SAM
wird überglücklich sein, denn so oft hat er davon gesprochen, wie sehr er sich eine Familie wünscht. Wahrscheinlich ist es der ungünstigste Zeitpunkt für ein Baby, jetzt, wo der Krieg ausgebrochen ist. Aber wir wollten es so. Wir stellen beide das Glück eine Familie zu haben über alles andere.
Wieder denke ich an Francesca und wie sehr sie sich mit uns gefreut hätte. Gedankenverloren streiche ich sacht über meinen noch flachen Bauch. Es hat wieder angefangen zu schneien. Der Wind treibt die kleinen Flocken wild tanzend an der großen Fensterfront vorbei. Ich drehe mich um und sehe zur Uhr: schon nach vier Uhr nachmittags. Ich hatte geglaubt, dass Alexander bis Mittag zurück sein wird. Er wird doch wohl hoffentlich nicht zum Flughafen gefahren sein und dort vergeblich auf uns warten.
„Hast du schon versucht ihn zu erreichen?“, frage ich Rhys und er nickt sofort.
„Er geht nicht ans Handy. Vielleicht ist er beschäftigt“, antwortet er und doch entgehen mir seine zusammengezogenen Augenbrauen nicht. Es scheint, als grüble er über etwas nach. Eine eigenartige Unruhe fällt über mich her. Wieder beginne ich vor dem Fenster auf und ab zu gehen. Wo er nur bleibt? Und warum ist er nicht zu erreichen? Nicht einmal mental dringe ich zu ihm vor. Erinnerungen an den Abend im Schloss keimen wieder auf. Dort habe ich auch ungeduldig auf ihn gewartet und konnte ihn nicht erreichen.
„Glaubst du, es ist etwas passiert?“, frage ich Rhys leise, immer noch zum Fenster gerichtet.
„Ich weiß nicht. Vielleicht ist ihm wirklich nur etwas dazwischen gekommen.“
Ich nicke, habe aber immer noch dieses seltsame Gefühl in mir.
So vergeht die Zeit. Die Minuten ziehen vorbei wie die kleinen Schneeflocken. Diese innere Unruhe scheint sich in mir zu manifestieren. Ich starre aus dem Fenster. Dann setze ich mich für fünf Minuten auf das Sofa. Immer wieder versucht Rhys Alex oder Luca zu erreichen. Das Piepen der Tastatur auf seinem Handy macht mich nervös. Wieder laufe ich zum Fenster und starre hinaus. Dann, plötzlich, wie aus dem Nichts, packt mich ein furchtbarer Schmerz. Ich schreie auf und falle auf meine Knie. Rhys ist sofort bei mir: „Sam, um Himmels willen, was ist los?“, fragt er besorgt. Ich kneife die Augen zusammen und versuche den Schmerz zu lokalisieren. Aber es will mir nicht gelingen. Ich nehme nur dieses furchtbare Brennen und Stechen wahr, überall in meinem Körper. Ich schaue an mir herab, versuche irgendetwas an meinem Körper zu erkennen. Dieser unglaubliche Schmerz ist unerträglich. Ich bin nicht in der Lage mich aufzurichten, meine Beine würden sofort versagen, so intensiv sind die Wellen purer Qual, die meinen Körper überrollen. Panik macht sich in mir breit und Tränen steigen mir in die Augen. Was passiert mit mir? Ich lege meine schmerzenden Arme um meinen Bauch, habe Angst um mein Baby. Ich versuche Rhys zu antworten, aber mehr als ein hilfloses Krächzen will mir nicht gelingen. Schließlich sind die Schmerzen kaum noch auszuhalten, mich krümmend und leise wimmernd liege ich auf dem Boden vor dem Fenster. Rhys versucht immer wieder mich anzusprechen, fragt, ob es etwas mit dem Baby zu tun hat. Ich versuche sacht den Kopf zu schütteln.
„Nein! Es muss etwas mit Alex sein!“, stöhne ich und krümme mich weiter auf dem Boden. Ich habe inzwischen die Augen fest geschlossen, versuche diese brennenden Krämpfe irgendwie zu ertragen und mental mit Alex Kontakt aufzunehmen. Dann spüre ich Rhys Hände. Langsam und vorsichtig hebt er mich auf seine Arme und trägt mich zum Sofa. Sacht legt er mich ab und betrachtet sorgenvoll und total hilflos mein Gesicht.
„Sam, was ist es? Was genau spürst du?“, will er wissen und seine Stimme klingt drängend. Ich habe immer noch meine Augen geschlossen. Mein Atem geht stoßweise, mein Herz scheint jeden Moment zu kollabieren und mein ganzer Körper krampft sich zusammen, beginnt unkontrolliert zu zittern. Meine Beine zucken und scheinen mir nicht mehr zu gehorchen. Schweiß rinnt mir von der Stirn. Alex!, schießt es mir durch den Kopf, Alex muss verletzt sein. Es ist genauso wie damals, im Schloss. Diesmal dauern die Schmerzen jedoch länger an. Minutenlang liege ich in gekrümmter Haltung auf dem Sofa. Ich bin weder in der Lage auf Rhys Fragen zu antworten, noch bin ich fähig mich irgendwie zu bewegen. Dann erfasst mich erneut eine Welle peinigender Schmerzen. Ich keuche und winde mich, versuche diese schreckliche Qual irgendwie
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