Samtpfoten im Schnee
zürnten, entspannte Stephanie sich. »Ich hätte so oder so aufstehen müssen.
Mama ist krank. Das erklärt auch ein wenig meine Verspä-
tung.«
Tante Caroline stöhnte. »Wie sollen wir jetzt einen Arzt holen?«
»Das ist nicht nötig. Mutter hat nur Schnupfen und einen schlimmen Hals. Sie möchte lediglich etwas Toast und Gelee zum Frühstück.«
»Ich werde ihr einen von meinen Heiltränken bereiten«, bot Betsy an. »Ich bin sicher, der wird ihr helfen.«
»Das hoffe ich.« Stephanie runzelte die Stirn. »Es tut mir Leid, dass Mama krank ist, aber doppelt Leid tut es mir, dass sie und Rose heute nicht verfügbar sein werden, um Lady Eugenia zu betreuen.«
»Ich werde einspringen«, bot sich Tante Caroline an. »Da Betsy sich besser fühlt, kann sie den größten Teil des Ko-chens übernehmen. Iss dein Frühstück, Stephanie. Ich bin schon fertig. Ich werde jetzt zu dem kleinen Teufelsbraten hinaufgehen, sie waschen und anziehen. Wenn Lord Donnington herunterkommt, kann George ihn bedienen, während du sein Zimmer richtest.«
Stephanie nickte. »Soll ich frische Laken aufziehen?«
»Hölle, nein!«, rief George. »Er hat nur eine Nacht darauf geschlafen! Das macht doch nur noch mehr Arbeit!«
»Er ist ein Marquis.« Tante Caroline lächelte. »Wenn es ihm bei uns gefällt, werden noch andere Herren und Damen der feinen Gesellschaft hier Halt machen. Du hättest dann die Chance, reich zu werden, George.«
»Unsinn.«
»Also frische Laken«, stellte Stephanie abschließend fest und nahm am Tisch Platz.
Als sie mit dem Essen fertig war, hielt sich Lord Donnington im Salon auf.
»Er sagt, er will kein komplettes Büfett«, teilte George Betsy mit. »Nur einen Teller mit ein paar Kleinigkeiten. Ist ein netter Zug von ihm. Er denkt an andere.«
Stephanie lächelte vor sich hin und stand auf. Vielleicht hatte der Marquis sich ihre Worte zu Herzen genommen.
»Ich gehe jetzt sein Zimmer richten. Danach komme ich wieder her, es sei denn, Tante Caroline hat Lady Eugenia in den Salon gebracht. Dann würde ich erst noch das Zimmer des Kindes aufräumen. Betsy, kümmerst du dich um die Mahlzeiten für Mama und Rose, bitte? Rose wird herunter-kommen und sie holen.«
»Macht euch keine Sorgen um Eure Mama, Missy. Mein Heiltrank wird sie im Handumdrehen wieder auf die Beine bringen.«
Stephanie eilte die Treppe hinauf in die Wäschekammer, wo sie die benötigten Laken und Kissenbezüge zusammen-suchte. Als sie an Lady Eugenias Zimmer vorbeiging, drang lautes Kreischen durch die Tür. Arme Tante Caroline! Wie viel würden ihrer aller Nerven aushalten? Natürlich konnte Lord Donnington seine Nichte nicht selbst waschen oder ankleiden, -aber er konnte sie gewiss dabei unterstützen, das Kind zu beschäftigen. Sie würde schon dafür sorgen, dass er es tat!
3. Kapitel
Die Tage vergingen, und es hörte nicht auf zu schneien. Ein Schneesturm folgte dem anderen. Immer wieder schaufelten die Wirtsleute den Weg vom Stall zum Gasthaus frei, wo sich alle trafen und ihre Mahlzeiten einnahmen. Glücklicherweise verfügte Onkel George über einen großen Vorrat von Stroh und Heu für die Tiere. Und Tante Carolines Speisekammern waren wohlgefüllt und enthielten auch die vielen besonderen Dinge, die man für einen Weihnachtsschmaus brauchen würde.
Wie es aussah, waren sie eingeschneit, denn seit Beginn der Stürme hatten sie keine anderen Menschen oder Kutschen zu Gesicht bekommen. Und es stand durchaus zu befürchten, dass dieses Wetter auch dafür verantwortlich sein wür-de, dass Menschen vor Kälte und Hunger umkommen würden. Die Bewohner des Horse und Hound waren jedoch vor solchen Katastrophen sicher.
Lady Blythe hatte sich wieder erholt und war in der Lage, hin und wieder für die Beschäftigung Lady Eugenias zu sorgen. Gewöhnlich las sie dem Kind vor, und diese Zeiten konnten allgemein als ruhig betrachtet werden. Rose begann damit, sie im Sticken zu unterrichten und sie zu lehren, einfache Dinge zu nähen. Zurzeit fertigten sie einen Mantel für Fluffy an. Tante Caroline hatte sie auch mit dem alten Sarum bekannt gemacht. Und nachdem Fluffy sich geweigert hatte, bei Lady Eugenia zu schlafen, und es vorzog, bei Stephanie zu sein, hatte sich das Kind ersatzweise dem alten Sarum zugewandt. Jeden Abend nahm sie ihn zu sich ins Bett und deckte ihn sorgsam zu. Sogar Onkel George beschäftigte sich von Zeit zu Zeit mit Lady Eugenia und brachte ihr bei, einen Krug Ale aus dem Fass zu zapfen. Stephanie betete, dass
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