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Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Titel: Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Goldberg Sloan
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Sinn dafür, wie etwas funktionierte. Schließlich hatte er immer schon mechanische Teile gezeichnet. Also folgte er den Anweisungen, die sein Bruder ihm jetzt gab. Er brach eine schlanke Gerte von einer Birke. Dann schälte er ihre Rinde in langen Streifen ab, flocht die Streifen zusammen, bis daraus eine kräftige Rute wurde, und befestigte den Metallclip des Kugelschreibers daran.
    Am Flussufer glänzte die Erde schwarz und fett. Riddle tat, was Sam ihm sagte, wühlte den Boden auf und stieß tatsächlich auf prachtvolle rosa-violette Regenwürmer. Bedächtig bohrte er die Metallfeder durch den Körper eines zappelnden Regenwurms und befestigte sie an dem Metallclip.
    Fast den halben Tag brachte er auf einem Fels am Flussufer zu, bis er endlich eine Regenbogenforelle fing. Und dann auch noch einen Zweipfünder!
    Wütend, weil er einen toten Wurm mit einem verheerenden Geheimnis verschluckt hatte, plumpste der Fisch aufs Ufer. Riddle griff nach einem Stein, schmetterte ihn auf den Kopf der Forelle und machte ihrem Leben so ein Ende.
    Dann starrte er auf den glitzernden Fisch. Er war so schön. Und plötzlich fuhr es ihm schmerzlich durch seinen ganzen Körper. Aber dann fiel ihm ein, dass sein Bruder und er heute zum ersten Mal mit einem gefüllten Magen schlafen gehen würden.
    Schnell machte er sich auf den Rückweg zu ihrem Lagerplatz, um nach Sam zu sehen. Er schlief und sein Arm lag wegen der gebrochenen Schulter seltsam verdreht neben ihm.
    Sam hatte das Feuer ausgehen lassen.
    Aber Riddle konnte ihm nicht böse sein.
    Er selbst war stundenlang unterwegs gewesen und Sam konnte sich ja kaum bewegen. Er beschloss, den Fisch erst einmal abzulegen. Dann stieg er ein Stück den Berg hinauf.
    Er hatte nämlich schon herausgefunden, dass die Stöcke mit den klebrigen Enden am allerbesten brannten. Deshalb sah er sich jetzt die knorrigen Kiefern ganz genau an und fand auch bald, wonach er suchte: einen großen Klumpen bernsteinfarbenes Baumharz.
    Mit einem Stein kratzte er einen faustgroßen Brocken davon ab und ging damit zum Fluss hinunter. Dort suchte er sich ganz in der Nähe ihres Lagers einen Flecken in der Sonne aus. Dann hielt er das Glas von Sams Armbanduhr so, dass es auf eine Ecke des Baumharzes ausgerichtet war, gleichzeitig aber ein Sonnenstrahl darauf fiel.
    Riddle besaß Ausdauer. Und zwar beinahe in zu hohem Maße. Er hatte früh gelernt, sich seine eigene Realität zu schaffen. So war er nun einmal gepolt. Und dabei zeigte er Geduld. Zehn lange Jahre hatte er auf eine Mutter gewartet und wartete noch immer. Und deshalb konnte er auch warten, bis sich das Licht brach und einen Brennpunkt erzeugte.
    Dieser Vorgang dauerte genau vierzehn Minuten.
    Dann blubberte das Baumharz plötzlich und ein feines Rauchwölkchen stieg auf.
    Riddle umsorgte das keimende Feuer so behutsam, als hüte er ein kleines Tier, und sprach ihm mit beschwörenden Worten zu. Er nährte es zuerst mit kleinen trockenen Stöckchen und dann mit größeren.
    Kaum eine Stunde später prasselte ein Feuer und darüber briet eine frisch gefangene Forelle.

26
    Alle mochten Emilys Haarschnitt.
    Sie hatte es nicht aus Trotz getan, sondern aus Solidarität. Und hatte sich dabei selbst neu erfunden.
    Die alte Emily gab es nicht mehr.
    Und die neue Emily spürte mit jedem Tag, der ereignislos verstrich, wie ihre Enttäuschung wuchs. Egal, wo Sam war, egal, was passiert war, er hätte eine Möglichkeit finden können, sie anzurufen, und sei es nur, um ihr zu sagen, dass er nie zu ihr zurückkehren würde, dass sein Leben auf eine Weise kompliziert war, die sie nie begreifen würde.
    Aber er rief nicht an.
    Nicht anzurufen, war auch eine Form der Mitteilung. Sein Schweigen wurde für sie zur endgültigen Bestätigung, dass Sam und Riddle nicht mehr zurückkommen würden. Und wenn der Vater so was wie ein Krimineller war, vielleicht war Sam es dann ja auch auf die eine oder andere Weise.
    Emily kam zu der Überzeugung, dass jeder Mensch seine Entscheidungen traf.
    Und das galt auch für Sam. Wenn er anrufen und um Hilfe bitten würde, wäre sie für ihn da. Ihre ganze Familie wäre für ihn und seinen Bruder da. Emily hatte ihrer Mutter am letzten gemeinsamen Abend angesehen, welche Sorgen sie sich um Riddle und Sam machte. Aber die beiden waren keine kleinen Kinder mehr.
    Einer war bereits ein junger Mann.
    Als sich der erste Schock über das Verschwinden von Sam und Riddle gelegt hatte, fühlte Emily sich schuldig, weil sie über ihre

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