Samstags, wenn Krieg ist
erfahrene Bodyguards. Durchtrainiert und entschlossen. Sie warten nur auf ein paar linke Spinner, die Ärger machen wollen, auf Türken oder Sozis.
Sie reisen von Stadt zu Stadt mit dem britischen Wissenschaftler. Man kann sich nicht überall auf die nationalen Kräfte vor Ort verlassen. Mancherorts sind die Antifa-Gruppen stark und militant. Immer öfter müssen die Veranstaltungen unter Polizeischutz stattfinden. Doch in Ichtenhagen ist so etwas noch nicht nötig.
Siggi fühlt sich durch die Anwesenheit von ein paar beifallklatschenden Polizeibeamten bestärkt, so als sei es ein Beweis dafür, dass jetzt alles ins Lot kommt.
Im Grunde haben wir doch Recht. Bald wird es alle Welt wissen.
Da sitzt Siggis alter Lehrer, Herr Bauer, der mit den Mensuren im Gesicht. Er nickt Siggi freundlich zu. Es ist für Siggi, als würde er zum ersten Mal eine gute Note bekommen. Eine wirklich gute Note. Eine Eins. Wo sind sie jetzt, die Streber von damals? Die Einserschreiber und Besserwisser? Die haben Deutschland verraten, sind zu den Sozis gerannt oder zu den Grünen. Hier, heute Abend, könnten sie zeigen, was sie wirklich in der Schule gelernt haben. Jetzt sind sie nicht da.
Bauers Blick macht Siggi nachträglich zum Klassenbesten.
Siggi empfindet so etwas wie Glück. Doch Wolf ist sauer, erhitzt und angetrunken.
Ein Beifallssturm braust auf. Einige Zuschauer reißt es von den Stühlen, Herr Bauer ist auch dabei. Doch Wolf fordert seine Leute auf, mit ihm nach draußen zu gehen. Knut Feddersen folgt ihnen.
Vor dem Versammlungsraum parken die Autos in Zweierreihen. In einem Audi sitzen zwei junge Männer und beobachten den Eingang. Sie interessieren sich nicht für jeden. Aber einige Besucher wollen sie fotografieren, was vermutlich durch die Lichtverhältnisse sowieso nicht gelingt. Zum Beispiel Knut Feddersen, wie er sich von den Ichtenhagener Ultras umringt, von Wolf Kleinhaupt die Meinung sagen lassen muss.
„Die ändern gar nichts!“, schimpft Wolf. „Die reden nur. Am liebsten über gestern. Wir brauchen klare Verantwortungen. Einen Führer. Keine Parteibonzen.“
Alle nicken. Auch Siggi.
Knut Feddersen sieht jeden einzelnen an. Er mag diese jungen Hitzköpfe. So war er auch einmal, allerdings blieb bei ihm alles verbal. Noch nie in seinem Leben hat er sich geprügelt. Außer von seiner Mutter hat er noch nie Ohrfeigen bekommen.
„Ich verstehe eure Ungeduld ja. Mir wäre es auch lieber heute als morgen, aber nur mit Wut kommen wir nicht weiter.“
„Ich geh Bier holen“, tönt Dieter und stiefelt in den Versammlungsraum zurück.
„Die Bewegung ist in Gang. Niemand hält sie auf!“, prophezeit Wolf. Er zeigt auf den Eingang zum Saal. „Auch nicht das Gequatsche da.“
Knut weiß, wie hitzig die Jungs sind. Die brauchen Aktionen, sonst sind sie in Ordnung. Für richtige Parteiarbeit nicht zu gebrauchen, für parlamentarische schon gar nicht. Aber die Bewegung braucht auch einen schlagenden Arm für den spontanen Volkszorn und vor allen Dingen eine Schutztruppe, die ordentlich zulangen kann.
Er klopft Wolf auf die Schultern, als sei er ganz seiner Meinung. Sagt dann aber etwas, womit er Wolf beleidigt:
„Nur die Birne zudröhnen und Ausländer erschrecken, das bringt es nicht. Wir können ein paar tüchtige Jungs gebrauchen. Als Ordner zum Beispiel.“
Wolf platzt zuerst los. Dann fallen die anderen in sein schallendes Gelächter mit ein.
Knut Feddersen erklärt: „Ihr braucht vorher natürlich eine richtige Ausbildung. Wir haben eine eigene Kampfsportschule. Ihr solltet mal an einem Wochenendkurs teilnehmen.“
Siggi zeigt auf die zwei Türsteher. Sie haben die Hände hinterm Rücken verschränkt, stehen schulterbreit und sehen geradeaus wie beim Morgenappell.
„Damit wir aussehen wie eure Oberkellner da?“
Knut versucht es noch einmal. „Ihr müsst lernen, diszipliniert zu handeln. Gehorsam ist eine urdeutsche Eigenschaft.“
Wolf Kleinhaupt unterbricht ihn barsch: „Ja. Klar. Quatscht ihr nur weiter.“
Wolf zieht ab. Seine Bande folgt ihm ohne zu zögern. Sogar Dieter mit seinem Arm voller Halbliterkrüge rennt hinter Wolf her.
Knut sieht ihnen einen Moment nach.
Im Vorbeigehen haut Wolf mit der Faust auf jedes Autodach. Die beiden Türsteher wollen hinterher, um das zu unterbinden. Schließlich parken hier Wagen von Kameraden und Gesinnungsfroinden. Aber Knut Feddersen deutet ihnen mit einem Blick an, sie sollen die Ichtenhagener Ultras in Ruhe lassen.
Knut ahnt, dass Wolf eine
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