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Samstags, wenn Krieg ist

Samstags, wenn Krieg ist

Titel: Samstags, wenn Krieg ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wolf
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nun wirklich.
    Sie nimmt sein Nicken auf. „Sonst sind es ja nur vier Stunden am Tag, wenn Johannes in der Einrichtung ist.“
    Wieder nickt er. Es sind Fakten. Was soll er dagegen sagen? Aber jedes Mal, wenn er ihr Recht gibt, prescht sie ein Stückchen weiter vor.
    „Inventur ist doch bloß einmal im Jahr“, sagt sie und spricht sich damit auch noch für heute Abend frei. Dabei hat er sofort gerochen, dass sie getrunken hat. Cognac und Sekt.
    Von wegen Inventur, denkt er. Kleine Betriebsfeier!
    Er schämt sich im gleichen Augenblick für seine Gedanken. An einer Feier hätte sie im Moment wirklich nicht teilgenommen. Sie trauert, und ihre Trauer ist ehrlich. Wahrscheinlich haben sie einfach bei der Inventur ein Schlückchen getrunken. Na und?
    Sie ziehen ihre Mäntel gar nicht erst aus. Sie rennen gleich zu Yogis Zimmer durch. Von außen steckt ein Schlüssel.
    Als würde es erst jetzt wahr, sagt Josef Schmidtmüller: „Er hat ihn tatsächlich einfach eingeschlossen.“
    Er dreht den Schlüssel um. Zunächst kann er nicht ins Zimmer, weil Yogi sich von innen dagegenlehnt und mit den Fingern am Holz kratzt.
    „Johannes! Lass uns rein. Ist ja alles gut, Johannes. Wir sind wieder da. Mama und Papa.“
    Jetzt kann er die Tür öffnen. Yogi fällt ihnen entgegen. Er sieht aus, als hätte er den Teufel gesehen. Verheult, verschwitzt und mit grünem Schnodder an der Nase.
    Seine Augen sind es, die seine Eltern wirklich erschrecken.

47
    Die beiden Männer im Audi heißen Ulf Kypke und Claus Briefs.
    Kypke steuert den Wagen. Briefs lädt seine Dienstwaffe durch. Er ist sich ganz sicher, dass jetzt gleich etwas passieren wird.
    Es wird auch Zeit. Warum muss man ausgerechnet ihm einen Typen zuordnen, der Telefonkarten sammelt?
    Auf dem Rücksitz liegen drei Zeitschriften für Telefonkartenfreaks. Farbig, versteht sich. Außerdem ein Katalog, dick wie ein Ziegelstein.
    Briefs ist jetzt alles recht. Eine Autopanne, eine asiatische Grippe, eine Schießerei … Hauptsache, Kypke erzählt ihm nicht schon wieder die Geschichte, wie er am Sonntagabend um 21 Uhr mit seinem Schlafsack vor dem Postschalter am Frankfurter Messegelände auftauchte, um eine günstige Startposition für den nächsten Morgen zu bekommen. Denn fünftausend Plastikkarten Kaminstübchen Nummer II sollten ausgegeben werden. Nicht zu verwechseln mit Kaminstübchen Nummer I ! Als er kam, kampierten schon ein paar Dutzend Sammler dort, um das begehrte Stück zu bekommen. Morgens um 5 Uhr 30 strömten Hunderte heran. Es kam zu Schlägereien. Polizeieinsatz. Ohnmächtigen im Gedrängel. Zweimal kam er fast bis an den Schalter. Er brach sich einen Finger. Aber um 10 Uhr 45 hatte er eine ergattert. Tatsächlich! Welch ein Ereignis.
    Er liebt diese kitschige Telefonkarte mit Kneipenwerbung hintendrauf mehr als seine Freundin. Von der trennt er sich nämlich gerade. Von seiner Kaminstübchen würde er sich nie trennen.
    Briefs hat nur Spott dafür übrig. Mit seinem anderen Partner konnte er über Sport reden, über Frauen, über Filme, ja sogar über Politik. Aber mit Kypke nur über Telefonkarten. Es ist zum Verrücktwerden.
    Sie fahren seit einer halben Stunde hinter den Skins her. Kreuz und quer durch die Stadt. Aber so leicht lassen Kypke und Briefs sich nicht abhängen. Nicht in Ichtenhagen.
    Zum dritten Mal fahren die Jungens an der stillgelegten Fabrik vorbei. Jedes Mal ist dort einer ausgestiegen. Vielleicht sogar zwei. Es können höchstens noch der Fahrer und der Beifahrer im Auto sitzen.
    „Wir sind ganz nah dran. Ich spür so etwas“, sagt Briefs.
    Kypke nickt nur stumm und fingert nach einer Zigarette.
    Jetzt raucht der Süchtige auch noch!
    Am liebsten würde Briefs jetzt angegriffen werden. Er könnte sich wehren, seine ganze Wut in die Waffe legen und abdrücken. Schon ein einziger Schuss reicht in seiner Vorstellung aus, um den ganzen Stress der letzten Tage ungeschehen zu machen. Das endlose Warten mit diesem Kretin. Die Rückenschmerzen. Die Langeweile. Das Pommesbudenessen.
    Jetzt biegt der Wagen in das Fabrikgelände ein. Briefs weiß sofort Bescheid.
    „Hier ist die Übergabe. Der ist nicht um sonst eine halbe Stunde sinnlos durch die Stadt gekurvt.“
    Ausnahmsweise ist Kypke der gleichen Meinung. Er gibt Gas, um den Wagen nicht zu verlieren. Sie sehen gerade noch, wie er hinter einer Lagerhalle einbiegt. Der Audi mit quietschenden Reifen hinterher. Ab um die Ecke.
    Aber sie sind gelinkt worden. Sie stehen vor einer Wand. Nur ein

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