Samantha Dyson 02 - Verhängnisvolle Jagd
Doch es war nichts zu sehen und – noch besser – nichts zu hören. Er seufzte. Sie waren offensichtlich mit dem Schrecken davongekommen, und die Gefahr war gebannt.
Langsam wich die Anspannung aus seinem Körper. »Okay, gehen wir.«
Laurel sah ihn fragend an. »Wohin?«
»Ich habe keine Ahnung. Erst einmal aus diesem Dickicht heraus und dann mal sehen, ob wir uns an irgendetwas in der Landschaft orientieren können.«
»Ja, versuchen wir’s.«
Rey beugte sich zu ihr hinunter und drückte einen Kuss auf ihren Mund. Dann drehte er sich rasch um und machte sich daran, die Böschung zu erklimmen. Laurel folgte dicht hinter ihm und war froh, dass er ihr einen Pfad durch das Gestrüpp bahnte. Trotzdem blieb sie mehr als einmal an den spitzen Dornen hängen. Sie mochte sich gar nicht vorstellen, wie viele Kratzer, Prellungen und Beulen diese Odyssee auf ihrem Körper hinterließ. Aber die Hauptsache war, dass sie mit dem Leben davongekommen und auch nicht ernsthaft verletzt waren. Sie weigerte sich, den Schmerz in der Seite anzuerkennen. Besser, sie ignorierte ihn, solange sie noch nicht in Sicherheit waren und sie nicht unversehrt das Camp erreicht hatten. Der Gedanke an ein weiches, sauberes Bett entlockte ihr einen Seufzer, den sie sofort unterdrückte. Es brachte nichts, sich jetzt etwas zu wünschen, das sie sowieso nicht haben konnte. Sie sollte sich lieber darauf konzentrieren, so schnell wie möglich hier wieder herauszukommen.
Vom Erklimmen der steilen Böschung leicht außer Atem, hielt sie weiter oben an, wo der Abhang sich abflachte, und blickte sich um. »Ist das nicht der Termitenhügel, in dem wir fast gelandet wären?«
Rey folgte mit den Augen ihrem ausgestreckten Zeigefinger, der auf eine Stelle weiter oben zeigte. »Sieht fast so aus. Könnte natürlich mehrere davon geben.«
»Versuchen wir es einfach.« Laurel rückte den Rucksack auf ihrem Rücken zurecht und ging mit langen Schritten auf den Termitenbau zu.
Schließlich blieb sie stehen und betrachtete die Umgebung. »Weißt du noch, aus welcher Richtung wir gekommen sind?«
Rey sah sich lange um, bevor er sich mit der Hand durch die Haare fuhr. »Ganz sicher bin ich mir nicht, aber ich glaube, wir sind durch diese Büsche dort oben gedrungen. Sehen wir nach, ob wir abgebrochene Zweige oder andere Spuren finden.«
Ihre Spurensuche erwies sich jedoch als fruchtlos. Sie fanden nicht nur eine, sondern gleich mehrere niedergetrampelte Stellen, wahrscheinlich von Nashörnern, Elefanten oder anderen großen Tieren angelegte Wege. Die Chance, dazwischen ihre Spuren zu finden, war ziemlich gering. Also umrundeten sie das Gebüsch und versuchten dann aufs Geratewohl, die Lichtung zu finden, auf der sie durch das plötzliche Auftauchen des Nashorns von Nkosi und dem deutschen Ehepaar getrennt worden waren. Nach einer halben Stunde gaben sie erschöpft auf. Laurel hatte das Gefühl, sich ständig im Kreis gedreht zu haben. Sie ließ sich auf den Boden sinken und streckte stöhnend die Beine aus. Rey schlüpfte aus seinem Rucksack und stellte ihn vor sich auf den Boden. Er hockte sich neben sie und öffnete ihn. Als er die zwar demolierte, aber dicht gebliebene Trinkflasche herauszog, gab er einen zufriedenen Laut von sich und hielt sie Laurel hin.
»Danke, ich habe eine eigene Flasche. Jedenfalls hoffe ich, dass sie noch heil ist.« Sie setzte ihren Rucksack ab und öffnete ihn. Ja, auch ihr Wasserbehälter war unbeschädigt. Wenigstens ein Lichtblick! Erleichtert öffnete sie den Verschluss und trank gierig. Wasser rann ihr aus den Mundwinkeln und tropfte auf das T-Shirt, aber das war ihr jetzt egal. »Gut, dass ich meinen Laptop im Zelt gelassen habe. Die Strapazen hätte er bestimmt nicht überstanden.«
Laurel öffnete das gepolsterte Innenfach in ihrem Rucksack und zog vorsichtig den Fotoapparat heraus. Sie besah ihn sich von allen Seiten, auch hier kam sie zu einem positiven Ergebnis: Zumindest war von außen kein Schaden zu erkennen. Mit angehaltenem Atem schaltete sie ihn an und seufzte erleichtert, als die Anzeige erschien. Die Aufnahmen waren glücklicherweise nicht verloren gegangen.
»Gott sei Dank, es ist alles noch da. Der Chefredakteur würde mich lynchen, wenn ich ohne die Fotos wiederkommen würde.«
»Im Ernst?«
»Nein, natürlich nicht, aber erfreut wäre er bestimmt nicht. Wie sieht deine Kamera aus?«
Vorsichtig zog er den Camcorder aus seinem Rucksack und schaltete ihn an. Auch er funktionierte noch. »Super, aber
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