Samtheiß
ausgeraubt, und fantasievolle Gerechtigkeit sorgte dafür, daß die Einbrecher jedesmal nur meine Sachen mitgehen ließen und Johns nicht anrührten.) Nie werde ich den verzückten Ausdruck auf Conrads Gesicht vergessen, als er die Treppen herunterkam und sah, wie wir Kisten durch die Tür wuchteten.
Ich war gerührt von der Schüchternheit, mit der er sich als Conrad Klein vorstellte, John die Hand gab und mir nur einen kurzen vorsichtigen Blick zuwarf. Verlegen räusperte er sich und bot an, uns mit den Kisten zu helfen. Seine Stimme war rauh und dunkel.
Er war körperliche Arbeit gewöhnt und hob spielerisch Sachen hoch, mit denen John, der schlaksig und dünn war, zu kämpfen hatte. Und obwohl er sich in seiner Haut nicht wohl fühlte, genoß er es offensichtlich, Kiste um Kiste hereinzutragen. Sein großer üppiger Mund unter der schmalen Hakennase, flachen Wangen und einer hohen Stirn verzog sich zu einem sanften Lächeln. Während ich in den Kartons herumwühlte, spürte ich in meiner Brust eine ausgeprägte Wärme, ein Versprechen.
Seine Freundin Bridget hörte Bob Dylan, Conrad bevorzugte Jazzmusik. Wenn John und ich im Bett lagen, wurden wir von oben vom weichen, warmen Saxophon John Coltranes berieselt. Als dann die Platte zu Ende war, hörten wir es rumpeln und begriffen, daß ein Bett in schnellen, regelmäßigen Stößen gegen die Wand gedrückt wurde. John und ich lagen schweigend und horchten, während Conrads Stimme immer lauter werdende Ohs an unsere Ohren trug. Die Stöße wurden schneller. Das ging viele Minuten so, und ich fragte mich, wie er so lange durchhalten konnte, und dachte an seine schön geformten Oberschenkel und den festen runden Po.
Ich lag da, überschwemmt von Gefühlen, mit pochender Möse, war amüsiert und zugleich verärgert, das mit anhören zu müssen, und genoß dennoch jeden Augenblick. Ich empfand gegenüber Bridget Neugier und einen Hauch von Verachtung. Sie gab keinen Ton von sich, während Conrads Stimme sich zu einem Schrei steigerte. Dann war alles ruhig.
John und ich sprachen nie über dieses heimliche Belauschen. Was gab es da zu sagen... das zuzugeben hätte bedeutet, daß auch sie alles hörten, was wir taten. Das war für mich eigentümlich erregend, denn im Gegensatz zu Bridget war ich besonders im letzten intensiven Augenblick sehr lautstark, und ich wußte, daß Conrad mich hörte.
Er kannte die Geräusche, die ich in meinen verletzbarsten und intimsten Augenblicken von mir gab. Das lag unausgesprochen in der Luft, wenn er nach unten kam, um unser Telefon zu benutzen. (Ein armer Student, er konnte sich kein eigenes leisten.) Er kam ohne T-Shirt. Wollte er mich verrückt machen? John und ich spielten gerade Schach - ein Spiel, das er mir beigebracht hatte, während wir im Friedenskorps in Afrika waren - und nachdem er Conrad die Tür geöffnet hatte, kam er zurück zum Schachbrett, wo er am Zug war.
Ich tat so, als beobachtete ich John, sah aber Conrad an und fühlte buchstäblich, wie meine Brustwarzen unter der Bluse hart wurden und die ganze Vorderseite meines Körpers zu prickeln begann.
Er blickte mich nicht an, während er telefonierte, stand aber so, daß ich seinen Oberkörper von vorne betrachten konnte. Seine breiten, etwas abfallenden Schultern mündeten in einen muskulösen Hals, der Bizeps war hart unter erstaunlich weißer Haut. Sein Brustkorb waren zwei große Flächen mit dunkelbraunen Brustwarzen wie Schokoladentaler. Die Jeans saßen tief auf den Hüften und ließen einen zarten flachen Bauch und den Schwung des Hüftknochens sehen, darüber war sein Körper mit Muskelsträngen modelliert. Wie schüchtern du warst -und was für ein Geschenk: fünf Minuten deinen Körper bewundern zu dürfen. Ich würde jeden Zentimeter von dir ablecken.
»Du bist am Zug«, sagte John.
Bevor er wieder ging, interessierte sich Conrad für unser Schachspiel und sagte, daß er auch spiele. John fragte, ob er nicht mal Lust habe, mit einem von uns zu spielen, und Conrad sah so glücklich aus, daß seine Augen leuchteten.
So fing es an. An mindestens zwei Abenden pro Woche kam er zu uns. Das erste Spiel spielte er gegen John, aber währenddessen führten er und ich ein Gespräch, das John zwar einbezog (denn es war offensichtlich, daß Conrad John sehr mochte und ihn besser kennenlernen wollte), aber noch dazu eine Ebene der Kommunikation hatte, die nur für Conrad und mich bestimmt war. Ich erfuhr, daß er ein vom Jazz besessener Mathestudent war. Und es
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