würde sie so freuen, wenn er sie tragen könnte. Dafür war sie schließlich gemacht. Was sollte sie in einer Schublade herumliegen.
    Und dann das Handy. Sie musste einfach mit ihm sprechen können, besonders jetzt, wo sie zu Hause nur noch schwieg. Wenn er das Handy hatte, konnte sie ihn anrufen. Dann konnten sie gemeinsam Pläne schmieden.
    Schließlich willigte Sam ein. Er wollte aber beides nur geliehen haben und ihr später wiedergeben. Doch dann legte sie ihm die Uhr an und sagte, sie wolle sie nicht zurückhaben. Nie mehr.
    Er nahm sie wieder ab und meinte, dann werde er sie eben nicht tragen. Aber als er einen Moment abgelenkt war, ließ sie die Uhr einfach in die Tasche seiner abgetragenen Jacke gleiten, wo er sie erst zu Hause entdeckte. Er zog sie an und wunderte sich, dass er sich gleichzeitig so wohl und so unwohl damit fühlte. Was um alles in der Welt konnte er ihr als Gegengeschenk machen?
    Ihren Eltern, die sie am nächsten Tag vergeblich zu erreichen versuchten, erzählte sie, sie habe ihr Handy im Schließfach in der Schule vergessen. Und als sie nach dem Fußballtraining keine Mitfahrgelegenheit bekam, ließ sie ihre Eltern das über Sophie Woolvertons Handy wissen.
    Als ihre Mutter sie am Freitag wieder nicht erreichte, erklärte Emily, sie habe ihr Aufladegerät verloren und nun sei ihr Akku leer. Das Mädchen, das so unerfahren war im Schwindeln, ertappte sich bei einem neuen Spiel. Sie lernte, alle möglichen Ausreden zu erfinden.
    Emilys Eltern interpretierten die Tatsache, dass sie nie an ihr Handy ging, als ein weiteres Zeichen ihrer Trotzhaltung. Sie hatten ja keine Ahnung, was eigentlich dahintersteckte: dass sie jetzt mehrmals täglich und immer abends, bevor sie schlafen ging, mit Sam telefonierte. Seit vier Jahren schon stand ein kaum genutztes Telefon in ihrem Zimmer. Jetzt hing sie ständig an der Strippe.
    Für Sam war Emilys Handy die reine Zauberei.
    Es dauerte drei Tage, bevor er es zu etwas anderem nutzte als zum Empfang eingehender – ihrer – Anrufe; er fing an, sie selbst anzurufen. Und er war überrascht, wie tröstlich er es fand, dass es verborgen in seiner verschlissenen Jackentasche lag. Das Handy war sein Geheimnis und löste ein ungekanntes Machtgefühl in ihm aus. Das Gefühl, nicht gänzlich am Rande des Geschehens zu stehen.
    Wenn sie ihn abends anrief, stahl er sich in die Gasse hinterm Haus. Dort saß er dann auf einem Abfallkübel in der feuchten, kalten Luft. Und da er ohnehin fast immer abends raus ins Freie ging, um auf seiner Gitarre zu spielen, fragte sein Vater auch nicht nach, warum Sam plötzlich aufstand und sich im Dunkeln aus dem Haus schlich.
    Im Flüsterton erzählte sie ihm ihren Tag, er ihr den seinen, immer darauf bedacht, die dramatischen Episoden auszusparen – Riddles dreistündiges pausenloses Nasenbluten beispielsweise oder die Rückkehr seines Vaters nachts um vier, die Arme voller fremder, frisch gereinigter Wäsche. Auch die zwei Stunden, die er auf der Müllhalde damit zugebracht hatte, alte Deckenplatten voller Asbest (was Sam nicht wusste) von einem Lkw zu laden, waren kein Thema.
    Stattdessen erzählte er ihr, wie er mit Riddle zum Fluss gegangen war und einen Fisch gefangen hatte und wie Riddle anschließend darauf bestand, dass er ihn ins Wasser zurückwarf (obwohl er ihn eigentlich hatte braten und essen wollen).
    Er erzählte ihr, dass er Gitarre gespielt und neue Stücke geschrieben habe.
    Und dass er gerade ein Buch über eine Gruppe von Leuten lese, die in einem Bus durchs Land fuhren (er hatte es aus einem Stapel anderer Bücher herausgefischt, die er in einer braunen Papiertüte am Straßenrand gefunden hatte).
    Emily erzählte ihm kleine Anekdoten von irgendwelchen Leuten, die sie kannte, von Freunden und sogar von Fremden, denen sie begegnet war. Sie flüsterte ihm Vertrauliches, kleine Geheimnisse zu, ohne zu ahnen, dass er sie seinerseits von seiner eigentlichen Geschichte fernhielt, obwohl auch er Kleinigkeiten wie kleine Puzzleteile preisgab.
    ***
    Wenn keine Fußballsaison war, durfte die erste Schulmannschaft offiziell nicht trainieren. Aber sie trafen sich dreimal die Woche und drehten ihre Runden auf der Aschenbahn, um Ausdauer und Kurzstrecke zu üben. Eigentlich durften sie den Ball nicht mal berühren.
    Was sie natürlich

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