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SAM

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Titel: SAM Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Caspary
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tötete und ich werde niemals vergessen, welche Genugtuung ich dabei empfand, meinen eigenen Vater zu köpfen. Ich war gekommen, um Rache zu nehmen und ich tat es auf grausamste Art und Weise, sowie es mich Lylha gelehrt hat.“
    Er macht eine kleine Pause, um dann fortzufahren:
    „Danach fing ich an zu reisen. Ich erkundete Britannien. Und lernte schließlich andere Vampire kennen, unter anderem Jonathan und seine Familie. Vampire lebten zu dieser Zeit oft in Clans zusammen. So lernte ich auch Jonathans Schwester kennen. Anfangs empfand ich tatsächlich so etwas wie Zuneigung zu Madelaine. Wir wurden von ihrer Familie regelrecht dazu gedrängt, uns zu verloben. Man erwartete, dass wir Nachwuchs zeugten, denn die Vampirpopulation war durch die Hexenverbrennungen und die Inquisition arg dezimiert worden. Madelaine wusste Bescheid über meine Herkunft und ließ nie einen Zweifel daran, dass sie mich tief in ihrem Inneren verabscheute. Dennoch willigte sie der Verlobung ein. Es war eine kranke Beziehung. Für Madelaine war es wichtig in der Vampirgesellschaft mit mir gesehen zu werden. Ihre Gier nach Anerkennung und Macht war unermesslich. Eine Vermählung  mit dem mächtigsten Vampir der Welt und die Zeugung von Nachkommen war alles, was sie interessierte, denn dadurch wäre sie die einflussreichste Vampirin der Gesellschaft  geworden und ihr Ansehen und ihre Stellung  wären  immens gewesen.
    Wenn wir jedoch alleine waren, dann zeigte sie mir deutlich, wie sehr sie mich in ihrem Inneren verachtet.
    Im Jahr 1863 trennten sich unsere Wege. Ich ging einfach. Ich konnte ihre verlogene Art nicht mehr ertragen. Aus anfänglicher Zuneigung wurde Abscheu. Und später nur noch  gegenseitiger Hass. Viele Jahrzehnte reiste ich allein durch Europa und genoss  es unabhängig und ungebunden zu sein. Trotzdem spürte ich immer mehr eine innere Unruhe in mir aufkommen. Ich fing an, über mein Leben nachzudenken, quälte mich mit der Frage, ob ich eine Seele hätte, ob es Gott gibt und warum er uns erschaffen hatte. Werde ich in der Hölle landen, für meine Gräueltaten und die unzähligen unschuldigen Leben, die ich genommen hatte oder was geschieht mit mir, wenn ich nicht mehr auf Erden wandelte?  Ich haderte mit meiner Existenz und der Tatsache, dass ich ein gewissenloser, eiskalter Mörder war. Zweifel kamen auf und ein innerer Kampf brach in mir los. Meine menschliche Seite schien plötzlich wiedererweckt. Es widerte mich an, den leblosen Körper eines Menschen in meinen Armen zu spüren, wenn ich ihn bis auf den letzten Tropfen Blut ausgesaugt hatte. Es ekelte mich an, wenn ich mich in einem Fenster oder Spiegel sah, dieses Monster mit den blutunterlaufenen Augen und den blutbenetzten Lippen und Fangzähnen. Ich empfand mein Leben inzwischen als einen Fluch. Ich war einsam und sehnte mich nach Frieden. Frieden mit mir selbst. Es kam die Zeit, in der ich beschloss, meinem verfluchten Dasein ein Ende zu bereiten. Ich ging zurück nach Schottland und tat alles, um diese teuflische Kreatur, die ich war, zu töten. Es gelang mir nicht.
    Ich verbrachte mehr als einhundert Jahre in den Wäldern Schottlands und verbarg mich vor der Welt, den Sterblichen und der heuchlerischen Gesellschaft der Vampire. Am meisten jedoch versuchte ich, mich vor mir selbst zu verstecken. Ich ertrug es nicht mehr, dieses Monster in mir, das mich immer wieder aufforderte zu töten und meine Blutlust an unschuldigen Menschen zu stillen. Irgendwann kam ich zu dem Punkt, an dem ich aufgab gegen das, was ich bin, zu kämpfen. Das Monster hatte schlussendlich gewonnen. In einem letzten Aufbäumen gegen die teuflische Kreatur in mir, schwor ich, nie wieder einen Menschen zu töten, um meine Gier nach Blut zu stillen. Ich begann neue Wege für mich zu finden, ernährte mich ausschließlich von Tieren, vermied jeglichen Kontakt zu Sterblichen und schwor allen vampirischen Gebräuchen ab. Jonathan war es schließlich der mich Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts halb verhungert, fast wahnsinnig, von der Sonne verbrannt  und vollkommen verwahrlost in den Highlands auffand und mich zu sich nach London nahm. Er half mir über die darauf folgende Zeit des Zweifelns und des Verzweifelns  hinweg und bis heute weiß ich nicht, ob ich ihm dafür dankbar sein oder aber ihn bis in alle Ewigkeit verachten soll.“
     
    Das Feuer im Kamin ist erloschen. Es ist still, nur unsere Atemzüge sind zu hören. Die Dunkelheit hat sich wie ein schwerer Schleier auf das Zimmer

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