SAM
schneller tauchen Geschehnisse in meinem Bewusstsein auf, schreckliche Szenen voller Grausamkeit und Brutalität. Ich erkenne bekannte Gesichter und höre ihre Stimmen in meinem Kopf. Sie erzählen ihre Geschichten und Erlebnisse. Einzelne Worte peitschen durch meine Gedanken. Alles geschieht so wahnsinnig schnell, dass mir furchtbar schwindelig wird und ich die Befürchtung habe, mein Kopf würde jeden Augenblick explodieren. Es fühlt sich an wie eine Achterbahnfahrt durch das Leben eines anderen Menschen. Das Wissen Lylhas! Das ist es, was sich hier in meinem zum Zerbersten schmerzenden Kopf abspielt. Ich versuche mich weiter still zu verhalten und zu verbergen, was sich mir in so unglaublicher Weise eindrucksvoll erschließt. Es kostet mich jedoch immense Anstrengung nicht meine Hände an meine schmerzhaft pochenden Schläfen zu reißen, mich einfach auf meine Knie sinken zu lassen und mich wimmernd dieser Flut von Erlebtem zu ergeben. Ich muss es ertragen, leise und möglichst unbemerkt. Ich muss stark bleiben, denn vielleicht hilft mir ja dieses Wissen, Alexanders Leben zu retten und uns alle aus dieser schier aussichtslosen Lage zu bringen.
Ich nehme nur am Rande wahr, wie Balthasar sich von Rhys abwendet und seine Aufmerksamkeit auf Christian lenkt. Der elende Verräter tritt dem vor ihm, auf dem Boden liegenden Jason in die Brust tritt und heult dabei triumphierend auf. Die Gedankenachterbahnfahrt in meinem Kopf schwächt sich langsam ab und mein Kopf wird erlöst von der Vergewaltigung mit den Gedanken, Erlebnissen und Erinnerungen aus Lylhas Leben. Nur noch das dumpfe Pochen in meinen Schläfen erinnert mich an das, was ich noch vor ein paar Sekunden erlebt habe. Schweißperlen haben sich auf meiner Stirn gebildet und unwillkürlich habe ich meine Hände zu Fäusten geballt. Nur langsam finde ich ins Hier und Jetzt wieder zurück und versuche mich erneut auf Alex zu konzentrieren und ihn mental zu erreichen.
„Alex, Liebling, bitte antworte mir!“ Ich glaube gegen eine Wand zu prallen. Ich erreiche ihn nicht, er öffnet sich mir nicht. Panik und Verzweiflung machen sich in mir breit. Wieder blicke ich zu Alexander, während ich nur am Rande mitbekomme, wie Rhys und Balthasar sich Tiraden feindseliger Worte an den Kopf werfen. Alexanders Qualen sind unermesslich, ich spüre es. Hat er bereits aufgegeben? Ist alle Hoffnung verloren? Wieder und wieder versuche ich Verbindung mit ihm aufzunehmen.
„Alex, gib nicht auf. Du musst an dich glauben. Ich glaube an dich. Alex bitte, zeig mir irgendwie, dass du mich verstehst. Dann, endlich, höre ich seine Stimme in mir, leise nur, aber sie ist da.
„ Sam! Warum bist du gekommen? Er wird dir wehtun…!“
„ Nein. Ich glaube an uns, wir werden ihn noch besiegen! Ich weiß es!“ Plötzlich schwirren die Gedanken in meinem Kopf erneut durcheinander und einzelne Sätze bilden sich heraus:
Sie trägt die Hoffnung bereits in sich.
Er ist ein exklusiver Cocktail .
Mit dieser Frau an deiner Seite konntet ihr es schaffen, Balthasar zu vernichten.
Sein Blut fließt in dir.
Du bist von ihm beseelt.
Die Mächtigen Drei.
Ein warmer Impuls geht von der Mitte meines Körpers aus und ich spüre endlich wieder Hoffnung in mir. Einzelne Gedanken und Erinnerungen fügen sich wie ein Puzzle zusammen. Ja, das ist es, das muss es sein! Ich weiß, ich werde das Richtige tun. Endlich habe ich Gewissheit, endlich weiß ich, welches der einzig richtige Weg ist, um Alex und uns alle zu retten. Aber wird mich nicht der Mut verlassen, bei dem, was ich vorhabe? Werde ich die Kraft haben, das zu tun, was die tiefe Entschlossenheit in meinem Innern von mir verlangt? Es wird mich unendliche Überwindung kosten,…aber ich weiß. Es MUSS sein!! Ich blicke mich kurz um. Die Zahl derer, denen Balthasar befiehlt ist zu groß. Auch wenn das, was ich vorhabe uns alle retten kann und Balthasar für immer vernichten wird, so können wir doch alles verlieren, weil wir in erschreckender Unterzahl sind. Ein Kampf auf Leben und Tod bleibt unausweichlich. Ich muss unbedingt weiter Zeit gewinnen. Rhys Männer müssen uns helfen. Ohne sie ist alles ein hoffnungsloses Unterfangen. Zunächst muss ich aber Balthasars Aufmerksamkeit erlangen, ihn hinhalten, ihn versuchen zu verunsichern, ihn mit Dingen konfrontieren, die ihn ins Grübeln bringen und ihn vielleicht auch von seinem Vorhaben abhalten, Alex zu töten und mich für seine perversen Zwecke zu missbrauchen. Zeit, ich brauche
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