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Samstags, wenn Krieg ist

Samstags, wenn Krieg ist

Titel: Samstags, wenn Krieg ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Wolf
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einzigartiges Reaktionsvermögen, das Briefs diesem Kypke nie zugetraut hätte, verhindert, dass sie einen Unfall bauen.
    Von oben springen jetzt maskierte Männer auf den Wagen. Sie sind mit Baseballschlägern bewaffnet und einer mit einem Vorschlaghammer.
    Der mit dem Hammer steht auf dem Kühler und holt aus.
    „Raus!“, schreit Briefs und will die Beifahrertür öffnen. Dabei richtet er seine Waffe nach oben. Auch Kypke zieht.
    Der Hammer zerdeppert den Kotflügel. Baseballschläger prasseln eine Salve auf die Karosserie.
    Kypke überlegt noch, ob er vielleicht den Rückwärtsgang …
    Da pumpen sich blitzartig die Airbags auf. Die Beamten sitzen verdattert hinter ihren Sicherheitsluftballons eingequetscht im Auto und hören das Gegröle der Ultras.
    Die Windschutzscheibe zersplittert.
    Briefs feuert in den Airbag. Die Luft zischt ihm ins Gesicht. Als er endlich freie Sicht hat, trifft ihn ein Baseballschläger mitten ins Gesicht. Er wird zwischen Scherben aus dem Auto gezogen und hört neben sich noch Kypkes Schrei: „Nicht! Bitte nicht! Ich habe euch doch nichts getan!“

48
    Bei der anschließenden Siegesfeier, dem Komabesäufnis, guckt Dieter zweimal auf die Uhr. Er hat heute noch etwas vor, aber davon brauchen die anderen nichts zu wissen. Das macht er nur für sich. Sozusagen privat.
    Erst hat er daran gedacht, alle einzuladen. So wie sie jetzt drauf sind, wären sie bestimmt dabei. Die machen jetzt jeden Scheiß mit. Aber er fürchtet, dann wieder als letzter dranzukommen. Falls für ihn überhaupt noch Zeit bleibt.
    In seiner Phantasie würde zuerst Wolf sie nehmen. Dann Siggi. Er dürfte vielleicht Forler umhauen oder Schmiere stehen. Als nächstes käme Max dran, dann Jürgen. Peter und zuletzt er.
    Wahrscheinlich dürfte er es nicht mal machen, wie er will. Wolf käme sich bestimmt toll dabei vor, es zu befehlen. Er hört Wolf schon sagen: „Jetzt fick der Itakerkuh in den Arsch!“ Und darauf hat Dieter nun gar keinen Bock. Er will selbst bestimmen.
    Im Kinderheim war er eine Weile Knecht von Gert. Schuhe putzen. Zimmer aufräumen. Bett machen. Klodeckel anwärmen.
    Er musste ihm fast jeden Morgen einen blasen, und Dieter hatte es noch gut. Er war nicht Gerts einziger Knecht. Auch Uli und Günther gehörten Gert. Die anderen vermietete Gert für Geld oder Zigaretten an andere große Jungen. Besonders Uli war begehrt, weil der so einen knackigen Arsch hatte und so schmale Hüften.
    Dieter wurde nur fünf-, sechsmal verliehen. Ihn wollte keiner. Hängefott. Dicke Lippe. Plattnase.
    Seitdem hat Dieter etwas gegen Schwule. Er hasst sie wie die Asylanten. Obwohl er weiß, dass Gert nicht schwul war. Hätte es nur ein Mädchen in Gerts Nähe gegeben, wäre die dran gewesen. Nicht Günther und Uli. Und Dieter schon mal gar nicht.
    Vier Jahre hat er im Kinderheim verbracht. Vier Jahre unter Nonnen. Es gab nur zwei erwachsene Männer im Heim. Den greisen Pastor und den toten Jesus an der Wand.
    Dieter dachte schon, er käme nie da raus. Adoptieren wollte ihn niemand. Dafür war er schon zu alt und nicht süß genug. Er hatte keine Sommersprossen, keine blonden Löckchen und ihm fielen auch keine witzigen Bemerkungen ein, über die die kinderlosen Ehepaare so gern lachten.
    Er hatte eine breite Nase und immer Schuppen, egal, wie oft er sich die Haare wusch. Er wusste immer schon vorher, welches Kind sie nehmen würden. Ihn ganz sicher nicht.
    Als seine Mutter ihn dann doch wieder zu sich holte, hatte er sie zunächst für eine Fremde gehalten. Er war zur Adoption freigegeben, aber weil niemand ihn wollte, nahm seine Mutter ihn zurück. Für diese Gnade erwartet sie ewige Dankbarkeit. Noch heute.
    Es kühlt merklich ab. Dieter zieht die Bomberjacke wieder an. Darunter versteckt er den Baseballschläger.
    Er rennt bis zum Parkhaus. Er hat Angst, zu spät zu kommen.
    Maria und Robert Forler sind schon da. Genau wie Siggi gesagt hat. In der dritten Etage, nicht weit von den Belüftungsrohren. Als seien sie dorthin bestellt worden.
    Robert Forler ist ein Gewohnheitsmensch. Er hat es am liebsten, wenn alles seine feste Ordnung hat. Das Leben könnte in diesen erprobten Bahnen immer so weiterlaufen.
    Er nimmt jeden Morgen den gleichen Weg zur Arbeit, obwohl ihm inzwischen einige Kollegen schlüssig nachgewiesen haben, dass es eine Abkürzung gibt, bei der er gut vier Minuten sparen würde. Aber warum sollte er? Der bekannte Weg fährt sich fast von alleine.
    Nie käme er auf die Idee, beim nächsten Mal in einer

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