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Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Titel: Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Goldberg Sloan
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noch die alte Telefonbuchse in der hinteren Wand zu sehen. Jemand hatte rote Soße auf dem Teppich ausgeschüttet, die zwar schon weitgehend eingetrocknet war, aber rote Spritzer auf der Buchse hinterlassen und die graue Wand befleckt hatte.
    Sam starrte manchmal auf diese Buchse und stellte sich vor, dass er ein Käfer wäre, der in das Loch hineinklettern und für alle Zeiten in einer anderen Welt und einem anderen Leben verschwinden konnte.
    Da sie nicht nach draußen gehen durften, wenn es hell war, verschliefen die beiden Jungen meist den Tag. Sie brauchten ein paar Nächte, um sich daran zu gewöhnen, erst in der Abenddämmerung herausgelassen zu werden und dann lange aufzubleiben. Sobald sie draußen auf der Straße waren, gingen sie schnurstracks zum erstbesten Burgerrestaurant und suchten im Müll nach kalten Fritten und weggeworfenen Brotstücken.
    Clarence verbrachte seine Zeit mit Kleindiebstählen. Die Beute wollte er bei ihrem nächsten Halt in einer größeren Stadt absetzen. Er klaute ein paar Brieftaschen aus dem Umkleideraum eines Golfplatzes. Er half einer alten Dame dabei, ihre Einkäufe ins Auto einzuladen, und folgte ihr dann heimlich vom Laden bis nach Hause.
    Als sie später am Tag das Haus verließ, um Bridge zu spielen, ließ er ihren gesamten Schmuck mitgehen. Eine der Glasscheiben in der Hintertür war zerbrochen und es war ein Kinderspiel, das Haus in zehn Minuten zu betreten und wieder zu verlassen. Vorher nahm er sich noch eine Cola aus dem Kühlschrank und war sogar so aufmerksam, die Büchse in der Wertstofftonne zu entsorgen, bevor er wieder ging.
    Dass er hinter das Geheimnis der beiden Verräter gekommen war, hatte ihn auf sich selbst zurückgeworfen.
    Er hatte wohl seine Pflichten vernachlässigt. Dass er von Haus aus ein Denker war, daran bestand kein Zweifel. Und in letzter Zeit hatte er viel über seine beiden Jungen nachgedacht.
    Die Schlange lächelte.
    ***
    Emily saß in Bobby Ellis’ Auto und starrte auf das baufällige Haus. So hätte sie sich den Ort, an dem Sam und Riddle lebten, niemals vorgestellt.
    Die Häuser und Wohnungen in der Nähe der River Road sahen alle heruntergekommen und schäbig aus. Bisher nicht gewusst zu haben, wo sie wirklich wohnten, hatte sie in gewisser Weise davor geschützt, sich den Tatsachen stellen zu müssen.
    Aber jetzt war das nicht mehr möglich.
    War er gerade da drin? Standen Riddle und er hinter dem fleckigen alten Vorhang, der aus dem halb geöffneten schmutzstarrenden Fenster flatterte?
    Und was wäre schlimmer: Dass er dort drinnen war und sich die ganze Zeit nicht gemeldet hatte? Oder dass er fort war?
    Bobby Ellis riss sie aus ihren Gedanken. »Willst du an der Tür klopfen?«
    Emily nickte.
    Bobby schaute sie an. Sie wirkte verwirrt, aber wenigstens schien sie auf ihn nicht sauer zu sein, da war er sich ziemlich sicher. »Willst du, dass ich mitkomme?«
    Emily schüttelte den Kopf, öffnete dann die Beifahrertür und stieg aus.
    Sie ging zur Haustür und klopfte. Keine Antwort. Sie klopfte noch einmal.
    Keine Antwort. Dann umfasste ihre Hand den Türknauf und drehte ihn langsam nach rechts. Die Tür war nicht verriegelt.
    Emily hielt sich an Regeln und respektierte die Privatsphäre von anderen Leuten. Sie drängte sich nicht auf und hätte sich selbst nicht als forsch bezeichnet. Aber jetzt zögerte sie keine Sekunde. Sie schob einfach die Tür auf und betrat das Haus.
    ***
    Bobby beobachtete sie vom Autofenster aus. Was machte sie denn? Ging sie da etwa einfach rein?
    Dummer Einfall.
    Mit einem Satz war er aus dem Auto.
    Drinnen im Haus herrschte Chaos. Jemand musste überstürzt ausgezogen sein und hatte dabei alles in eine Müllhalde verwandelt.
    Emily wich bei diesem Anblick zurück und stieß dabei mit Bobby Ellis zusammen. »Oh, tut mir leid.«
    Bobby blickte über ihre Schulter in den Raum. »Wir dürfen hier nicht sein, Emily…«
    Aber Emily lief bereits über den abgenutzten rostroten Teppichboden. Sie rief: »Hallo… Ist da jemand?«
    Stille. Und dann war weiter hinten im Haus ein Laut zu hören. Da war jemand. Bobby streckte seinen Arm aus, aber Emily ließ sich davon nicht zurückhalten und ihm blieb keine andere Wahl, als ihr zu folgen.
    »Sam? Riddle…?«, rief sie.
    Doch keiner antwortete. Sie ging durch den engen Hausflur.
    Bobby Ellis war über einen Meter achtzig groß und spielte Football, aber er war kein Held. Und das Letzte, was er im Augenblick wollte, war, gegen das Gesetz HB 0300 zu verstoßen. Denn

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