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Samtheiß

Samtheiß

Titel: Samtheiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Rückschlüsse auf meine Persönlichkeit zogst: Folter und Mord und so.
    Wir gingen noch ein paar Straßen weiter, redeten über dies und das, und der Hund rannte an jeden Baum, hob sein kleines weißes Bein und pinkelte, das war alles.
    Unterdessen schwitzte ich und stellte mir vor, wie du deinen Kopf zwischen meine Brüste kuscheln würdest. Ich spüre den Kopf eines Mannes gerne dort, und seit langem hatte mich kein Mann derart zum Träumen gebracht. Ich habe dich nicht einmal gehört, als du wissen wolltest, ob ich die Temptations mag und in einem Puppentheater gewesen bin. Ich hab den Zusammenhang erst verstanden, als wir in deine Wohnung gingen.
    Aber heute sahst du mich näherkommen wie bei einem Wettkampf im Tauziehen, nur war das Seil unsichtbar. Die Anziehungskraft war so enorm, daß wir schließlich dicht voreinander standen, und ich roch schließlich am anderen Ende des Seils deinen Atem. Du hast dich nicht wohl in deiner Haut gefühlt und dich mir halb zugewandt, als ich an euch vorbeirauschte. Du hast mich locker angelächelt hinter deiner dunklen Brille, und ich lächelte euch beiden zu, weil ich auf das Mädchen ja keine Wut hatte. Schließlich hatte ich nicht mit ihr die Nacht verbracht.
    »Was machst du denn so frühmorgens?« wolltest du wissen. Ich fand, daß dich das eigentlich nichts anginge, schließlich hattest du letzte Nacht nicht angerufen, um zu sehen, wie lange ich auf war. Außerdem war es fast 10 Uhr morgens.
    »Ich habe schon gefrühstückt, Wäsche gewaschen, und jetzt will ich gerade ins Blumengeschäft, um Erde zu kaufen, damit ich meinen Farn und den Gummibaum noch vor dem Straßenfest heute nachmittag umtopfen kann.«
    »Oh, Entschuldigung, Marie, dies ist Carolyn«, sagtest du und fuchteltest mit deiner Hand wie ein Zauberer zwischen uns hin und her.
    Wir nickten beide sehr damenhaft und verstanden deine Verlegenheit sehr gut.
    »Warum läßt du deine Wäsche nicht von den Chinesen machen?« fragtest du.
    »Weil ich sicher sein will, daß meine Klamotten sauber sind; ich lege sie gern ordentlich zusammen, so wie ich sie haben will. Und außerdem tue ich gern zusammen, was zusammen gehört.«
    Du hast bloß genickt wie ein Depp. Für einen Augenblick sahst du so verdutzt aus, als hätte dich jemand mitten im Nirgendwo abgesetzt. Es schien dir nicht einmal etwas auszumachen, daß das Mädchen dabei war und mitbekam, wie deine Haltung arg ins Schwanken geriet. Mir auch nicht. Aber ich mußte von dir weg, weil ich jetzt deinen Körper riechen konnte und der Geruch sich langsam auf meine Haut legte, umhüllte, mir die Nase hochwanderte, in mein Hirn einschlug und sofort fast meinen Schädel zum Platzen brachte. Das war mir peinlich, also versuchte ich es zu überspielen und zog mein scharlachrotes Stirnband tiefer in die Stirn. Du hattest jedoch schon verstanden, was los war.
    Meine Füße tragen mich von dir weg und ich tue so, als wolle ich einen Bus erreichen, den ich gerade kommen sehe. Meine Hände wischen den glühendroten Lippenstift von Mund und Wangen bei dem bloßen Gedanken, daß du sie noch einmal küssen könntest. Ich habe versucht, zu vergessen, wie gut du aussiehst. Gut. Viel zu gut. Ich hätte auf meine Ma hören sollen. »Laß dich nie mit einem Mann ein, der besser aussieht als du, der wird es dich spüren lassen.« Ich habe versucht, mich auf Blumenerde zu konzentrieren. Die Blätter meiner Pflanzen.
    Aber schöne Männer haben mir noch nie gefallen, dachte ich, und paßte auf den holprigen Bürgersteig auf, nachdem ich mir den Zeh gestoßen hatte.
    Du bist anders. Sprichst gutes Englisch. Läßt Puppen tanzen und sprechen und schreibst deine Anträge auf Stipendien selbst. Trinkst Kräutertee und rauchst keine Zigaretten. Verschränkst Arme und
    Beine beim Sprechen und lehnst dich in den Sessel, so daß du auf der Kante sitzt. Scheinst über Worte nachzudenken, bevor du sie aussprichst. Ich habe dich dafür bewundert, daß du über Dinge nachdenkst, bevor du sie anpackst.
    Ich war schon fast an der nächsten Straßenecke, als du hinter mir herriefst: »Verkaufst du irgendwas auf dem Straßenfest?«
    Ich hatte dir neulich schon gesagt, daß ich Zucchini-Quiche machen wollte, wiederholte aber noch einmal: »Zucchini-Quiche« und winkte und versuchte, dieses blöde Grinsen festzuhalten, obwohl ich weiß, daß du auf diese Entfernung meinen Gesichtsausdruck gar nicht erkennen konntest.
    Mir gefiel die Aufmerksamkeit, die du mir entgegenbrachtest, obwohl das Mädchen

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