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Samarkand Samarkand: Roman (German Edition)

Samarkand Samarkand: Roman (German Edition)

Titel: Samarkand Samarkand: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Politycki
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… Man muß die Augen schließen und es zwei Mal sagen.«
    Wie er nun nach Kaufners Rechten haschte, um ihn endlich zu begrüßen, war sein Händedruck, man spürte es sofort, nicht von der herzlich festen Art. Er griff nur mit den Fingern zu, zuckte schnell wieder zurück.
    »Was weißt du von mir«, zog Kaufner seinen Spieß sehr langsam aus dem Fleisch, »kommst du etwa von –?«
    »Ich weiß nicht, wer mich schickt«, der junge Mann machte keinerlei Anstalten, sein Schaschlik zum Verzehr zuzurichten. »Ich weiß bloß, daß ich aus dem Tal komme. Ich soll dir sagen, daß dein Auftrag beendet ist.«
    Er ist noch nicht beendet, dachte Kaufner, versetzte gleichwohl, er habe gar keinen Auftrag.
    »Keine Operation 911 ?« grinste der Händler. Er wußte Bescheid, es hatte keinen Sinn zu leugnen.
    »Bist du einer von uns? Arbeitest du für –«
    Für den Westen? Nicht grundsätzlich, behauptete der Mann, aber anscheinend in diesem Fall. Schließlich werde er dafür bezahlt. Er habe Kaufner auszurichten, er solle abbrechen und nach Hause fliegen. Nicht ganz nach Hause, im Norden Deutschlands gebe es keine Freien Festen mehr, man habe sich abgesetzt, organisiere den Widerstand jetzt vom Südbund aus.
    Seit Monaten hatte Kaufner keine verläßlichen Nachrichten vom europäischen Kriegsschauplatz erhalten, man hätte ihm alles erzählen können, er hätte es nicht geglaubt. Nun schob auch er sein Schaschlik von sich, versuchte, möglichst viel aus dem Mann herauszubekommen.
    Doch es wurde nicht viel. Der Händler hatte seine Botschaft auswendig lernen müssen, bevor man ihn losgeschickt, mehr als die immergleichen Versatzstücke wußte er nicht als Antwort zu geben: Seit dem Waffenstillstand zwischen den Deutschländern und dem Kalifen könne man sich auf die Ostfront konzentrieren. Die Freikorps in Österreich-Ungarn seien eingebrochen, Hamburg gefallen, Hannover gefallen, Berlin als Enklave sowieso schon lange nicht mehr zu halten gewesen. Die vereinigten Truppen der Türkei und der Islamischen Front versuchten, die großrussische Offensive zum Halten zu bringen, eine Ausführung von Operation 911 diene nicht mehr den deutschen Interessen.
    So weit die Botschaft des Händlers (beziehungsweise dessen, der sie ihm im Tal eingetrichtert hatte). Darüber hinaus wußte er nichts, tatsächlich verstand er nicht einmal den Text, den man ihm aufgegeben. Mitten im Satz besann er sich, ließ die Wörter im Raum hängen, bis es wehtat, mußte sich an die exakte Formulierung erinnern. Kaufner weigerte sich, ihm zu glauben, sein Händedruck widerlegte von vornherein, was er gesagt und noch sagen mochte:
    »Wie hast du mich überhaupt gefunden?«
    »Oh, das war nicht schwer, Herr Alexander. Alle Wege führen nach Samarkand.«
    Der Mann war kein Händler, sondern ein einfacher, ein sehr einfacher junger Mann namens Dalir. Er hatte den Markttag ausgenützt, um ohne weitere Umstände nach Samarkand hineinzukommen. Nun wollte er ebenso unbeachtet wieder verschwinden. Draußen waren sie dazu übergegangen, mit stumpfen Pfeilen auf den Mann im Käfig zu schießen, der Schaschlikbrater hatte seinen Grill verlassen, um besser zuschauen zu können. Kaufner reizte seinen Gesprächspartner durch Beleidigungen, auf daß er sich erhitze und womöglich ausplaudere, was nicht in Kaufners Ohren gehörte:
    Da könne ja jeder kommen. Warum er ausgerechnet einem wie ihm glauben solle? Ob ein dahergelaufener Bursche überhaupt wisse, was Operation 911 bedeute?
    Das wolle er gar nicht! beeilte sich Dalir zu versichern. Leider wisse er es trotzdem. Auch wenn der Name dafür neu sei, Kaufner sei schließlich nicht der erste, der sich anschicke, Timurs Grab zu finden.
    Kaufner zuckte zusammen, so offen durfte man das doch nicht aussprechen, am allerwenigsten in Samarkand! Dalir ließ sich indessen nicht beirren:
    »Jeder im Tal weiß es, Herr Alexander, jeder im Gebirge.« Hier oben sei Kaufner ja sozusagen in bester Gesellschaft: »Einige deiner Trinkkumpane waren, was du bist.« Dalir rollte mit den Augen, stellte mimisch und gestisch dar, was er denn doch lieber nicht mit Namen nannte. Kaufner habe seine »Gefährten« nur nicht als solche erkannt. »Wenn man lang genug in Samarkand ist, entscheiden sich die meisten fürs Überleben. Und nehmen die Gastfreundschaft des Sultans an.«
    Ob er vielleicht mit Feisulla zusammenarbeite, wollte Kaufner aus einer plötzlichen Eingebung heraus wissen.
    »Ich bin Tadschike, Herr Alexander!« Der Bursche sprang

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