SAM
diesem Thron etwas, dass meine volle Aufmerksamkeit erweckt. Dort an der Wand ist ein Mann mit den Armen über dem Kopf an Ketten gefesselt. Er kniet auf dem Boden, offensichtlich zu schwach um sich noch auf den Beinen zu halten. Wir verlangsamen unsere Schritte und je näher ich komme, um so intensiver schnürt mir der Anblick die Kehle zu.
„Oh, mein Gott, NEIN!“, schreie ich und renne zu der Gestalt, die dort regungslos an die kalte Steinwand gekettet ist. Ich werfe mich ihm entgegen. „Alex, Alex!“, rufe ich ihn und streiche sacht über seine blutverschmierten Wange. Sein nackter Oberkörper ist übersät mit Verletzungen jeglicher Art und die Wunden sind offen, wollen nicht heilen. Ein leises Stöhnen entrinnt seinen aufgeplatzten Lippen und er hebt den Kopf, um mich anzusehen. Blut tropft von seiner Stirn und seine Augenlider flattern, als er langsam den Blick auf mich richtet. Seine Pupillen sind tiefschwarz und eine unbeschreibliche Gier ist in seinem Blick zu erkennen.
„Sam!“, es ist nur ein Hauch, der über Alexanders Lippen zu gleiten scheint. Tränen schießen mir in die Augen.
„Ja! Liebling, ich bin da!“ Für eine winzige Sekunde fliegt ein Lächeln über sein geschundenes Gesicht.
„Bringt dich in Sicherheit, ich …“, dann bricht er ab und ein dunkles, unmenschliches Grollen und Knurren steigt tief aus seiner Kehle empor. Ich spüre den inneren Kampf, den er austrägt. Es ist dieses Biest in ihm, dass er zu bekämpfen versucht. Er kämpft verzweifelt, um nicht in einen Blutrausch zu fallen. Ich taumle ein paar Schritte zurück und betrachte sein Gesicht: Seine Fangzähne stehen deutlich hervor und sein Atem geht stoßweise. Seine Augen sehen mich fiebrig an und fixieren plötzlich meinen Hals. Seine Wangen sind eingefallen und unter seinen schwarzen Augen liegen tiefe Schatten. Erst jetzt fällt mir auf, dass sein Körper ebenfalls eingefallen wirkt, fast ausgemergelt und dass sich die Haut bereits straff um seine Muskeln und Knochen spannt. Ich blicke zu Boden und sehe das viele Blut, in dem ich stehe. Übelkeit steigt in mir hoch. Sie haben ihn gefoltert und wollen ihn ausbluten lassen.
„Er verhungert,...er lässt Alexander verhungern!“, schreie ich Rhys verzweifelt an, der bereits von zwei Hünen festgehalten wird und dessen Gesicht eine einzige wütende Fratze ist.
„Man hatte mir bereits erzählt, du wärst ein kluger Kopf, Samantha!“, höre ich eine kalte Stimme neben mir. Ich schrecke furchtbar zusammen und starre sogleich in graue, emotionslose Augen. Balthasar!
„Du Teufel, was fällt dir ein!“, schreie ich ihm entgegen und hole aus, um ihn zu ohrfeigen. Aber er fängt natürlich meine Hand ab und hält sie in seinem stählernen Griff. Es war nicht mehr als ein Reflex, denn ich weiß, dass ich körperlich nie eine Chance hätte gegen diesen mächtigen Vampir.
„Ts, ts, ts, wer wird denn gleich wie eine Furie auf mich losgehen. Spar dir deine Leidenschaft für später auf“, zischt er mir entgegen. Mir wird schlecht, als ich seinen kalten Atem an meiner Haut spüre und seine Berührung verursacht Ekel und unermessliche Abscheu.
„Lass mich los oder...“, gifte ich ihn furchtlos an. Ein fieses Lächeln umspielt seine dünnen, boshaften Lippen.
„Oder was, Samantha?“ Er geht einige Schritte an mir vorbei, zu Alexander, der den Kopf wieder gesenkt hat. Balthasar blickt triumphierend auf seinen Widersacher herab.
„Du kannst ihm nicht mehr helfen. Du kannst dich ihm nicht einmal mehr nähern. Vielleicht erkennt er dich nicht einmal mehr. Der Hunger nach frischem Blut ist übermächtig geworden und bestimmt sein ganzes, erbärmliches, restliches Dasein. Hm, wie schade für euch beide.“ Dieser Teufel! Meine Wut auf ihn wird übermächtig, das Adrenalin schießt durch meinen Körper. Ich habe alle Mühe nicht schreiend auf Balthasar einzuprügeln. Ruhig, Samantha, ruhig, versuche ich mich selbst zur Ordnung zu rufen. Zeit, wir brauchen Zeit. Ich muss Balthasar hinhalten, so lange wie nur irgend möglich, bis unsere Verstärkung kommt. Balthasar hat sich von mir abgewendet und widmet sich nun meinem Begleiter. Er schlägt Rhys mit der Faust ins Gesicht und zischt ihm Feindseligkeiten zu. Ich verharre schweigend, angespannt und hoch konzentriert und dann,…plötzlich beginnt sich in meinem Kopf etwas Unglaubliches abzuspielen. Zunächst spüre ich eine dumpfe Leere und dann, wie im Zeitraffer laufen Bilder vor meinem geistigen Auge ab. Schnell, immer
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