SAM
bereits vergossen. An der Tür bleibt er noch ein Mal stehen: „Wir fliegen noch heute Abend nach Rom. Ich weiß nicht, wann ich zurückkommen werde.“
Dann geht er und schließt die Tür hinter sich.
Francesca zeigt mir die wundervolle Terrasse und den bezaubernden Garten. Sie trägt eine dunkle Sonnenbrille und einen großen breitkrempigen Hut. Natürlich hält sie sich immer im Schatten auf, so wie alle Vampire. Wir spazieren in dem Pinienhain hinter dem Haus, während die Sonne ihre letzten Strahlen über das Land streifen lässt und setzen uns auf eine Holzbank, die unter einer uralten, knochigen Pinie steht.
„Es läuft nicht so gut zwischen euch, hm?“, stellt Francesca fest. Ich nicke und blicke auf den Boden vor mir.
„Ich glaube, ich habe ihn heute sehr verletzt“, gebe ich zu, denn seit Alex mein Zimmer verlassen hat, plagt mich das schlechte Gewissen. Ich hätte es ihm nicht sagen müssen. Vielleicht hätte es eine andere Möglichkeit gegeben, ihm klar zu machen, dass ich Zeit für mich brauche. Francesca sieht mich von der Seite prüfend an.
„Ihr schafft das schon. Ihr liebt euch. Und eure Liebe wird diese schwere Zeit überstehen“, tröstet sie mich. Gut zu wissen, dass sie sich da so sicher ist. Wenigstens einer von uns.
„Wie lange kennst du Alexander schon?“, will ich nun von ihr wissen.
Sie lehnt sich zurück und schließt für einen Augenblick die Augen.
„Seit ich klein war. Er kam immer mal wieder zu Besuch und brachte jedes Mal Geschenke mit. Mein Vater und ihn verband eine tiefe Freundschaft. Du musst wissen, das ist eher ungewöhnlich. Es gibt kaum echte Freundschaften zwischen Vampiren. Jedenfalls war es immer besonders schön, wenn er da war. Er las mir oft aus den Büchern vor, die er mitgebracht hatte. Es gab nichts Schöneres für mich.“ Sie macht eine kleine Pause.
„Als meine Eltern starben und wir alles mit ansehen mussten, hielt er mich fest im Arm und tröstete mich und versprach mir, dass der Tod meiner Eltern nicht umsonst war. Er sagte, dass er glaubt, dass ihre unendliche Liebe zueinander den Tod überdauern wird. Ich weiß nicht, was ich ohne Alex getan hätte.“
„Ihr musstet den Tod eurer Eltern mit ansehen? Wie grausam! Wie alt wart ihr?“
„Luca war gerade neunzehn und ich fünfzehn. Wir waren noch keine fertig entwickelten Vampire und daher war es ein Glück für uns, dass sich Alexander unser annahm. Er war es auch, der den Hohen Rat davon überzeugte, dass von uns keine Gefahr ausgeht und der uns vor dem sicheren Tod rettete. Ohne ihn wäre vermutlich ein Schuldspruch unumgänglich gewesen.“
„Welcher Tat habt ihr euch den schuldig gemacht?“, ich kann mein Unverständnis kaum verbergen.
„Wir sind die Kinder einer Sterblichen“, sagt sie grimmig. Ich kann kaum fassen, was ich höre.
„Wie ging es weiter? Seid ihr in Italien geblieben?“
„Ja, Alex wollte, dass wir hier bleiben, wo wir aufgewachsen sind, in unserer Heimat. Viele namhafte Familien wollten uns aufnehmen und uns ein neues zu Hause bieten. Alle großen italienischen Vampir-Familien erkannten die große Ungerechtigkeit, die meinen Eltern und uns wiederfahren ist, deshalb hat der Hohe Rat hier auch fast allen Einfluss verloren und kaum noch Ansehen. Das ist auch einer der Gründe, warum sich so viele Vampire und deren Dairuns bereiterklärt haben, Alex und dich zu schützen. Euch soll nicht das widerfahren, was meinen Eltern widerfahren ist. Es ist sozusagen die Rache der Italiener an den übertriebenen Machtanspruch der reinrassigen Vampire des Hohen Rates.“
„Habt ihr dann zusammengelebt, ihr drei?“
„Ja, für eine sehr kurze Zeit, vielleicht sechs Jahre. Bis Alex sicher war, dass Luca alles wusste, was ein voll entwickelter Vampir wissen muss und er glaubte mich in die verantwortungsvollen Hände meines Bruders geben zu können.“ Sie verdreht die Augen und grinst.
„Warum hat Alex euch verlassen. Gab es einen besonderen Anlass? Ihr wart trotz allem noch sehr jung und unerfahren,…für Vampire.“
Sie zögert.
„Ich glaube Alex ging auch, weil…..“, sie sieht mich mit ihren grünen Augen ruhig an,
„… weil ich mich in ihn verliebt hatte und er diese Gefühle nicht erwidern konnte. Er hielt es dann für das Beste zu gehen.“ Sie wartet auf eine Reaktion von mir. Aber mehr als Staunen kann ich ihr nicht bieten. Ein paar Minuten sagen wir beide nichts und genießen den Duft der Pinien und die hereinbrechenden Nacht. Ein
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