SAM
intensiv mit mir beschäftigt und ist selbst kaum zur Ruhe gekommen. Also wechsele ich schnell das Thema.
„Heute Abend findet also ein Zusammentreffen statt?“ Ich picke mit den Fingern die letzten Brotkrummen auf und stecke sie in meinen Mund. Alexander schaut mich aufmerksam an, so als wolle er sicher gehen, dass mit unserem Experiment „Altes Ritual“ auch wirklich alles gut gegangen ist. Irgendwie fühle ich mich wie eine Laborratte…nein, Versuchskaninchen ist der bessere Ausdruck.
„Ja. Alle führenden Vampire der Staaten werden erwartet. Zum einen wollen sie natürlich meine Frau kennenlernen und zum anderen werden wir unsere Vorgehensweise erörtern.“ Er spricht wie ein General vor der Schlacht.
„Wie seid ihr organisiert? Ich meine, wie funktioniert eure Gemeinschaft?“, will ich wissen und blicke mich suchend um, ob ich noch einen Rest von der Sahnetorte entdecke.
„Nun, ich führe die Gemeinschaft an. Die USA sind in einzelne Regionen eingeteilt. Sie unterstehen sogenannten Marshalls. Sie sind dafür verantwortlich, dass unsere Existenz nicht aufgedeckt wird. Die meisten der Marshalls vertrauen auf eine Task Force, so etwas wie eine schnelle Einsatztruppe. Ist irgendwo etwas auffällig geworden, werden diese Agenten ausgesendet, um zu klären, ob Handlungsbedarf besteht.“
Ich schaue ihn aufmerksam an: „Handlungsbedarf?“ Ich ahne nichts Gutes und werde leider auch bestätigt.
„Wir haben Gesetze, Sam und die müssen, koste es was es wolle, eingehalten werden. Wir können uns keine Fahrlässigkeit, Gnade oder Erbarmen leisten. Unsere oberste Priorität ist es unerkannt oder besser unentdeckt zu bleiben. Immerhin geht es um unsere Existenz. Ein Fehler und wir werden ähnliches erleben, wie damals bei den Hexenverbrennungen oder der heiligen Inquisition.“ Ich nicke und schlucke schwer. Immer noch verdränge ich den immens langen Zeitraum, den Alexander bereits hier auf Erden verbracht hat. Wir setzen uns auf das Sofa und unterhalten uns. Alexander hat viel Geduld mit all meinen Fragen und so erfahre ich auch einige Namen der Marshalls und für welche Bundesstaaten sie zuständig sind. Alex erklärt mir auch, wie wichtig es ist, dass mich diese Vampire kennenlernen. Unsere Verbindung soll allen neue Hoffnung bringen und gleichzeitig Mut machen sich gegen die alten Machthaber aufzulehnen.
„Wer ist dieser Balthasar? Kennst du ihn gut?“ Kaum habe ich das letzte Wort ausgesprochen sehe ich, wie sich Alexanders Miene verhärtet und sich sein Körper anspannt.
„Wir sind uns begegnet“, gibt er hinter zusammengepressten Zähnen zu. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihm eine weitere Frage stellen sollte.
„Ich gehe davon aus, diese Begegnung war keine freundschaftliche“, taste ich mich vorsichtig vor. Seine Augen werden dunkel und ich spüre deutlich die Wut, die in ihm aufkeimt.
„Er entstammt einer sehr einflussreichen, mächtigen, reinrassigen Familie. Und“, Alexander zieht die Luft scharf ein, „er war einer der Henker von Bernardo und Marie. Er war derjenige, der ein Exempel grausamster Art statuieren wollte. Er beorderte alle führenden Vampire der alten Welt zur Hinrichtung der beiden. Wer sich weigerte, wurde mit dem Tod bestraft. So wollte er allen seine Macht demonstrieren und eine Warnung an alle abgeben, die sich mit minderwertigen Rassen vereinen. Für ihn sind Sterbliche Dreck, wertlos und einzig und allein dazu da, der vampirischen Rasse als Fressen zu dienen. Er hält die Vampire für die übergeordnete Spezies und die reinrassigen Vampire für ihre legitimen Anführer.“ Er sieht mich ernst an: „Zum Glück gab es einige wenige im Hohen Rat, die sich gegen das Urteil stellten, dass auch Francesca und Luca hingerichtet werden sollten.“
„Du warst einer derjenigen, nicht wahr?“ Alexander nickt: „Ja, ich war damals noch Mitglied im Hohen Rat. Ich war davon überzeugt und bin es heute immer noch, dass Regeln und Gesetze für unsere Art unumgänglich und notwendig sind. Sonst würde alles im Chaos untergehen.“ Er senkt den Kopf, es fällt ihm offensichtlich schwer über die Ereignisse, die sich damals zugetragen haben zu sprechen: „Ich konnte andere davon überzeugen, dass den Kindern von Bernardo und Marie Unrecht getan wird. Leider konnte ich meinen Freund und seine Auserwählte jedoch nicht vor ihrer Hinrichtung retten.“ Ein Flut von Gefühlen bricht über mich herein: Zorn, Wut, Hilflosigkeit und…das Gefühl von schwerer Schuld und des
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